Die Magier von Shannara 3 - Die Verschwörung der Druiden
Asphinx!
Ihre Verfolger waren mitten in die Kolonie geraten, und die Schlangen hatten sich auf sie gestürzt. Wieder lauschte Grianne dem Lärm des Kampfes, und die Geräusche bestätigten ihre Vermutung. »Du hast meinen Mantel mitten zwischen die Schlangen gebracht!«, rief sie. »Du wusstest es!«
Sein Grinsen wirkte beängstigend. »Ich habe damit gerechnet. Sie kamen schneller, als ich erwartet hatte. Dein Mantel war der Lockvogel, mit dem ich sie von uns ablenken konnte. Die Nacht ist dunkel, und man kann nicht weit sehen. Zu schade für sie.« Der Lärm ließ nach, das Knurren, die Schreie und das Kreischen wurden zu Wimmern und Stöhnen, zu einem Keuchen, das bis zu ihr unter den Bäumen vordrang. Sie wollte es nicht hören, konnte jedoch nichts daran ändern. Mit solcher Art von Vernichtung war sie vertraut, und sie konnte sich nicht abwenden.
Schließlich herrschte bis auf ein einzelnes Schluchzen Stille. Und dann verstummte auch das.
Weka Dart beugte sich zu ihr vor. »Ist die Stille nicht wundervoll?«, flüsterte er.
Als sich die ersten schwachen Zeichen der Dämmerung im Osten am Horizont zeigten und es hell genug war, gingen sie zurück zu der Kolonie der Asphinx. Fassungslos betrachtete Grianne den Anblick, der sich ihr dort bot. Überall standen Statuen, steinerne Kreaturen in verzweifelten Kampf- oder Fluchthaltungen. Dämonenwölfe und Goblins zu Dutzenden mit verdrehten Körpern und Hälsen, mit erhobenen und gekrümmten Gliedmaßen, hatten die Münder und Mäuler zu stummen Schreien aufgerissen.
In ihrer Mitte stand starr der dürre Hobstull mit angespanntem Gesicht und hatte die Hände zu Fäusten geballt, da er im Tode erkannt hatte, was geschehen war.
Alle waren in Stein verwandelt worden. Keiner war entkommen. »Es geht ganz schnell, wenn man mehrmals gebissen wird«, erklärte Weka Dart. »Man muss nicht lange auf das Unvermeidliche warten. Es gibt keine falsche Hoffnung, dass man irgendwie ein Heilmittel finden könnte. Nach einer Minute ist es vorbei. Besser so.«
Er ging zum Rand des Bereichs, in dem die Asphinx lebten, hob das Ende einer dünnen Leine auf und zog Griannes Mantel heran, den er in die Mitte des Feldes geworfen hatte, auf dem anschließend das Gemetzel stattgefunden hatte. Er schüttelte den Mantel, um zu prüfen, ob sich noch Schlangen in den Falten verbargen, dann löste er die Leine und reichte ihn Grianne. »Hier, so gut wie vorher.« Sie nahm den Mantel, starrte Weka Dart an und betrachtete den Ulk Bog in einem ganz neuen Licht.
»Mir gefällt Hobstull besser als Statue«, verkündete er und lächelte boshaft und herausfordernd. »Dir nicht?« Er klopfte sich den Staub von den Händen und schaute nach Osten. »Wir sollten aufbrechen. Das Licht genügt zum Wandern. Wenn ihnen noch andere folgen, möchte ich sie nicht hier erwarten.«
Er ging los, und Grianne folgte ihm. Währenddessen blickte sie ein letztes Mal zurück und fühlte sich plötzlich an ihre Vergangenheit erinnert. Die Ilse-Hexe hatte sich Schlangen bedient, um sich ihrer Feinde zu entledigen. Das war vor langer Zeit gewesen, und diese Person war sie nicht mehr. Oder sie wollte es nicht mehr sein. Dennoch hatte sie gespürt, wie sie sich in den Kämpfen mit dem Straken-Lord und den Furien veränderte. Ihre Magie wurde zunehmend dunkler und härter. Daher fiel es ihr nicht so schwer, sich vorzustellen, wie sie sich in ein Wesen zurückverwandelte, von dem sie eigentlich geglaubt hatte, es hinter sich gelassen zu haben. Über diese Möglichkeit grübelte sie nach, während sie unterwegs waren, und sie fragte sich, welche Maßnahmen sie dagegen treffen konnte. Es war, als versuche sie, Wasser in den Händen zu halten; die Nässe konnte man halten, aber das Wasser selbst rann durch die Finger. Sie war das Wasser, und sie lief durch die Ritzen ihrer Entschlossenheit.
Nach mehreren Meilen konnte sie beim Zurückschauen über das flache Land die Statuen nicht mehr erkennen, und nun lenkte sie ihre Gedanken langsam in eine andere Richtung. Vor ihnen erhob sich bereits die dunkle Linie der Drachenkette.
Dann verlangsamte Weka Dart den Schritt. »Da kommt jemand«, sagte er.
Sie spähte in die Ferne. Zuerst sah sie nichts. Dunst und Dämmerlicht verhüllten alles und ließen die Merkmale der Landschaft ineinander fließen. Schließlich bemerkte sie die Bewegung. Eine einzelne Gestalt in einem Mantel hob sich geisterhaft vor dem immer noch dunklen Horizont ab. Die Gesichtszüge konnte sie nicht ausmachen.
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