Die Magie Des Herrschers
davon.«
Herodin verfolgte den Vorgang mit großen Augen, Albugast schien der Ohnmacht nahe.
Behutsam kam der einstige Rennreiter dem Befehl nach, ohne genau zu wissen, welche rituelle Handlung Nerestro vollzog. Er konnte sich nicht erinnern, dass etwas darüber in den Maßregeln der Hohen Schwerter geschrieben stand. Doch vor aller Augen zu fragen, was hier vorging, oder gar den Gehorsam zu verweigern, wagte er nicht.
»Nun gib mir etwas von deinem Blut«, verlangte der Großmeister, was Tokaro umgehend tat. Die Prozedur wiederholte sich nun umgekehrt.
»In mir ist ein Teil von dir, in dir fließt etwas von mir«, erklärte Nerestro feierlich und hob den Dolch hoch. »Hiermit bist du mein Sohn und von heute an Tokaro von Kuraschka. Du bist der Erbe, den ich nicht bekam, dir werden einmal meine Burg und alle meine Ländereien gehören. Vermögend, wie du von diesem Augenblick an bist, ist es dir erlaubt, die höheren Weihen des Ordens zu erhalten.« Er schloss den Jungen in die Arme, drückte ihn an sich und gab ihm einen Kuss auf die Wangen und die Stirn. »Mein Sohn.«
Tokaro schluckte und folgte dem Beispiel des Großmeisters. Seine Knie zitterten, und das nicht nur wegen des Gewichts der Rüstung, die immer schwerer zu werden schien. Er hat mich überrumpelt. Und dennoch, ein Gefühl der Dankbarkeit und der Rührung stieg in ihm auf. Er kennt mich nicht einmal wirklich, und dennoch nimmt er mich als seinen Sohn an. Forschend schaute er in die Augen seines neuen Vaters und fand dort reine Freude. Nichts deutete auf etwas Gespieltes hin.
Die Ritter brachten Hochrufe aus. Zur Feier des Ereignisses war der Rest des Tages zur freien Verfügung, und am Abend sollte ein Festessen stattfinden.
»Komm, mein Sohn. Ich denke, du wirst einige Fragen haben«, sagte der Großmeister leise und bedeutete ihm, ihn zu begleiten. »Du wirst alles wissen dürfen und ehrliche Antworten erhalten. Danke mir nicht für meine Milde, die ich dir zuteil werden ließ.«
Albugast starrte den beiden hasserfüllt nach. Er hat mich ausgestochen. Ein einfacher Tölpel hat mich beim Großmeister ausgestochen und meinen Platz eingenommen. Das wird er mir büßen.
»Ich würde dich zu meinem Knappen machen«, bot ihm Herodin an, der im Gegensatz zum Großmeister die Verbitterung und maßlose Enttäuschung des Jungen bemerkte.
»Bei allem Respekt, Seneschall, aber ich lehne ab.« Albugast verneigte sich tief. Deine Almosen nehme ich nicht an. Ich will keinen Trostpreis, ich will die Trophäe, auf die ich hingearbeitet habe. »Ich werde ebenfalls bald zum Ritter werden. Mein jetziger Herr ist mir gut genug. Trotzdem, habt meinen aufrichtigen Dank für Euer großzügiges Angebot.« Nach einer weiteren Verbeugung lief er in Richtung der Unterkünfte, um sich aus der Rüstung helfen zu lassen.
Herodin beschlich das ungute Gefühl, dass der Großmeister mit der Adoption des einstigen Rennreiters einen schweren Fehler begangen hatte. Albugasts Ehrgeiz schätzte er turmhoch ein, seinen Stolz sogar noch höher. Es lief dem Geltungsdrang des blonden Knappen zuwider, in der zweiten Reihe zu stehen.
Der Seneschall hoffte, dass Albugast aus verletztem Stolz heraus nichts plante, was dem Orden und dem Zusammenhalt schaden würde. Zwist in den eigenen Reihen war wohl das Letzte, was die Hohen Schwerter brauchen konnten.
Gerade jetzt, wo das Böse die Krallen nach den letzten vier aldoreelischen Klingen ausstreckte, die sich im Besitz des Ordens befanden, durfte niemand die Kämpfer gegeneinander aufwiegeln. Das würde den Raub der kostbaren Waffen nur erleichtern.
Herodin beschloss, ein wachsames Auge auf Albugast zu haben.
Tokaro saß an dem schwarzen, langen Tisch des Wappensaales neben Nerestro. Der Großmeister hielt einen schweren Silberpokal mit dunklem Wein erhoben und schob seinem angenommenen Sohn ebenfalls einen Kelch hin.
Der Jüngling nahm einen Schluck und verzog anerkennend die Mundwinkel. »Ein guter Tropfen.«
Der Großmeister prostete ihm zu und lachte leise. »Damals, im Gestüt des Kabcar, hast du den Wein auf den Teppich gespuckt«, erinnerte er sich. »Du hattest mein Angebot ausgeschlagen, und es wäre dir beinahe zum Verhängnis geworden. Freue dich über den Ausgang des Abenteuers. Du wirst noch einiges erleben, wenn du Ritter geworden bist. Rodmor von Pandroc hat mir gesagt, dass man bei den Jenseitigen große Stücke auf dich hält.«
»Wie schmeichelnd«, meinte Tokaro. »Sagt, ist Rodmor auch der Grund, weshalb Ihr
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