Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)
Herberge zu verbringen, und die Gefährten nahmen die Idee mit Begeisterung auf. Alle wollten den Fischgestank vergessen, der in den Kabinen der Othenor hing. Außerdem könnten sie in der Herberge ein Bad nehmen, was für die Flüchtlinge, die sich seit ihrem Aufenthalt in Rajis Keller nur noch aus einem Eimer gewaschen hatten, ein unbeschreiblicher Luxus war.
Angespornt von der Aussicht auf das Bad und ein warmes Bett, packten sie rasch ihre Sachen zusammen und ließen alles Überflüssige und Sperrige auf dem Boot zurück. Ihre Zukunft war ungewiss, und sie mussten immer bereit sein, sofort die Flucht zu ergreifen, vielleicht sogar zu Fuß. Mittlerweile musste Grigán sie nicht mehr an die Gefahr erinnern, in der sie schwebten.
Rey rang wegen des Schatzes, den er aus dem Kleinen Palast gestohlen hatte, mit seinem Gewissen. Die Schatulle war zu schwer, um sie mitzunehmen.
Daher füllte er seine Geldbörse bis zum Rand und stopfte sich Münzen in sämtliche Taschen. Auch den anderen gab er mehrere Handvoll Münzen, obwohl sie Schwierigkeiten hatten, das Geld in ihrem Gepäck unterzubringen. Die lorelischen Goldterzen waren zwar schön anzusehen, aber viel größer und schwerer als kaulanische Dreiköniginnen-Münzen. Dann versteckte Rey den Rest des Schatzes an zwei verschiedenen Stellen auf dem Schiff. Als er sich schließlich zu den anderen auf dem Steg gesellte, schnaufte er unter dem Gewicht seines Gepäcks. Trotzdem lächelte er glücklich.
In Junin gab es viele Fremde, weshalb die Einwohner dem seltsamen Grüppchen, das da durch ihre Straßen zog, kaum Beachtung schenkten. Nur Bowbaq und Léti zogen Blicke auf sich, der eine wegen seines Körperumfangs, die andere wegen ihres Schwerts. Yan ließ es sich nicht nehmen, ungeniert zurückzustarren.
Die Juneer litten offensichtlich keine Armut. Männer wie Frauen hatten wegen der Hitze leichte, knöchellange Gewänder aus edlen Stoffen an, und viele trugen teuren Schmuck. Yan schloss daraus, dass es in Junin nur wenige Straßenräuber gab und sie nicht Gefahr liefen, in einer dunklen Gasse überfallen zu werden.
Zahlreiche Läden und Werkstätten säumten die Straße. Es gab Barbiere, Fassbinder, Jäger und andere Handwerker, vor allem aber die berühmten Winzer, deren Ruhm bis in die Oberen Königreiche reichte. Rey nahm sich fest vor, einen Vorrat an Grünwein anzulegen, bevor sie weiterreisten.
Sie kehrten im Gasthaus zum Abendwind ein, das sauber und anständig aussah, jedenfalls sauberer und anständiger als die Spelunken im Hafenviertel. Grigán verhandelte mit dem Wirt, und bald konnten die Erben warme Zimmer mit richtigen Betten beziehen.
Corenn bat den Wirt, Wasser für ein Bad zu erhitzen. Dieser zeigte ihnen voller Stolz seine Heißwasseranlage, die auf einem alten juneeischen System beruhte. Klares Quellwasser gelangte über unterirdische Kanäle in den Keller des Wirtshauses, wo es von einem Ofen, der Tag und Nacht brannte, erhitzt wurde. Dann floss das Wasser durch ein Becken und blieb so immer sauber. Reihum nahmen die Erben ein ausgiebiges Bad. Bowbaq war so begeistert von dem System, dass er darüber nachdachte, sich eine solche Anlage in seine Hütte einzubauen.
Nach dem Baden gingen sie in den Gastraum im Erdgeschoss und freuten sich auf eine Mahlzeit ohne Pökelfleisch, dem Einzigen, was sie in den vergangenen Tagen zu sich genommen hatten. Bald fehlte nur noch Léti.
Sie betrat die Schenke lange nach ihren Freunden. Sie hatte viel Zeit darauf verwendet, ihr Haar hochzustecken, weil sie nach einem Mittelweg zwischen dem Ratschlag ihres Waffenlehrers und ihrem Wunsch, elegant auszusehen, gesucht hatte. Létis Anblick war atemberaubend. Sie hatte sich umgezogen und trug nun ein leichtes kaulanisches Gewand, das ihr hervorragend stand. Das Schwert hatte sie allerdings nicht abgelegt.
Zwei Männer, die zwischen dem Eingang und dem Tisch der Erben saßen, riefen ihr etwas zu. Da Léti kein Juneeisch verstand, lächelte sie nur und schüttelte den Kopf.
Die Männer brachen in anzügliches Gelächter aus, und ihr Gebaren erinnerte Léti an die Schurken auf der Insel Ji. Sie hatten zu viel getrunken. Léti trat einen Schritt beiseite, um an ihnen vorbeizugehen, doch einer der Männer stand auf und stellte sich ihr in den Weg.
Yan, Rey und Bowbaq sprangen auf, um ihr zur Hilfe zu eilen, doch Grigán rührte sich nicht.
»Bleibt hier«, sagte er leise.
Verständnislos sanken die drei Männer wieder auf ihre Stühle. Aber sie waren es
Weitere Kostenlose Bücher