Die Magie Des Herrschers
Hetrál lag auf dem Boden, umgeben von springenden Fässern. Im letzten Augenblick wich er einem Katapult aus, das vom Wehrgang herabfiel und krachend neben ihm zerbarst.
Das Rütteln hielt an, erste Ziegel lockerten sich an den Gebäuden und zerschellten auf dem Pflaster des Innenhofs. Dann fielen die letzten Reste der zerschossenen Türme in sich zusammen.
Wie ein Betrunkener taumelte Hetrál zum Haupttor, um durch das kleine Türchen hinauszutreten und sich den beiden gefährlichen Angreifern zu stellen, auf die Macht seiner aldoreelischen Klinge vertrauend. Die Ordensritter waren plötzlich an seiner Seite, Schilde und Schwerter gezückt.
Mit Mühe gelang es den vier Männern, den Balken vor dem Eingang zu entfernen. Staub und kleine Steinstücke regneten auf sie herab. Lange würde die Mauer den Erschütterungen nicht mehr standhalten, die zermürbender waren als alle Bombardenschüsse auf einen Schlag.
In hundert Schritt Entfernung verharrten der Mann und der Junge, harmlos, unbewaffnet.
Die Erde stand unvermittelt still.
Der Kommandant schnaubte und setzte zu einem Spurt an, als der Boden dreißig Schritt vor ihm aufbrach und einen breiten Spalt schuf, der das gesamte Plateau entlanglief und durch den das lose Gestein in die Tiefe stürzte.
Staub schoss in die Höhe. Die kleine Ebene löste sich in Richtung der Festung immer mehr auf und brach in Tausende kleine Splitter auseinander. Bald klaffte eine Lücke von acht Manneslängen auf, die sich schneller und schneller verbreiterte.
Hetrál wandte sich um und deutete als Zeichen des Rückzugs für die gesamte Burgbesatzung nach hinten. Die zwölfhundert Mann verließen ihre Posten, rannten ans andere Ende von Windtrutz.
Ihr Kommandant dagegen schlug einen anderen Weg ein, der ihn wieder auf die Zinnen der Außenmauer führte.
Die entfesselten magischen Energien frästen den Fels Stück für Stück weg und kamen unaufhaltsam näher.
Hetrál deutete auf ein gestürztes Katapult und richtete es zusammen mit den Ordenskriegern auf. Achtlos warf er das Magazin mit den Speeren zur Seite. Die Männer ruckten die Sehne mit einem Spannhebel nach hinten, bis sie endlich am Haltehaken einrastete.
Aufmerksam verfolgte der Konsultant die Vorgänge auf der Mauer. Noch beunruhigte ihn nichts.
Der Turît richtete den Lauf auf die beiden aus.
Ein guter Schuss, und wir sind zwei Sorgen mit einem Schlag los, hoffte er und visierte über den Speer die Gegner an. Wenn ihr so stehen bleibt, dürft ihr Tzulan gleich ins Angesicht schauen. Durch die Macht Angors.
Er nahm das herkömmliche Geschoss aus der Vertiefung, zog die aldoreelische Klinge und legte sie in den Lauf. Noch ein letztes Mal vergewisserte er sich, dass das Katapult sorgfältig arretiert war, und blickte mit einem Fernglas zu seinen Zielen.
Jetzt glaubte er, etwas wie Angst in Nesrecas Gesicht zu sehen. Er sagte ein einzelnes Wort.
Hemeròc, las Hetrál entsetzt von den Lippen des Beraters ab, dann fiel ein Schatten über ihn.
Der Stoß in den Rücken warf ihn gegen den Metallpanzer eines Ordensritters. Das Okular des Fernglases drückte sich schmerzhaft gegen seine Augen, sodass ihm die Tränen in Strömen die Wangen herabliefen. Halb blind tastete er nach der aldoreelischen Klinge, doch sie steckte nicht mehr im Lauf.
Als er endlich wieder etwas sehen konnte, erkannte er durch den salzigen Schleier hindurch einen Ritter, der sterbend vor im auf dem Wehrgang lag, ein klaffendes, blutendes Loch im Rücken. Ein Zweiter hockte benommen am Fuß des Aufgangs, vom Dritten fehlte jede Spur.
Er hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, mich zu töten , dachte Hetrál und schaute die Zinnen hinunter, wo er den fehlenden Ordensritter in einer grotesken Haltung am Fuß der Mauer liegen sah. Dann erreichte die Bruchkante des magischen Spalts die Leiche. Der leblose Körper rutschte ab und verschwand, um die eigene Achse wirbelnd, in der Schwärze.
Ulldrael der Gerechte muss wirklich an einem anderen Ort sein , dachte Hetrál und starrte wie hypnotisiert in den Schlund.
Nesreca beobachtete zufrieden, wie sein Helfer die aldoreelische Klinge raubte und durch den nächsten Schatten so schnell verschwand, wie er über die vier Männer hereingebrochen war. Er selbst hätte, so unangenehm es ihm war, in diesem Augenblick nicht einschreiten können, weil er den unsichtbaren Schutz für Govan aufrechterhalten musste. Daher hatte er Hemeròc zu Hilfe gerufen.
Der Mann mit den silbernen Haaren frohlockte innerlich.
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