Die Magie Des Herrschers
Wortlaut eines jeden Satzes, was einige Zeit in Anspruch nahm.
»Ihr könnt doch lesen?«, erkundigte sich Ozunopopp irgendwann vorsichtig. »Wenn ich Euch etwas vorlesen soll, so sagt es nur.«
Der Inquisitor lächelte. »Nein, danke. Ich kann lesen, schreiben, rechnen und sprechen.«
Der Mann wirkte peinlich berührt. »Ich wollte Euch nicht zu nahe treten. Ich dachte nur …« Hilflos hob er die Schultern.
»Wisst Ihr, Ihr seid insgesamt der dritte Mensch, der mich außerhalb von Ammtára beinahe normal behandelt.« Er klappte die Aufzeichnungen zusammen. »Der erste Mensch war ein Seeräuber, der zweite ein Fuhrwerker. Ich sehe es als eine gewisse Steigerung, dass nun ein Obrist des hoheitlichen Kabcar mir etwas vorlesen möchte. Ich bedanke mich für das freundliche Angebot. Und es muss Euch nicht unangenehm sein, dass Ihr mich gefragt habt. Die meisten meiner Artgenossen wären froh darüber gewesen.« Klatschend landete das Buch auf dem Schreibtisch. »Was ist das eigentlich für ein Haus, das sich mit den Schädeln der Toten schmückt?«
»Ach, das ist die ehemalige Annahmestelle«, erklärte der Offizier, der von einem heiklen Gesprächsgegenstand zum nächsten zu stolpern schien. »Das Kopfhaus. Es stammt aus der Zeit von König Mennebar, als es für jedes … als es noch Trophäengeld gab.« Hastig nahm er einen Schluck Tee. »Ihr solltet Dokalusch, dem ehemaligen Leiter der Annahmestelle, aus dem Weg gehen. Er hat durch das Edikt seine Arbeit verloren und wird kaum gut auf Euch zu sprechen sein.«
»Ich hatte bereits das Vergnügen«, Pashtak breitete die Arme aus, »und lebe noch, wie Ihr seht.«
»Wann wird das nächste Datum sein?«, fragte Ozunopopp. »Ich würde meine Leute gern darauf vorbereiten, sodass sie in diesen Nächten besonders aufmerksam sind, ohne ihnen aber den Hintergrund darzulegen. Eine Sekte, die die Zweiten Götter anbetet, das käme einigen Hitzköpfen als Einwand gegen die Verb… gegen Ammtára gerade recht. Als Stellvertreter des Kabcar, der ich hier im weitesten Sinne bin, ist mir gewiss nicht daran gelegen, dass die Einwohner ihr altes Misstrauen zu neuen Ehren bringen. Wir regeln das Problem auf unsere Weise, Inquisitor, einverstanden?« Er hielt ihm die Hand hin.
Pashtak schlug behutsam ein, er wollte die empfindliche Haut des Menschen nicht verletzen. »Ich suche mir eine Unterkunft, Obrist. Und sagt Euren Leuten, sie sollen heute schon auf der Hut sein. Es steht unter Umständen etwas zu befürchten.«
»Gut. Ich lasse Brieftauben an die anderen Städte aufsteigen, um die Wachen zu größter Aufmerksamkeit zu veranlassen, falls diese Sektierer nicht hier zuschlagen sollten.« Ozunopopp brachte seinen »Kollegen« bis zur Eingangstür der Wache. »Wenn Ihr meine Empfehlung hören möchtet, nehmt das Weinhaus als Herberge. Richtet dem Wirt einen Gruß von mir aus, und Ihr dürftet keinerlei Schwierigkeiten bekommen.
Geht die Straße hinunter und bei der dritten Gasse rechts.«
Der Inquisitor bedankte sich und schlenderte los, sein Reisegepäck über die Schulter geworfen.
Wenige Schritte vom Weinhaus entfernt bemerkte er ein Haus, dessen Fensterläden geschlossen waren. Das angebrachte Schild verriet, dass es sich um das Anwesen eines Kaufmanns handelte. Es hätte ihn nicht stutzig gemacht, wenn die Fenster des Erdgeschosses nicht einsehbar gewesen wären, aber dass gleich alle verriegelt waren, weckte sein Misstrauen.
Im Weinhaus begegnete ihm der Wirt mit großer Freundlichkeit, und so erkundigte er sich beiläufig bei ihm nach dem Grund für die völlige Abschottung.
»Das erstaunt mich kein bisschen«, gab der Wirt freimütig Auskunft. »Er ist schon seit drei Wochen auf Geschäftsreise und wird sich neue Möglichkeiten im Großreich eröffnen wollen. Seit die Ontarianer nichts mehr zu sagen haben, versucht sich ja jeder als Einfuhrhändler.«
»Und den Dienstboten hat er für diese Zeit frei gegeben?«, hakte Pashtak nach. »Er wird kaum Umsatz machen, wenn er den Laden geschlossen hält.«
Der Inhaber des Weinhauses dachte nach. »Wenn ich es recht bedenke, habe ich keinen seiner Leute in letzter Zeit gesehen. Sie müssen ihn wohl begleiten.« Er führte seinen Gast die schmale Stiege hinauf und zeigte ihm den Raum. »Da wird er einen großen Fisch an der Angel haben. Braucht Ihr noch etwas Besonderes?«
Wenn ihn mal bloß kein dickerer geschluckt hat. Das ist das ideale Versteck für die Mörder. Zentral gelegen, und keiner schöpft Verdacht, dachte
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