Die Magie Des Herrschers
auf uns heraus, so wird uns alle Magie der Welt nichts nutzen.«
Govan schwieg, nur das Geräusch der Kammzähne, die durch ihre Haarpracht glitten, war zu hören. »Du hast Recht«, sagte er nach einer Weile. »Ich habe vergessen, dass du von uns beiden die Strategin bist. Also werde ich es dir überlassen, wie wir vorgehen.« Er senkte die Lippen auf die weiche, duftende Haut ihres Schulterblatts. »Ich bewundere alles an dir. Deine Intelligenz, deine Skrupellosigkeit.« Wieder küsste er sie, diesmal auf den Nacken. »Und deine Schönheit.«
Sie lachte auf und setzte sich wieder richtig hin. »Wir beide werden Ulldart fest in unserer Hand halten und es nie mehr loslassen.«
Govan fasste aufgeregt ihre Hand und presste sie an seine Brust. »Warum sich nur mit dem Kontinent abgeben, wenn wir unsere Macht ausdehnen können?« Er rutschte näher heran, seine Augen funkelten vor Begeisterung. »Meine Magie, deine Feldherrenkunst und unsere Soldaten sollten sich nach neuen Herausforderungen umsehen. Das Kaiserreich Angor lag mit uns im Krieg, warum sollten wir nicht da weitermachen, wo wir aufgehört haben? Und Kalisstron liegt so nahe, dass wir mit den Schiffen innerhalb weniger Wochen dort sind. Der Gebrannte Gott unterstützt uns, seine Anhänger stehen uns zu Diensten, wie mir Mortva sagte.«
»Oh, mein ehrgeiziger Bruder«, lächelte sie ihn an. »Lass uns zuerst Kensustria erobern und den letzten Widerstand in Karet und auf Rogogard brechen, danach nehmen wir uns die ganze Welt.«
»Versprochen, Zvatochna?«, fragte er atemlos.
»Versprochen.« Sie küsste seine Fingerspitzen und bannte seinen Blick mit ihren faszinierenden haselnussbraunen Augen.
Der Tadc schluckte nervös. »Was machen wir mit Krutor?«
Zvatochna rutschte ein wenig mehr unter die Bettdecke als Zeichen, dass von ihrer Seite aus das Gespräch bald beendet sein würde und sie schlafen wollte. »Unser Bruder ist ein Kind im Geiste. Er wird sich mit Freuden in die Reihen unserer Soldaten stellen und mit seinen Kräften Angst und Schrecken verbreiten. Um ihn mache ich mir keine Sorgen, wir halten ihn gefügig.« Zvatochna streichelte seine rechte Wange und berührte seine Lippen. »Doch wie wird sich Mortva verhalten, wenn wir uns an die Macht begeben?«
»Er ist mehr, als er zu sein vorgibt, das ist gewiss.« Mit geschlossenen Lidern genoss Govan die schmetterlingsgleiche Berührung. »In ihm finden wir Rückhalt für alle weitere Vorhaben. In ihm und Tzulan.«
»Dennoch müssen wir seine Macht beschneiden«, beharrte sie. »Er denkt sonst, wir ließen uns von ihm ebenso etwas vormachen wie unser Vater und unsere Mutter. Doch auch er wird magisch äußerst gefährlich sein.«
»Mach dir um ihn keine Sorgen, geliebte Schwester«, säuselte Govan und legte den Kopf auf ihren Bauch. »Er steht auf unserer Seite.«
Sie strich ihm durch das dunkelblonde Haar. »Wie du meinst. Ich werde mich fortan damit beschäftigen, wie wir unseren Vater loswerden.« Ihre Hand hielt plötzlich inne. »Und ich weiß auch schon, wie.«
»Schon?« Govan schnellte in die Höhe. »Du bist mir unheimlich.«
»Aber nicht doch«, wehrte sie ab. »Ich werde eine Nacht darüber schlafen, und morgen sage ich dir alles Weitere. Wir werden ihn bei seinem Tod zu einem Helden machen, das ist sicher. Wir geben dem Volk jemanden, den es hassen kann, so wie ich ihn dafür hasse, dass er mir Mutter genommen und sie entstellt hat.« Sie wird in einem Siegeszug nach Ulsar zurückkehren.
»Ich brenne schon darauf.« Govan erhob sich, winkte ihr von der Tür aus noch einmal zu und verschwand. Klackend rastete das Schloss ein.
Zvatochnas Mundwinkel wanderten in die Höhe. Mit einem stillen Lächeln auf den Lippen schlief sie ein, in Gedanken bereits bei ihrem neuen Leben als Mitherrscherin über das größte Reich, das diese Welt jemals sehen würde.
Kapitel IV
D och damit endete sie nicht.
Die Visionen sprachen weiter zu ihr.
›Es wird ein Junge werden, ein ganz besonderer Junge, dem die Macht gegeben wurde, sich gegen das Dunkel in all seiner Gestalt zu stellen, weil er es mit seinen eigenen Waffen schlägt. Deshalb trägt er eine Art Fluch auf sich. Und nur zusammen mit seinem Bruder wird er Licht in die Düsternis bringen.‹
Doch sie hatte auch eine schlechte Botschaft für die Mutter des Seskahin.
›Aber er wird Licht in die Düsternis erst nach Eurem Tode bringen.‹
Und das grämte die Seherin sehr.«
B UCH DER S EHERIN
Kapitel XI
Kontinent Ulldart,
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