Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane
verspürte Tagwen den Drang, Ähren Elessedil aufzusuchen, wenn es in Paranor mehr als hundert andere Druiden gibt, an die er sich hätte wenden können? Warum suchte er außerhalb von Paranor Hilfe? Da stimmt doch etwas nicht.«
»Ja«, räumte sie ein. »Das ist wahr.«
»Nehmen wir einmal an, er hat einen guten Grund gehabt, nach Emberen zu reisen und Ähren aufzusuchen. Warum folgten Traunt Rowan und die anderen Druiden ihm dann plötzlich? Wenn sie sich Sorgen um unsere Familie machten, hätten sie direkt nach Patch Run fliegen können, um uns zu warnen. Sie haben Pen einfach als Vorwand für die Suche nach uns benutzt, und sie wussten nichts über eine Verbindung zu uns, ehe sie den anderen beiden nach Patch Run gefolgt sind.«
Rue presste die Lippen aufeinander. »Er sagte, Pen könne in Gefahr schweben, möglicherweise sogar wir alle. Aber er hat sich nicht darüber geäußert, von wem diese Gefahr ausgeht, oder?« »Da muss ich dir Recht geben. Was auch immer vorgefallen ist, ich glaube, dieser Druide hat uns nicht die Wahrheit gesagt.« Sie richtete sich abrupt auf. »Warum fliegen wir dann nach Paranor? Falls es sich um eine Art Falle handelt, sollten wir nicht einfach blindlings hineintappen.«
Er schüttelte den Kopf. »Sie wollen etwas von uns. Anderenfalls wären sie die Sache anders angegangen. Außerdem, wenn wir nicht nach Paranor gehen, geben wir unsere beste Chance auf herauszufinden, was wirklich vorgefallen ist.«
Rue strich sich eine Strähne des langen roten Haars aus dem Gesicht und schaute in die Ferne. »Ich könnte ihn innerhalb von zehn Minuten dazu bringen, uns alles zu erzählen, wenn du mich so lange mit ihm allein lässt.«
Bek lächelte, obwohl ihm gar nicht danach zumute war. »Er ist ein Druide, Rue. Er ist zu mächtig, als dass du Spielchen mit ihm treiben könntest. Und wenn wir ihm Angst einjagen, wird er kaum Lust haben, uns irgendetwas zu erzählen. Selbst mit seinen Lügen gewährt er uns kleine Einsichten in die Wahrheit. Nutzen wir das für uns aus. Häuten und aufhängen können wir ihn später.«
Sie ergriff seine Hand. »Ich will nicht, dass Penderrin etwas zustößt, Bek. Wenn deine Schwester mit dieser Sache zu tun hat, hängt alles vermutlich mit ihren Feinden zusammen, und ihre Feinde sind zu gefährlich, als dass der Junge mit ihnen fertig werden könnte.« Sie schaute hinüber zum Druidenschiff. »Ich hasse es, dass sie uns schon wieder in ihr Leben hineinzieht.«
Er erhob sich und schloss sie in die Arme. Sie ließ es zu, doch ihr Körper blieb steif. »Schieb die Schuld nicht so voreilig Grianne zu«, flüsterte er. »Wir wissen überhaupt nichts. Nicht einmal, ob Pen wirklich verschwunden ist. Wir wissen nur das, was man uns erzählt hat, und darauf können wir uns nicht verlassen.«
Sie nickte und legte den Kopf an seine Schulter. »Wenn er nun die Wahrheit sagt? Diese Möglichkeit sollten wir nicht außer Acht lassen. Nur weil er seine Geschichte nicht gut erzählt hat, muss sie nicht gelogen sein. Wir dürfen kein Risiko eingehen, was Pens Sicherheit angeht.«
Er drückte sie beruhigend an sich. »Pen wird schon nichts passieren. Vergiss nicht, wer ihn erzogen hat. Er ist jedenfalls nicht wehrlos. Wenn er tatsächlich verschwunden sein sollte, dann vermutlich, weil er es selbst wollte. Aber wir müssen herausfinden, weshalb er es wollte. Dazu sollten wir nach Paranor mitgehen. Bist du bereit, dieses Risiko auf dich zu nehmen?«
Sie schob sich aus seiner Umarmung zurück, und er entdeckte die alte Entschlossenheit in ihren grünen Augen. »Was glaubst du denn?«
Sechs
Shadea a'Ru ging allein durch den unteren Westgang des Druidenkeeps und lauschte auf andere Geräusche neben dem leisen Scharren ihrer Schritte. Die Luft außerhalb der Mauern des Keeps war warm und drückend, hier im Inneren jedoch kühl und angenehm. Ein kaum vernehmbares Flüstern ferner Stimmen hallte von den Steinwänden wider wie Staub, der im Licht tanzt.
Sie lauschte aufmerksam den Stimmen, doch nur, um sich zu vergewissern, dass sie ihr nicht folgten.
Jetzt würde das Mittagsmahl serviert, und darauf folgte eine Zeit der Ruhe für diejenigen, denen danach der Sinn stand. Was nur auf wenige zutraf. Die Druiden unter ihrer Führung wussten, jedes Scheitern darin, ihre Arbeit zu vollenden, hätte Folgen. Worin diese Folgen bestanden und wann sie diese zu erwarten hatten, darüber ließ sie ihre Untergebenen im Unklaren. Sie ließ sie ohne Aufsicht und ohne Zeitvorgaben
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