Die Magier 01. Gefährten des Lichts - Six héritiers (Le Secret de Ji, Bd. 1)
schienen schmerzliche Erinnerungen zu wecken. Yan hatte nicht vor, weiter in sie zu dringen, doch sie nahm sich zusammen und sprach weiter.
»Im Grunde sind die Boten nichts anderes als Auftragsmörder, die jeder dingen kann, der dem Tempel eine Opfergabe macht. Die Züu erklären ihre Taten mit der Vorhersehung und dem göttlichen Willen. Wenn jemand für den Tod eines anderen bezahlt, hat Zuïa das Opfer durch die Hand des Auftraggebers verdammt. Ich bin überzeugt, sie glauben diesen Unsinn tatsächlich.«
Eine Weile hing Yan seinen Gedanken nach. »Aber warum würde jemand Léti töten wollen? Und Euch?«
»Den wahren Grund kennen wir nicht. Aber offenbar beabsichtigt irgendjemand, alle Erben zu töten.«
Yan schwieg.
»Du weißt, wer die Erben sind, oder? Léti hat dir doch sicher davon erzählt?«
»Ehrlich gesagt hütet sie dieses Geheimnis wie einen Schatz. Wir sprechen fast nie darüber. Ich weiß, dass es irgendwas mit ihren Vorfahren zu tun hat, mehr aber auch nicht.«
»Ich glaube, angesichts der Umstände ist es besser, wenn du alles erfährst.«
Und so erzählte Corenn ihm von Nol und den Weisen, von deren Nachkommen, von den Zusammenkünften am Tag der Eule und dem geheimnisvollen Abenteuer, das längst in Vergessenheit geraten war. Es tat ihr gut, sich alles von der Seele zu reden. Sie sprach nur selten mit Außenstehenden darüber.
Die Geschichte beeindruckte Yan, und er verstand nun besser, warum sich Léti der Tradition so verbunden fühlte. Er fühlte sich ihr näher, zugleich aber auch ferner. Schließlich war er kein Erbe.
Corenn endete mit der Nachricht vom Tod ihrer Freunde, ihrem überstürzten Aufbruch nach Eza und ihrer Reise bis zur Begegnung mit den Züu und Grigán. »Grigán ist ein Nachfahre Rafa Derkels. Die drei Züu, die uns angegriffen haben, suchten zuvor in Benelia nach ihm, um ihn zu töten. Doch sie konnten ihn nicht finden. Dann hat er den Spieß einfach umgedreht und ist ihnen zu ihren nächsten Opfern gefolgt.« Sie machte eine Pause. »Wie gesagt, ohne ihn wären wir längst tot.«
Damit schien das Gespräch für sie beendet. Yan ritt eine Weile schweigend neben ihr her. Dann trieb er sein Pferd an, bis es zu dem Krieger aufschloss. »Corenn hat mir erzählt, was geschehen ist. Wie seid Ihr den Züu in Benelia entkommen?«
Grigán musterte ihn mit einem seltsamen Blick, der Yan in Verlegenheit brachte. »Misstraust du mir etwa?«
»Natürlich nicht!«, rief er. »Ich bin nur neugierig!«
Der Krieger schien abzuwägen, ob er Yan glauben sollte.
»Die Züu sind nicht die Einzigen, die hinter mir her sind. Wenn ich nicht ständig auf der Hut wäre, wäre ich längst tot.« Mit diesen Worten trieb er sein Pferd zum Galopp an und erklomm den nächsten Hügel.
Er war wirklich ein komischer Kauz, und dennoch hatten sie Glück, dass er bei ihnen war.
Corenn lenkte ihr Pferd neben ihn und lächelte. »Hüte deine Zunge. Wenn du es dir mit ihm verscherzt, versohlt er dir den Hintern«, sagte sie schmunzelnd und ahmte Grigáns Akzent nach.
Yan erwiderte ihr Lächeln. Zum Glück waren seine Gefährten nicht alle so schweigsam wie der Krieger. Sonst wäre ihm die Zeit ganz schön lang geworden.
Plötzlich fiel ihm ein, dass er nicht wusste, wohin sie überhaupt unterwegs waren. »Sind wir auf der Flucht, oder haben wir ein bestimmtes Ziel?«
»Nein, wir sind nicht auf der Flucht. Wenn wir fliehen wollten, hätten wir die andere Richtung eingeschlagen«, sagte Corenn und zeigte nach Westen. »Wir müssen versuchen, andere Erben zu finden. Vielleicht weiß einer von ihnen etwas. Dann sehen wir weiter.«
»Und wie wollt Ihr das anstellen?« Dann dämmerte es ihm, und er gab sich die Antwort selbst. »In Berce, natürlich. Der Ort, an dem Eure Zusammenkünfte stattfinden.
Alle Erben, die den Züu entkommen, werden dorthin reisen, oder?«
Corenn nickte.
Yan fuhr fort: »Ich nehme an, dass Ihr das bedacht habt, aber … Wenn die Mörder tatsächlich so gerissen sind, wie Ihr sagt, werden sie zu dem gleichen Schluss kommen und Euch dort erwarten.«
»Das stimmt. Leider haben wir keine andere Wahl. In Berce sehen wir dann weiter.«
Yans Mut sank. Für seinen Geschmack würden sie in der nächsten Zeit etwas zu oft weitersehen. Er hatte nichts gegen Abenteuer, aber der Gedanke, geradewegs ins offene Messer zu laufen, begeisterte ihn nicht gerade. »Glaubt Ihr, wir treffen in Berce viele Erben?«
»Ich hoffe es. Ich wage gar nicht daran zu denken, dass vielleicht nur
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