Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
beiden Länder.“ Mit diesen Worten kniete Hatik vor Sethos nieder und berührte mit der Stirn den Boden.
„Erhebe dich, Hatik. Ich habe schon von dir gehört. Du wirst ab sofort Ramses unterstehen, bis ich anders verfüge.“
„Ja, Herr.“ Hatik musste sich fast einen Jubelschrei verkneifen. Das lief ja besser, als gedacht! Im tiefsten Innern amüsiert, hatten die Atlan natürlich gefühlt, was in Hatik vorging. Ramses wechselte unbemerkt einen schnellen Blick mit Neri. Mit einem kurzen Satz waren mehrere Probleme gelöst worden, ohne, dass jemand darum bitten musste. Sethos erhob sich. Er trat auf die Atlan zu, um sie, ihrem Stande gemäß, mit königlichen Ehren zu begrüßen. Er reichte Neri beide Hände entgegen. Sie erwiderte die Geste. Als sie sich berührten, schien es Sethos, das ganze Universum fassen zu können. Wohlige Wärme strömte durch seinen Körper, die Farben begannen heller zu leuchten, alle Düfte wurden intensiver, er meinte, die Harfen der Göttin Hathor zu hören.
„Ich glaube, Ramses hat eine gute Wahl getroffen. Du kannst nur Nefertari sein.“
Lächelnd antwortete die Schöne: „Ja, Herr, so ist es.“
„Seid mir alle von ganzem Herzen willkommen. Meine Diener werden euch in eure Gemächer bringen. Heute, wenn die Sonne sinkt, erwarte ich euch zum Begrüßungsfest, an dem auch das Volk teilnehmen wird.“
Ramses wandte sich beim Hinausgehen an Hatik. „Du wirst als persönlicher Schreiber und Gesellschafter für Nefertari sorgen. Wenn ihr etwas braucht, wendet euch an einen der Diener. Sie bekommen Befehl, alle Wünsche der Gäste zu erfüllen.“
Die kolossale Architektur des Palastes, die steinernen Götterbilder, die, mit Hieroglyphentexten geschmückten, prächtigen Wände hinterließen einen tiefen Eindruck auf die Neuankömmlinge. Hatik fühlte sich wie im Traum. Hatte er geglaubt, das Haus von Raia sei prunkvoll gewesen, so musste er sich hier eines Besseren belehren lassen. Seiner Aufgabe angemessen, bekam er ein Nebengelass von Nefertaris Gemächern zugewiesen. Er hatte seine Habseligkeiten schnell ausgepackt und in die bereitstehende Truhe verstaut. Zufall oder nicht, der Türsturz seines Zimmers war mit einem Udjat geschmückt. Hatik hielt sein Amulett hoch. Augenblicklich schuf die Magie des Horus eine anheimelnde Atmosphäre. Hatik rollte sich auf dem Ruhebett zusammen. Vor Aufregung war an Schlaf nicht zu denken. So wälzte er sich eine Weile herum, bis er schließlich aufgab. Er ließ sich im Meditationssitz gegenüber dem Horusauge an der Tür nieder, hängte sein Udjat offen vor die Brust, dann schloss er die Augen, um in tiefe Trance zu sinken. Vor seinem geistigen Auge tauchte ein, noch in Bau befindlicher, Tempel auf. Der goldene Lichtstrahl, der ihn führte, beleuchte kurz einige Hieroglyphen, die Hatik nicht kannte, aber doch schon einmal gesehen haben musste, denn es traf ihn wie ein Stich ins Herz. Schweißgebadet öffnete er die Augen. Wenn er sich doch endlich erinnern könnte! Noch einmal versuchte er, sich zu konzentrieren. Er konnte zwar keine Bilder mehr sehen, aber wispernde Stimmen schienen das Wort Dendera zu flüstern. Von allen Seiten schienen sie zu kommen, um ihm dieses eine Wort zuzuraunen. Der Junge gab auf. Vielleicht konnte ihm Ramses sagen, was dieses geheimnisvolle Dendera darstellte. Am Abend des Festes war natürlich keine Zeit für solche Fragen. Der Pharao genoss die kurzweilige und angenehme Unterhaltung mit seinen Gästen, ohne aus den Augen zu verlieren, dass sein Sohn ständig im Blickkontakt mit der Schönsten der Frauen stand. Neben ihr hatten die anderen Kandidatinnen auf einen Platz an Ramses Seite keine Aussicht. Ihre unvergleichliche Anmut, ihr Witz und Charme, aber auch ihre Intelligenz, die kaum zu übertreffen war, ließen den anderen Damen am Hofe keine Chance. Tuja, die große königliche Gemahlin, Tochter des Raia und Mutter des Ramses, war von ihrer zukünftigen Schwiegertochter zutiefst angetan. Die beiden Frauen verbrachten fast den ganzen Abend miteinander. Sethos sah es mit besonderer Freude. Eintracht im Haus der Frauen, war schließlich ein Garant für zufriedenes Leben. So war es auch nicht verwunderlich, dass bald nach diesem Fest die Hochzeit von Nefertari und Ramses gefeiert wurde. Das Geschenk durfte sich die Braut selber aussuchen. Sie bat darum, die Tempel in Abydos und Dendera besuchen zu dürfen. Mit Freude willigte Ramses ein. Er erbat für diese Zeit Urlaub von seinen Diensten, um Nefertari
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