Die Magie Des Herrschers
bereitet haben.« Er sah seinen Ziehvater von der Seite her an. »Es tut mir Leid, Matuc. Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Aber diese Unternehmung sollte mein Geheimnis bleiben, bis ich mir ganz sicher war. Ich habe einem Schwarzwolf das Leben bewahrt. Die Vekhlathi haben ihm zusammen mit Soini nachgestellt und …«
»Das heilige Tier Kalisstras«, brummte der Geistliche. »Warum bin ich nicht überrascht?« Freundlich wandte er sich dem Jungen mit den blauen Augen zu. »Weißt du, dass du deiner Mutter sehr ähnelst? Wenn wir eines Tages nach Ulldart zurückkehren, werden einige Menschen sehr überrascht sein.« Wenn sie überhaupt noch leben. Umständlich setzte er sich so hin, dass er die ganze Halle überblicken konnte. »Sieh es dir an, Lorin. Ich habe Ulldrael auf diesen Kontinent gebracht.« Er tippte ihm auf die Brust. »Aber dahinein konnte ich ihn nicht setzen. Warum?«
»Aber ich glaube an den Gerechten«, protestierte der Knabe, doch Matuc hob die Hand.
»Sicher glaubst du an ihn. Du glaubst an ihn, wie du an Kalisstra glaubst. Oder an andere Götter. Aber du bist dir seiner nicht sicher, und damit bist du nicht fest in deinem Glauben. Ich habe einfach Angst, dass dies dir eines Tages zum Verhängnis wird. Deshalb habe ich mich so bemüht, dich voll und ganz mit Ulldraels Lehren zu durchdringen.« Er lächelte schwach. »Ich habe das Unmögliche geschafft und Kalisstri zu bekennenden Ulldraelanhängern gemacht. Dagegen habe ich bei dem Menschen versagt, den ich von Kindesbeinen an erzog.«
»Es stimmt … ich fühle mich dem Gerechten nicht sonderlich verbunden. Er ist für mich eine Gottheit wie alle anderen auch«, erklärte Lorin, der traurig war, den Mönch zu enttäuschen und nichts dagegen unternehmen zu können. »Sei mir nicht böse. Es ist auch nicht deine Schuld.« Er hob einen Erdklumpen auf und zerbröckelte ihn zwischen seinen Fingern. »Ich bin nichts Ganzes und nichts Halbes. Weder Ulldarter noch Kalisstrone. Meine blauen Augen verraten jedem, dass ich ein Fremdländler bin. Und das andere Land kenne ich nur aus Erzählungen.«
»Es wird dich vielleicht eines Tages brauchen.« Matuc legte dem Jungen einen Arm um die Schulter. »Und du wirst es mögen. Wenn es der Wille des Gerechten ist, findest du dort zu deinem wahren Glauben.« Er benutzte seinen Ziehsohn als Stütze, damit er sich erheben konnte. »Nun aber will ich hören, wo du warst und was du alles getrieben hast. Und wehe, deine Abenteuer waren die Sorgen nicht wert, die ich mir gemacht habe.«
Lorin half Matuc beim Aufstehen, ehe er sich selbst in die Höhe stemmte. »Ich verspreche dir, dass ich dir von nun an alles erzählen werde.«
Gemeinsam verließen sie die umgebaute Lagerhalle und stapften durch die tanzenden Schneeflocken nach Hause. Auf ihrem Weg, während Lorin seinem Ziehvater die jüngsten Ereignisse schilderte, geschah etwas Seltsames.
Zum ersten Mal, seit Lorin in Bardhasdronda war, grüßte ihn einer der Städter, der an ihnen vorüberging.
Verdutzt nickte der Knabe zurück und wäre beinahe mit dem nächsten Passanten kollidiert, wenn ihn sein Ziehvater nicht am Arm zur Seite gezogen hätte.
»Hast du das gesehen?« Der Junge deutete dem Mann hinterher. »Ich glaube, er hat mich gemeint.«
»Es wird sich herumgesprochen haben, dass du einem Schwarzwolf unter Einsatz deines eigenen Lebens gegen die Jäger beigestanden hast«, vermutete Matuc. Dann hat es ja doch etwas Gutes. Die Leute lehnen ihn nun vielleicht nicht mehr so ab wie früher.
Lorin achtete genau auf die Gesichter der Menschen, die ihnen begegneten. Zu seiner großen Freude grüßten ihn zwei weitere Bürger der Stadt. Ausgelassen hüpfte er um den Geistlichen herum.
Kaum waren sie am Hausboot angekommen und legten die schweren Jacken ab, erschien Blafjoll, der vor Neuigkeiten zu platzen schien. Weil Fatja nicht zu Hause war, kümmerte sich Lorin um die Zubereitung des Tees.
»Stellt euch vor, was der Bürgermeister beschlossen hat«, erzählte der bekehrte Walfänger aufgekratzt. »Er hat Soini verstoßen.«
»Das ist doch mal was«, lachte der Junge und reichte die Tassen herum. Die drei stießen zusammen auf das freudige Ereignis an. »Dann haben die Vekhlathi ihn also nicht gedeckt?«
Blafjoll schüttelte den Kopf und rieb sich schadenfroh das Kinnbärtchen. »Sie hatten eine solche Wut auf ihn, weil er sie im Wald im Stich gelassen hatte, dass sie ihm alles in die Schuhe schoben.«
»Und wer war der Auftraggeber
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