Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
einem wiedergeborenen Atlan das alte Blut und die Magie einer anderen Galaxie in sich tragen konnte. Dieses Wissen beflügelte Merit, die endlich auch wie eine Atlan zu fühlen und zu denken begann.
Es gingen mehrere Wochen ins Land, als Neri während einer Zusammenkunft bei Solon das Figürchen der Siri auf den Tisch stellte. Sie wollte ganz einfach die Reaktion ihrer Tochter sehen. Merit sah das Kunstwerk kurz an, dann legte sie die rechte Hand in die Stirn und verneigte sich mit den Worten: „Gegrüßt seiest du, Uräus, du Kobra, die den König beschützt.“
Dann schien sie intensiv zu lauschen. „Ich werde dein Wort verkünden, wann immer du es wünschst. Der Sohn des Horus wird die Geflügelte befreien. So steht es geschrieben und so wird es geschehen.“ Mit diesen Worten verneigte sie sich noch einmal vor der Statuette.
Erstaunt hatten Neri, Safi und Hatik zur Kenntnis genommen, dass Merit vom König und nicht vom Pharao sprach. Sie kannten die Sage, dass Horus der erste ägyptische Pharao gewesen sein sollte. Auch die Magier sahen sich bedeutungsvoll an. Neri fragte vorsichtig: „Welchen König beschützt die heilige Schlange?“
Merit lächelte. „Den König, den du mir vorgestellt hast.“
Neri versuchte sich zu erinnern, welcher König bei Hofe gewesen war, den sie Merit vorgestellt haben könnte. Merit wiegte langsam den Kopf. „Mm – mm, nicht dort – hier!“
Neri durchzuckte es siedend heiß und auch durch die Schar der Freunde ging ein Raunen. Sie erinnerten sich an ihre Worte: „… er ist der König der Drachen …“ Hatik zeigte verblüfft mit dem Finger auf seine eigene Brust. Merit nickte. „Ja, Uräus beschützt nicht nur die Geflügelte, sondern auch ihren König, den Sohn des Horus.“
Das war der Punkt an dem Hatik aufsprang, polternd fiel sein Stuhl zu Boden. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er die junge Frau an. „Was hast du da gerade gesagt?“
„Dass die große Uräus dich beschützt.“
„Nein, ich meine das andere, das mit Horus …“
„Meinst du, dass sie auch die Geflügelte beschützt?“ Merit war irritiert.
„Nein, nein, dass mit dem Sohn und so …!“ Hatik wurde immer kribbeliger.
„Uräus hat gesagt, dass sie dich, den Sohn des Horus, beschützt.“ Hatik gab ein seltsames Geräusch von sich, das ein Zwischending aus Seufzen und Schluchzen war. Merit schaute den völlig konfusen Tarronn in einer Mischung aus Unglauben und Mitleid an. Dann flüsterte sie: „Ja, weißt du denn wirklich nicht, dass du der Sohn des Horus bist?“
Der junge Mann ließ sich schwer auf den Stuhl fallen, den ihm sein Freund Safi zurecht rückte. Er knetete seine Finger und fuhr sich mit zitternden Händen durch das Gesicht.
Merit sah zu Tode erschrocken ihre Mutter an. „Hat es ihm denn niemand gesagt? Hat es denn wirklich keiner von euch gewusst?“
Ein stummes Kopfschütteln war die Antwort. Es war totenstill, nicht ein einziger der Versammelten wagte, ein Wort zu sprechen.
Hatik hob den Kopf. Er sah mit einem schier unbeschreiblichen Blick Merit an. „Das hat dir Uräus gesagt?“
„Ja, sie sagte mir auch, dass Horus hier bei dir war und dich mein lieber Junge genannt hat.“
Das genügte Hatik, das hatte er nicht einmal Neri erzählt. Er sprang auf, riss Merit in seine Arme und tanzte mit ihr durch den Raum. „Du bist die Beste, die Größte und durch und durch Atlan. Außerdem hast du jetzt einen Wunsch frei.“
„Sachte, sachte, bring mich nicht gleich vor Freude um, sonst kann ich mir nichts mehr wünschen.“ Merit versuchte, sich zu befreien. Neri und die Magier sahen sich bedeutungsvoll an. Sie hatten in wenigen Augenblicken mehr Informationen erhalten, als sie jemals erwartet hatten. Hatik war also nicht nur der Schützling, den Horus besonders mochte, sondern sogar dessen Sohn. Das erklärte natürlich einiges. Merit konnte mit Uräus sprechen, die, wenn man es sich recht überlegte, aus der Sippe des Horus stammen musste. Vielleicht war sie sogar eine der Urmütter. Das wiederum würde heißen, dass Horus und Uräus Tarronn waren, wie Hatik auch. Safi spann den Faden weiter. Er schlussfolgerte, dass über diesen Kontakt vielleicht eine Rückkehr nach dem fernen Planeten Atla möglich sein könnte. Wie dem auch war, Merit war der Star des Abends, Hatik selig, Neri stolz auf ihre Tochter und die anderen rieben sich zufrieden die Hände. Dass es irgendwo da draußen auch noch die Verborgenen gab, ignorierte man an diesem Abend einfach.
Hatik
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