Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
mitgebracht. Vielleicht kann er Neris Hormone wieder zur Ruhe bringen. Das Problem dabei ist, dass ich ihn ihr selber umhängen muss.“
„Dann versuch mal dein Glück. Vielleicht ist sie endlich eingeschlafen“, erwiderte Imset mit matter Stimme.
Horus trat ins Haus und nahm Kurs auf das Schlafzimmer. Neri schlief mitnichten. Sie lag vielmehr fast nackt auf ihrer Decke und schaute ihm voller Interesse entgegen. Horus schluckte. Wäre er jetzt auf Tarronn gewesen, dann … Aber er war nicht auf Tarronn und er fand das inzwischen gut so. So ging er schnell auf sie zu und legte ihr ohne Kommentar, aber mit zitternden Händen, das kleine Schmuckstück um den Hals. Augenblicklich änderte sich Neris Gesichtsausdruck, sie schien aus einem Albtraum zu erwachen. Mit einem Blick hatte sie die peinliche Situation erkannt, riss sich die Decke vor das Gesicht und begann, herzzerreißend zu schluchzen. Horus rief nach Imset. Neri würde jetzt viel Trost brauchen. Er selber setzte sich wieder auf die kleine Bank. Auch seine Hormone waren jetzt in Aufruhr. Schließlich war er auch nur ein Mann und noch dazu ein Tarronn, das machte die Situation doppelt schwer.
Auch Imset konnte Neri nur mit Mühe wieder beruhigen. Sie hatte ihren Kopf an seine Brust gelegt und weinte hemmungslos. „Ich kann Horus doch nie wieder unter die Augen treten, nach dem, was vorgefallen ist“, schluchzte sie.
„Es ist weder deine Schuld, noch wird er es dir übel nehmen. Man hat dir doch gar keine Wahl gelassen.“ Er streichelte ihr Haar und war einfach nur glücklich, dass der Albtraum, den sie beide erlebt hatten, endlich vorbei war.
Horus saß noch immer vor dem Häuschen, als Imset sich neben ihm nieder ließ. „Ich kann dir gar nicht genug danken. Es scheint alles wieder in Ordnung zu sein.“
„Bei mir nicht. Ich werde sicher oft von ihr träumen.“ Horus schaute wehmütig zu den Sternen auf. „Du hast wirklich das ganz große Glück gefunden. Halte es gut fest. Besonders dann, wenn ihr eines Tages diese Insel verlasst.“
„Ja, das werde ich tun.“
„Na, geh schon zu ihr. Lass sie jetzt nicht allein. Ich komm schon klar. Es ist noch kein Tarronn an einem gebrochenen Herz gestorben.“ Horus nickte ihm aufmunternd zu.
Hätte Binti nicht durch lautes Schnauben protestiert, dann wäre Imset noch im Bett geblieben. Die Aufregungen der letzten Tage hatten doch Spuren hinterlassen. Mühsam quälte er sich hoch. Erst als er sein Gesicht ins eiskalte Wasser tauchte, ging es ihm wieder besser. Die großen braunen Augen des Rappen schauten ihn vorwurfsvoll an.
„Hast ja Recht. Ich hab mich in den letzten Tagen kaum um dich gekümmert. Aber jetzt bin ich ja da. Komm, wir machen einen kleinen Ausritt.“ Er schwang sich auf Bintis Rücken. Gemächlich trabten sie durch die kleine Siedlung. So früh am Morgen war noch kein Atlan unterwegs. Imset ließ Binti einfach laufen, wohin er wollte und dieser steuerte zielstrebig Solons Kräutergarten an. Ein Hälmchen hier, ein Büschel da und schon war er wieder fort. Imset lachte. „Du bist ein richtiger Feinschmecker geworden.“ Binti schnaubte leise. Sein Herr konnte ja nicht wissen, dass ihm Merit die besten Plätze gezeigt hatte und auch, wie man, ohne Schaden anzurichten, zwischen den Beeten hindurch kam. Imset sprang ab und ging neben dem treuen Tier her. In den letzten Monaten hatte sich das Alter doch langsam bemerkbar gemacht. Binti begann zu ergrauen und manchmal machten die Beine nicht mehr so mit, wie sie beide es gewohnt waren. Imset wusste, dass bald der Abschied für immer kommen würde.
Neri war bereits in den Frühstücksvorbereitungen, als Imset wieder zu Hause eintraf. Sie reichte Binti die obligatorische Möhre aus dem Fenster. Dann drehte sie sich um und stand Horus gegenüber. Schamröte schoss ihr ins Gesicht. Horus tauschte einen schnellen Blick mit Imset, der hilflos die Schultern hob. So nahm er Neri kurz in die Arme und streichelte ihr Haar. „Versuch es doch einfach positiv zu sehen. Immerhin war es für mich ein recht erfreulicher Anblick.“
„Ich gebe mir Mühe.“ Nach einer kurzen Pause sprach sie weiter. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie furchtbar es ist, plötzlich in einem fremden Körper gefangen zu sein, der eigentlich der deine ist. Wenn du tun musst, was du gar nicht willst, nur weil dieser Körper dich dazu zwingt.“ Leise fuhr sie fort: „Imset hat mir erzählt, was euer Verdacht ist. Genau so habe ich mich gefühlt – wie ein
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