Die Magie Des Herrschers
rot wie gekochter Krebs. »Danke schön, Blafjoll.«
»Keine Ursache«, wehrte der Mann ab. »Du hast hart gearbeitet, das ist der Lohn dafür. Und morgen bist du wieder mit dabei.«
Der Knabe rannte los, nahm sich von zu Hause sein Schnitzwerkzeug sowie sein hölzernes Übungsschwert mit und lief zum Stadttor hinaus in Richtung des Waldes, der in knapp einer Stunde Entfernung lag.
Einem ausdauernden Läufer wie ihm machte die Distanz wenig aus. Am Waldrand angelangt, zwängte er sich durch das Unterholz und wich den niedrigen Ästen der Tannen, Kiefern und Fichten aus, um nach einer weiteren halben Stunde zu seinem Lieblingsplatz zu gelangen. Es war eine dick mit Moos bewachsene Steingruppe, die auf einer kleinen Tannenlichtung stand.
Um diese Zeit schienen die Sonnen genau in den Mittelpunkt der freien Fläche und tauchten sie in warmes, weiches Licht. Staub und Pollen flirrten in der trüben Helligkeit, ein leichter Nebelschleier stieg auf, entstanden aus der Wärme und der Feuchtigkeit, die sich in der Nacht zuvor im Moos gesammelt hatte und nun verdampfte.
Vorsichtig machte sich Lorin an den Aufstieg und saß bald auf dem größten der eiförmigen Felsbrocken, der viermal so hoch war wie er. Gedankenversunken begann er mit dem Schnitzen.
Er hätte gegenüber Blafjoll niemals zugegeben, dass er etwas für Jarevrån empfand. Stápas Enkelin mit dem klassischen Aussehen einer Kalisstronin schien die Neugier und die Offenheit ihrer Großmutter geerbt zu haben. Auch schreckte sie nicht vor seinen magischen Fertigkeiten zurück. Ganz im Gegenteil, sie bedauerte außerordentlich, dass sie selbst nicht zu so etwas in der Lage war.
Mit ihr streifte er durch Bardhasdronda und zeigte ihr auch die geheimsten Eckchen und Fleckchen, die er schon seit langem kannte. Bald würde er sie auch zu dieser Stelle im Wald mitnehmen, die er ein wenig als sein kleines Heiligtum ansah. Den fehlenden Spuren nach zu urteilen verirrte sich sonst niemand hierher.
Vielleicht sage ich ihr dann, dass ich sie gern habe, überlegte er. Allein der Gedanke sorgte für Bauchkribbeln, und die Vorstellung, allein mit dem Mädchen zu sein, machte ihn aufgeregt und freudig zugleich.
Währenddessen hatten seine Hände die groben Strukturen eines Fisches aus dem Walbein herausgeformt, und die Späne des harten Materials verteilten sich um ihn herum. Erschrocken zuckte er zusammen, als er unter sich ein unterdrücktes Husten hörte. Wer auch immer die Lichtung betrat, er hatte es sehr geräuschlos getan.
Einer Ahnung folgend, verhielt er sich still und drückte sich ganz flach an den Stein. Er wagte es nicht, sich an den Rand des runden Brockens zu bewegen, denn er wollte keinen Absturz riskieren und auch den Besucher nicht aufmerksam auf sich machen. Alle Sinne aufs Äußerste gespannt, lag er auf der Lauer.
Kurz darauf raschelte es im Unterholz, und vier weitere Männer kamen heraus, die Lorin anhand der Leder- und Pelzkleidung als Jäger einstufte. Nur waren es keine aus Bardhasdronda, also hatten sie eigentlich nichts auf dem Land verloren, das zur Stadt gehörte. Das war eine eherne Regel, an die sich die Jagdgemeinschaften gewöhnlich hielten.
»Gut, dass ihr gekommen seid«, hörte er die Stimme des für ihn unsichtbaren Mannes, die ihm bekannt vorkam. »Wir müssen uns über das Geschäft unterhalten.«
»Deshalb haben wir ja den Weg aus Vekhlathi hierher gemacht«, gab offenbar der Anführer der Fremden zurück. »Dein Auftraggeber möchte etwas gefangen haben?«
»Genau. Und dazu benötige ich eure Hilfe, weil das Vieh einfach zu schlau ist.«
»Und was genau soll das sein?«, wollte der Unbekannte wissen.
»Ein Schwarzwolf, der in diesen Wäldern lebt. Die Bezahlung ist sehr gut.«
Die Jäger sahen sich an. »Ein heiliges Tier? Und wir sollen es töten?«, fragte der Wortführer ungläubig.
»Mein Auftraggeber benötigt es lebend«, kam die Antwort. »Ich bin ehrlich. Allein ein so gefährliches Tier zu fangen ist nicht meine Sache. Lieber gebe ich etwas von dem Lohn ab und bin mir dafür sicher, dass ich es überlebe.«
»Die Hälfte«, verlangte einer der Jäger aus Vekhlathi.
»Ihr bekommt vierzig Teile von dreitausend, denn durch mich seid ihr erst an diesen Auftrag gekommen. Auf weitere Verhandlungen lasse ich mich nicht ein. Die anstehende Winterzeit wird uns den Wolf in die Arme treiben, wenn wir die Jagd geschickt angehen.« Die Fremden berieten sich leise, schließlich willigten sie in die Abmachung ein. »Gut. Dann
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