Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)
unter vielen.
»Wie geht es Bowbaq?«, fragte Corenn, sobald sie in Hörweite waren.
»Gut. Er hatte Schwierigkeiten mit dem Einschlafen, aber jetzt schnarcht er friedlich vor sich hin.«
»Hat er noch Schmerzen?«
»Er verzieht das Gesicht, wenn er sich bewegt. Aber er beschwert sich nicht.«
»Gut. Ich glaube, das Gift kann ihm nichts mehr anhaben. Er ist außer Gefahr.«
Die drei Kaulaner standen einander gegenüber und suchten nach einem Gesprächsthema.
»Ihr wart lange spazieren«, sagte Léti schließlich.
Yan senkte den Blick und interessierte sich plötzlich ungemein für seine Schuhe.
»Ja«, antwortete Corenn nur. »Im Wald ist es schön. Ich gehe mal runter und sehe nach, ob ich in Meister Rajis Waren nicht etwas finde, aus dem ich uns etwas zu essen machen kann. Bei fünf Terzen am Tag ist die Verpflegung ja wohl im Preis inbegriffen!«
Sie stiegen wieder in den Keller hinunter. Léti hatte das unbehagliche Gefühl, dass die beiden etwas vor ihr verheimlichten. Ihre Tante tat dies für gewöhnlich nur, wenn sie sie vor schlechten Nachrichten schützen wollte.
Léti hatte vorgehabt, mit ihr über Bowbaqs Land der Dämonen zu sprechen, doch jetzt hatte sie der Mut verlassen.
Den ersten halben Dekant in Lorelia überwachte Rey den Eingang des Romischen Schweins, Bellecs Herberge. Grigán, der neben ihm stand, schien die Sprache verloren zu haben. Dass der Krieger dem Wirt misstraute, war verständlich. Was das anging, war Rey ganz seiner Meinung. Aber dass Grigán ihn zwang, sich in der brütenden Sonne des Mit-Tags einen halben Dekant lang die Beine in den Bauch zu stehen, passte ihm überhaupt nicht. In seinem Kostüm schwitzte er selbst wie ein romisches Schwein.
Nach einem letzten Versuch, den Ramgrith zur Vernunft zu bringen, beschloss Rey, auf eigene Faust loszuziehen und stapfte mit entschlossenen Schritten Richtung Altstadt davon.
Grigán holte ihn ein, noch bevor er die Straßenecke erreicht hatte. »Ihr habt es zu eilig«, sagte er. »Ihr denkt nicht nach, bevor Ihr handelt. Wenn Ihr so weitermacht, werdet Ihr nicht alt.«
»Ich bin sowieso lieber jung.« Rey grinste spöttisch.
Er bog in eine schmale Gasse ein, überquerte einen Platz mit jahrhundertealten Pflastersteinen und lief eine enge Straße hoch, in der Fuhrleute und Maultiertreiber sich die Kehle aus dem Hals schrien, um durchgelassen zu werden. Grigán gab sich alle Mühe, Rey nicht aus den Augen zu verlieren und zugleich die Umgebung im Blick zu behalten. Die Menschenmenge machte ihn nervös.
Einen einzigen Trumpf hatten sie in der Hand: Lorelia war einer der letzten Orte der bekannten Welt, wo die Züu sie erwarten würden. Doch sobald sie den Mördern begegneten, wäre dieser Vorteil dahin. Grigán konnte immer noch nicht fassen, dass er sich dazu hatte überreden lassen, die Mörder im roten Gewand auf ein Gespräch unter vier Augen zu treffen. Aber gegen Corenns Entschlossenheit war er einfach machtlos.
Sie verließ sich darauf, dass er sie alle beschützte. Natürlich würde er sein Bestes geben - aber wenn das Treffen scheiterte, konnte sie nur noch unglaubliches Glück retten.
Wieder bog Rey in eine Seitenstraße ab. An der nächsten Ecke blieb er stehen. »Zum Haus der Kercyans geht es da lang«, sagte er und zeigte auf eine Gasse, über die sich ein Torbogen spannte.
Grigán wartete, dass er weitersprach, und machte sich innerlich auf einen erbitterten Streit gefasst, bei dem er ihm verbieten würde, sie alle aus einer Laune heraus in Gefahr zu bringen. Doch Rey ging wortlos weiter. Der Krieger musste ihm ihre Lage nicht erklären. Außerdem hatte er die Bruchbude, in der seine Familie wie im Exil gelebt hatte, ohnehin nie gemocht. Wahrscheinlich hatten sich dort längst ein paar Landstreicher eingenistet. Er hatte keine Lust, das Haus je wiederzusehen, geschweige denn, es zu betreten.
In dem Viertel, in dem sich Rey früher herumgetrieben hatte, erhöhte Grigán seine Wachsamkeit. Bald ließ Rey Anzeichen von Ungeduld erkennen, weil sein Gefährte die Straßen in scheinbarem Müßiggang entlangschlenderte. Obwohl sie auf dem Weg durch die Stadt immer wieder aneinandergerieten, gelangten sie schließlich ans Ziel.
Der Winterpalast des königlichen Handelskommissars, im Volksmund auch der Kleine Palast genannt, erstreckte sich über die gesamte Ostseite des Platzes der Reiter. An jedem Septim fand auf diesem Platz der größte Markt Lorelias statt, und gleichzeitig war der Kleine Palast Umschlagplatz für
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