Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
dass ihr Gedanken lesen könnt.“ Dann fügte er kichernd hinzu: „Dann weißt du ja meine Fragen so wie so schon.“
Auch die anderen mussten nun lachen. „Recht hat der Kleine!“
Hatik setzte eine unschuldige Miene auf. „Pepi sagt immer: Wissen muss man auch nutzen. Ich habe nichts anderes getan.“
Neri lachte glockenhell. „Schon wieder ein Punkt für dich. Vor dir muss man sich ja richtig in Acht nehmen. Du zahlst ja alles sofort zurück! Aber nun zu den Antworten auf deine vielen Fragen. Wie dir Safi ja schon erzählt hat, sind wir Atlan. Unsere Insel liegt weit, weit entfernt von eurem Land, mitten im Meer. Wir sind hierher gekommen, um mit eurem Pharao zu sprechen, denn ein grausamer Feind bedroht unser Land. Ein Drakon mit Namen Letan. Vielleicht hast du sogar schon von ihm gehört.“
Hatik schüttelte den Kopf. „Wo kommt er her und wie sieht er aus?“
„Er kommt aus einer anderen Welt. Er ist hat grausame Augen, riesige Flügel, scharfe Krallen und speit Feuer, wenn er wütend ist.“
„So ein ähnliches Wesen soll es auch hier geben oder gegeben haben. Es heißt Sphinx. Ich habe schon steinerne Abbilder gesehen. Es ist zum Fürchten.“ Hatik kramte in seinem Gedächtnis. „Ich weiß nur nicht mehr, wo ich es gesehen habe. Ich war noch sehr klein, damals.“
Die Atlan schauten sich bedeutungsvoll an.
„Ich glaube, dann kann euch wirklich nur der Pharao helfen, denn er ist auch ein Gott.“
„Du kennst ihn?“
„Noch nicht. Aber den Sohn seines Sohnes kenne ich. In ein paar Tagen soll ich nämlich zu ihm in die Hauptstadt kommen und bei seinem Vater in Dienst treten. Dann werde ich bestimmt auch einmal den großen Pharao sehen können. Darauf freue ich mich sehr.“
Neri fragte mit belegter Stimme: „Wie heißen der Sohn und der Enkel des Pharao?“
„Sethos, das ist der Sohn unseres Herrschers und Ramses, das ist der Enkel. Ramses ist der, den ich schon einmal getroffen habe.“
„Erzählst du mir mehr von ihm? Wie sieht er aus?“
„Er ist noch jung, groß gewachsen, hat starke Arme, einen eisernen Willen, aber er ist auch freundlich. Solange ich dort war, hatte er immer ein mildes, gütiges Lächeln im Gesicht.“
„Du schwärmst ja richtig, er hat dich wohl schwer beeindruckt.“
„Ja, Herrin, das hat er. Ich freue mich auch schon riesig darauf, ihn wiederzusehen. Weißt du, er hat mir das hier geschenkt.“ Hatik zog den Umhang von seinem Oberarm, damit Neri den Armreif sehen konnte. Sie berührte ihn vorsichtig mit der Fingerspitze, spürte der Energie seines ehemaligen Besitzers nach. Dann hauchte sie kaum hörbar: „Er ist es, er ist es wirklich.“
„Was sagst du, ich habe dich nicht verstanden?“
„Nichts, Hatik, ich bewundere nur gerade die schöne Arbeit des Goldschmiedes.“ Neri schloss die Augen. Sie hatte gefunden, was sie so sehnsüchtig suchte. Sie gab die frohe Nachricht sofort im Stillen weiter.
„Schau, Herrin, da vorn ist schon die Oase.“ Ein schwacher Lichtschein drang herüber. Noch war nicht viel zu erkennen. Erst beim Näherkommen schälten sich langsam Dattelpalmen und Hütten aus der Dunkelheit. Die Ankömmlinge wurden von mehreren Soldaten erwartet. „Halt, wer seid ihr?“
„Neferem, ich bin es, Hatik!“
„Hatik! Aber wen bringst du da mit?“
„Das sind Gesandte, die an Pharaos Hof wollen. Sie sind in der Wüste überfallen worden.“
Eilends öffneten die Soldaten das Tor, damit der kleine Trupp passieren konnte. Ein Meldeläufer eilte zu Pepi, um die Fremden anzukündigen. Hatik hielt die kleine Karawane vor Pepis Haus an. Mehrere Soldaten, die sie bis dahin begleitet hatten, nahmen die Reittiere in Empfang, um sie zu versorgen. Die Fremden hatten ihre Herrin in die Mitte genommen, die Männer vorn, die Frauen dahinter. Hatik verneigte sich tief vor Pepi. Mit wenigen Worten erklärte er die Lage. Der Offizier bat die unerwarteten Gäste herein. Er gab Hatik ein Zeichen, worauf dieser flugs zur Küche eilte, um Speisen und Getränke zu ordern. Als alle Platz genommen hatten, entstand ein kurzes Schweigen. Pepi hatte mit wenigen Blicken erkannt, dass es sich um sehr hohen Besuch handeln musste. Die edlen Gesichtszüge und die auserlesene Kleidung der Fremden gaben ihm Recht. Safi nahm das Wort. Er berichtete vom Zweck und dem Schrecken der Reise. Letan ließ er dabei aus. Nicht jeder musste das wissen. Besonders ausführlich beschrieb er dagegen die Rettung durch Hatik. Staunend lauschte Pepi. Am Ende nickte er wissend.
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