Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
du auf der Flucht, vielleicht vor anderen Ulk Bogs, die nach dir suchen, weil du ihre Kinder gefressen hast. Ich soll dich beschützen, doch du wolltest mir den Grund nicht verraten. Dieses ganze Gerede darüber, dass ich dich täuschen wolle, hatte hauptsächlich damit zu tun, dass du mich täuschen wolltest.«
»Du hast Magie gegen mich angewendet! Du bist ein Straken, genau wie ich es gesagt habe.«
»Ich bin kein Straken …«
Aber Weka Dart ließ sich nicht darauf ein. Er war so wütend, er hörte sich nicht einmal mehr den Rest an, sondern sprang auf, zischte wie eine versengte Katze und fletschte die Zähne, als wolle er sie angreifen. Dann kletterte er den Stamm hinunter, schimpfte weiter mit ihr und verschwand mit einem letzten Fluch in der Dunkelheit.
Sie wartete auf seine Rückkehr und konnte nicht glauben, dass er nicht kommen würde. Ihre Gegenwart war ihm zu wichtig, um seinem Stolz die Oberhand zu gewähren. Doch als er nach einer Weile nicht wieder da war, lauschte sie nicht länger nach ihm und entschied, ohne ihn sei sie sowieso besser dran. Jemand, der seine eigene Art verspeiste, und zwar aus welchem Grund auch immer, war nicht die geeignete Gesellschaft für sie. Wenn er geblieben wäre, hätte sie ständig auf ihn aufpassen müssen, denn irgendwann fiel er vielleicht über sie her. Sollte er ruhig allein weiterziehen.
In der Stille wurde ihr schließlich wieder bewusst, wie anders sie sich in der Verfemung fühlte. Sosehr diese Welt auch derjenigen ähnelte, aus der sie stammte, es war nicht die gleiche. Hatte sie sich früher immer in der Dunkelheit wohl gefühlt, so empfand sie hier Unbehagen. Die Nacht unterschied sich deutlich von der zu Hause. Die Gerüche und Geräusche waren ihr fremd und beunruhigten sie. Hier musste sie genau auf jeden ihrer Schritte achten. Sie war überzeugt davon, sie könnte es zum Hadeshorn dieser Welt schaffen, falls dieses existierte, und den Versuch unternehmen, die Schatten der Druiden zu rufen. Aber war sie vorbereitet auf die Wesen, die ihr unterwegs begegnen würden? Es war eine Sache, einen Dracha in die Flucht zu schlagen, doch eine ganz andere, sich gegen eine Rotte Furien wehren zu müssen. In ihrer eigenen Welt besaß sie große Macht, doch wie stark war sie in der Verfemung?
Sie starrte in die Dunkelheit und war sich nicht sicher, ob sie die Antwort überhaupt herausfinden wollte.
Zwölf
Konzentrier dich«, sagte er leise und beruhigend mit seiner geisterhaften Stimme von hinter ihrer linken Schulter. »Denk an das, was du schaffen willst. Langsam und gleichmäßig. Die Luft muss sich die ganze Zeit mit derselben Geschwindigkeit bewegen. Atme gleichzeitig mit den Lungen und mit der Seele.« Diese Beschreibung erschien ihr eigenartig und drückte doch genau das aus, was notwendig war, und so bemühte sie sich ernsthaft. Sie atmete aus und blies die Luft in einem steten, konzentrierten Strom über die Lichtung zu dem Blatt, das zwanzig Meter vor ihr in der Luft schwebte. Sie benutzte ihre Gabe und beobachtete das Blatt, das wie ein Käfer in der Luft hing und durch ihren sanften Luftstrom leicht vibrierte und damit auf die Finger ihrer Magie reagierte, die sie zu beherrschen versuchte. Mit anderem verglichen, handelte es sich um eine kleine Gabe, doch kam sie damit weiter als zuvor. Sie lernte, ihren Gebrauch der Magie zu verbessern und ihre Druidentalente zu perfektionieren, doch trotz seines Unterrichts war sie noch lange nicht so gut, wie beide es sich wünschten.
»Jetzt heb es vorsichtig höher«, wies Ähren Elessedil sie an, während er sich weiterhin außer Sicht hielt, um sie nicht mehr als notwendig abzulenken. Er wusste um die Schwierigkeit ihrer Übung. Diese komplizierten Techniken sollte sie zuerst lernen. Später würden ihr dann jene, bei denen man auf Kraft und Gewicht angewiesen war, umso leichter fallen.
Khyber Elessedil hob das Blatt höher. Nun wurde es schwieriger, es schweben zu lassen, der Wind war heftiger, und die Schwerkraft zog stärker. Langsam wurde sie ungeduldig, wie bei vielen anderen Übungen auch, aber sie wollte es unbedingt schaffen. Für die Tochter und die Schwester von Elfenkönigen war es nicht leicht, diese Beharrlichkeit zu entwickeln, denn sie hätte einfach den Weg beschreiten können, den ihr Vater und nun ihr Bruder für sie eröffnet hatten. Aber trotz ihrer königlichen Abstammung hatte sie sich nie als Teil des Hofes gefühlt, und das würde sich vermutlich auch nicht mehr ändern.
Ein Vogel in
Weitere Kostenlose Bücher