Die Magier 01. Gefährten des Lichts - Six héritiers (Le Secret de Ji, Bd. 1)
Berce hätte Wos niemals durchgehalten.
Bowbaq hatte ihn nach Arkarien zurückgeschickt und ihm erklärt, dass er bald nachkommen würde. Das war nicht einfach gewesen, da das Tier keine Vorstellung davon hatte, was Zukunft war. Bowbaq hatte ihn austricksen müssen, indem er sagte: ›Wenn Wos dorthin geht, sieht er Bowbaq.‹ Dem Pony, das ein ganz eigenes Zeitgefühl hatte, war es gleich, ob er sofort kam oder vielleicht erst einen Mond später.
Kurz hinter der lorelischen Grenze war der Erjak also zu Fuß weitergegangen. Der Marsch machte ihm nichts aus. Er war es gewohnt, weite Strecken zu laufen, da er wegen seiner Größe und seines Gewichts kein normales Pferd reiten konnte. Außerdem fürchtete er, auf einem derart kleinen Tier eine lächerliche Figur abzugeben.
Der Tag der Eule war nun nicht mehr fern. Bowbaq hatte ausgerechnet, dass er nach der achten Nacht anbrechen würde. Beim Großen Bären, hoffentlich hatte er sich nicht verrechnet! Er brauchte bestimmt noch sechs Tage bis zu seinem Ziel, und bei dem Gedanken, zu spät zu kommen, drehte sich ihm der Magen um. Deshalb legte er hin und wieder ein Wegstück mit Siebenmeilenschritten zurück und wurde erst langsamer, wenn ihm jemand entgegenkam.
Obwohl er schmale Wege und versteckte Pfade nahm und eher den Spuren von Tieren als von Menschen folgte, begegnete Bowbaq für seinen Geschmack viel zu vielen Leuten. Ihm war klar, dass er in den Oberen Königreichen damit rechnen musste, mehr Menschen zu treffen als in Arkarien, wo sein nächster Nachbar sechs Meilen entfernt lebte. Doch er mied die belebten Strecken nicht nur aus Vorsicht. Bowbaq hasste Menschenansammlungen. An einem Tag mehr als fünf Fremden zu begegnen, empfand er als Zumutung. Deshalb hatte er auch nie gern an den Zusammenkünften der Erben von Ji teilgenommen.
Am Tag zuvor war er an Lermian vorbeigekommen und hatte natürlich einen großen Bogen um den Ort geschlagen. Trotzdem hatten ihn allein die Nähe einer der größten Handelsstädte Loreliens und die schiere Anzahl der Reisenden, die auf den Straßen unterwegs waren, aus der Bahn geworfen. Quälende Zweifel plagten ihn, und er fragte sich, was er hier eigentlich tat, fern von Ispen und den Kindern. Warum setzte er sein Leben aufs Spiel?
Glücklicherweise war dieses Gefühl ebenso schnell verflogen, wie es aufgetaucht war, und sein Pflichtbewusstsein hatte die Oberhand gewonnen. Er musste die anderen Erben treffen und sie warnen. Sie waren seine einzigen Freunde.
Er sammelte seine Sachen ein, lud das Gepäck auf den Rücken und machte sich im Laufschritt auf den Weg.
Da er erst zweimal im Leben geritten war, hatte Yan Mühe, sich auf dem Rücken des Pferdes zu halten. Léti, die hinter ihm saß, und das Gepäck und der Bogen an seiner Seite machten es nicht gerade leichter, das Gleichgewicht zu halten. Corenn bemerkte seine Not und gab ihm ein paar Ratschläge, während Grigán sein Pferd unruhig auf der Stelle tänzeln ließ. Er, der praktisch auf dem Pferderücken lebte, verstand nicht, wie man sich so ungeschickt anstellen konnte.
In eintönigem Trab ging es weiter. Immer, wenn der Weg über eine Anhöhe führte, ritt Grigán voraus und suchte den Horizont ab. Irgendwann lehnte Léti die Wange an den Rücken ihres Freundes und fiel in einen unruhigen Schlaf. In Yan stieg Stolz auf. Er kam sich vor wie ein edler Ritter, der mit seiner angebeteten Prinzessin durch ein fremdes Land ritt, obwohl er wusste, dass das Gefühl unverdient und kindisch war.
Das hier war kein Spazierritt, und überall lauerten Gefahren.
Mit gesenkter Stimme fragte er Corenn: »Ihr sagtet vorhin, Grigán habe euch das Leben gerettet. Was ist passiert?«
Corenn seufzte und überlegte einen Moment, bevor sie antwortete. »Ein paar Männer verfolgen uns, um uns zu töten. Sie gehören keiner Räuberbande an, sondern einer straff organisierten Gruppe. Sie werden die Züu genannt. Hast du schon mal von ihnen gehört?«
»Nein.«
»Es handelt sich um eine religiöse Sekte, die sich die Hand der Zuïa nennt. Sagt dir Zuïa etwas?«
Yan erinnerte sich vage, den Namen in irgendeinem Buch gelesen zu haben, aber er hatte bislang nicht gewusst, wie man ihn aussprach. »Ist das nicht eine Insel im Feuermeer?«
»Genau. Und es ist der Name der Hauptgöttin dieser Insel. Zuïa ist eine Rachegöttin, vor deren Thron das Opfer angeblich erscheint, nachdem die Boten ihr Urteil vollstreckt haben.«
Corenn verstummte, und ihr Blick trübte sich. Ihre Worte
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