Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
der Übung. Das wird schon mit der Zeit.“
Etwas später, als sie mit Neri und Hatik beim Essen saßen und Merit-Amun erzählte, wie es dazu kam, sich mal kurz einzuladen, sprach Hatik: „Das war dann schon die zweite Lektion – auf Notrufe kommt prompte Hilfe.“
Als Safi mit Hatik das Haus verlassen hatte, bat Merit-Amun um eine dritte Lektion. „Bring mir bitte ganz schnell bei, was ich über die ganze Haushaltsführung wissen muss.“
„Da fangen wir gleich mit dem Abwasch und dem Aufräumen an …“
Merit-Amun durfte seit ihrem ersten Tag auf Atla an den Zusammenkünften der magischen Gruppe teilnehmen. Solon, Talos und Hatik hatten es so bestimmt. Neri freute sich darüber natürlich besonders. Weil es um ihre Tochter ging, hatte sie sich der Stimme enthalten. Die beiden Magiermeister wollten mit Merit-Amun ein Test- und Trainingsprogramm erarbeiten. Die ehemalige Prinzessin war glücklich. Sie nahm sich vor, hart zu arbeiten, um in dieser neuen Welt bestehen zu können. Welche Fähigkeiten in ihr schlummerten, musste sich im Laufe der Zeit zeigen. Ihr Blut schien fast einhundertprozentig atlanisch zu sein. Hatik sah das alles nicht so dramatisch, er war schließlich auch kein Atlan. Merit-Amun war ihm dankbar dafür. Auch die Sache mit der Unsterblichkeit würde sich irgendwie lösen lassen. Für die kleine Schar schien nichts mehr unmöglich zu sein. Unter diesen Voraussetzungen war es auch nicht verwunderlich, dass Merit, wie sie sich nun der Einfachheit halber rufen ließ, enorm schnell lernte. Solon und Talos nahmen sie sogar einmal in den heiligen Bezirk hinter dem Wasserfall mit. Sie schritt ehrfürchtig die Reihe der Sarkophage ab. An dem verschlossenen Steintrog hielt sie an. Die beiden Magier beobachteten erstaunt, wie sie mit beiden Händen etwas abzuwehren schien. Dabei murmelte sie: „Das ist nicht gut, das ist gar nicht gut, sie sollten nicht hier sein, nein, das ist gar nicht gut.“ Dann ging sie weiter.
Talos fragte vorsichtig: „Was ist nicht gut?“
Sie blieb stehen und deutete zurück. „Die Erdgeister sollten nicht hier sein. Es ist nicht ihre Welt. Sie gehören tief in Seths Reich. Man kann sie auf Dauer nicht halten. Was wollt ihr mit ihnen?“
„Eigentlich wollen wir sie loswerden.“ Dann erzählte Talos, auf welche Weise diese Geister nach Atla gekommen waren.
Merit überlegte. „Dann haben sie sich an Hatik gehängt, nur er war einmal ein Ägypter. Aber was wollten die Geister bei den Menschen am anderen Ende Welt?“
Die Magier staunten. Merits Wissen schien nützlich zu sein. „Weißt du, wie wir sie für immer wegschicken können?“
„Sie müssen in das Tor der Zeit gestoßen werden, wenn Apophis die Sonnenscheibe verschlingt. Dann können sie nicht mehr zurück. So steht es geschrieben.“
Die Männer sahen sich an. Wer war denn nun schon wieder Apophis und warum sollte er die Sonne verschlingen? Sie mussten darüber dringend mit ihren ehemaligen Ägyptern sprechen. Merit konnte es ihnen nur mit ihren Worten erklären. Zumindest wussten sie jetzt, dass die Gefangenen Geister waren. Hatik klärte die Magier recht schnell auf. Am Tag der nächsten Sonnenfinsternis konnte man die Störenfriede, ohne Rückfahrt, nach Hause in die Wüste schicken. Bis dahin waren es aber noch acht lange Erdenjahre, in denen noch viel Ungeplantes geschehen konnte. Die Frage, was die Geister in der Drachenhöhle und dann später von Talos wollten, war damit aber noch nicht beantwortet. Man würde sich also weiter vorsehen müssen.
Merit, die nur unter Menschen aufgewachsen war, hatte es nicht einfach, sich plötzlich in der Welt ihrer Götter zurecht zu finden. Safi, Hatik und Neri halfen ihr, so gut es ging. Immer wieder ermunterten sie sie, nur jede Frage ohne Scheu sofort zu stellen, damit es nicht erst zu Verständigungsproblemen käme. Im Gegenzug erzählte sie den Magiern von den Pyramidentexten, dem Totenbuch und den astronomischen Berechnungen ihres Volkes. Schon die Rückkehrer hatten Erstaunliches berichtet, was Merit noch detaillierter beschreiben konnte. Als Priesterin hatte sie den vollen Zugang zur Magie ihrer Kultur. Nun verstand sie auch, warum gerade ihr die Götter so oft genauer Antwort gegeben hatten. Das atlanische Blut ließ sich eben nicht verleugnen. Endlich begriff sie auch, dass es ihr Schicksal war, hier auf Atla zu sein. Und den Atlan führte das vor Augen, dass immer nur die erstgeborene Tochter aus einer Verbindung zwischen einem ursprünglichen und
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