Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
taten. Obwohl er größtenteils nicht sah, wen er hörte, entdeckte er kleine Vögel, Nagetiere, Insekten und sogar einige Wassertiere. Jedes berichtete ihm von dem, was um sie herum vorging. So konnte er mehr als einmal die Gefahren aufspüren, die ihnen drohten. Aus den Stimmungen und den Unterhaltungen zwischen den Tieren zog er Schlüsse darauf, welchem Pfad sie folgen und welchen sie meiden sollten. Sie waren den ganzen Tag unterwegs, und dennoch erschien es ihnen bei Sonnenuntergang, als wären sie nicht vom Fleck gekommen. Alles sah so aus wie Stunden zuvor. Auch war kein Ende in Sicht, Dämmerlicht und Nebel und Sumpf erstreckten sich endlos in alle Richtungen. Wenn überhaupt etwas, war der Sumpf noch undurchdringlicher geworden und hatte noch mehr Luft und Licht gestohlen, was ihre Hoffnungen untergrub, diese Ödnis bald zu verlassen.
Als sie Halt für die Nacht machten, schaute Pen mal wieder auf den Kompass, um ihre Richtung zu bestimmen. Es schien, als wären sie auf dem richtigen Weg unterwegs, aber er fragte sich langsam, ob der Kompass funktionierte. Seine Sorgen wurden zum Teil dadurch genährt, dass das Licht die Richtung nicht zu wechseln schien, da Dunkelheit und Nebel so dicht waren und es schwieriger und schwieriger wurde, festzustellen, wo sich die Sonne am verschwundenen Himmel bewegte.
»Wir könnten uns verirrt haben«, gestand er den anderen. »Ich bin mir nicht mehr sicher.«
»Wir haben uns nicht verirrt«, beharrte Khyber. »Morgen haben wir den Sumpf hinter uns.« Davon war Pen nicht überzeugt. Er übernahm die erste Wache und saß brütend da, während die anderen schliefen, ging die Ereignisse der vergangenen Tage durch und versuchte, die unterschwellig bohrende Besorgnis zu identifizieren, die an seiner bereits angegriffenen Zuversicht nagte. Irgendwie betrachteten sie die Dinge nicht auf die richtige Weise, aber er konnte nicht genau ausmachen, inwiefern. Es wurde immer dunkler, die Minuten verstrichen, und seine Gedanken schweiften mehr und mehr ab, durch die ganze Reise zurück bis zu dem Augenblick, in dem Tagwen mit der Nachricht vom Verschwinden seiner Tante bei ihm aufgetaucht war. Die Erinnerung an die überstürzte Flucht ließ ihn an seine Eltern denken und machte ihm bewusst, wie sehr er sie vermisste und sich wünschte, sie wären hier bei ihm. Er war stets sehr unabhängig gewesen und auch so erzogen worden, allerdings war er nie so weit von seinem Zuhause fort gewesen. Auch hatte er sich niemals so bedroht gefühlt. Er kannte die gefährlichen Wesen an den Orten, die er regelmäßig mit seinem Skiff aufsuchte, doch jene, die ihm nun begegneten, waren ihm zum größten Teil vollkommen neu. Manche hatten nicht einmal einen Namen.
Plötzlich begriff er, was ihm solche Sorgen bereitete. Es war die Unkenntnis darüber, was aus dem mysteriösen Verfolger geworden war, der ihm in der Nacht, in der er vor Terek Molt geflohen war, in den Straßen von Anatcherae nachgesetzt war.
Er nahm sich einen Moment Zeit, um darüber nachzudenken. Der Verfolger hatte sich vor dem Gasthaus »Fischers Schlupfwinkel« an ihn gehängt, als die kleine Gesellschaft versuchte, den
Roeben
zu erreichen. Zweimal hatte er einen Anschlag auf Pen verübt, einmal in den Straßen und dann später an Bord des Schiffes, ehe sie ablegten. Vor Pens Augen war ein Mann durch einen Dolch gestorben, der von den Dächern geworfen worden und für ihn selbst bestimmt gewesen war. Er hatte nur einen kurzen Blick auf den Mörder erhascht, gerade genug, um anzunehmen, dass es sich nicht um einen richtigen Menschen handelte. Was war aus diesem Wesen geworden?
Natürlich wäre der Gedanke tröstlich, dieses Wesen sei an Bord der
Galaphile
im Inferno umgekommen, zusammen mit den Gnomenjägern und Terek Molt. Aber das hielt Pen nicht für wahrscheinlich. Sein Gefühl verriet ihm, das sei falsch. Dieser Verfolger würde sich so einfach nicht erwischen lassen. Falls er auf der
Galaphile
gewesen war, als Terek Molt die Gefährten gefunden hatte, wäre er vermutlich zum Zeitpunkt der Explosion wieder von Bord gewesen, um sich erneut an Pen heranzupirschen. Bestimmt hatte er überlebt. Er konnte jetzt irgendwo dort draußen sein.
Obwohl sich Pen eigentlich sicher war, dass dieses Wesen im Moment nicht in der Nähe war, blickte er sich vorsichtig um und spähte in die Dunkelheit. Er nahm sich sogar die Zeit, mit seiner Magie die Laute der Nachttiere auszuspähen, der Insekten und Vögel und Bewohner des dunklen Sumpfes,
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