Die Maikaefer
gefunden hatten als meine Mutter, denn sie kannten jedes Mauseloch auf dem Gut und jeden Schlupfwinkel in der Umgebung.
Schnell führte Eule mich zum Ostflügel des Schlosses, wo der Administrator seine Wohnung hatte. Währenddessen behielt ich Iwan im Auge, der mit dem Rücken zu uns stand. Da er sich jeden Augenblick umdrehen konnte, trieb ich Eule an, sodass wir schnell hinter dem Ostflügel verschwanden. Ich sah gerade noch, wie Iwan sich umwandte, die Flasche in der erhobenen Hand. Geschwind den letzten Schritt, und wir waren aus seinem Blickfeld verschwunden.
Eule drückte die Eingangstür auf, die sich nach innen öffnete, und ich folgte ihm. Als ich die Tür zumachen wollte, sah ich Iwan auftauchen, der mich entdeckt hatte und mir einen wilden Blick zuwarf. Ich drückte die Tür ran, sie hatte von innen einen Riegel, ich schob ihn vor.
»Das nutzt nichts, die brechen die Tür auf«, sagte Eule und verschwand in einem der Zimmer.
Er hatte Recht, das waren auch die Worte meiner Mutter gewesen, und daher schlossen wir unsere Stube nicht ab. Die Russen nicht aussperren, sondern ablenken, war der einzige Ausweg.
Kaum hatte ich das gedacht, da krachte es an der Tür. Ich schrak zusammen und zog den Riegel zurück. Die Tür blieb zu. Wahrscheinlich nahm Iwan gerade seinen zweiten Anlauf. Ich wollte nicht den Eindruck erwecken, als würde ich mich verstecken, oh Gott, nein, im Gegenteil! Ich hatte den Impuls, hinaus zu spazieren und ihn möglichst wegzulocken, denn ich ahnte, dass Elsbeths Versteck hier in der Wohnung war.
Als ich öffnete, kam Iwan mit Schwung auf die Tür zu und torkelte betrunken an mir vorbei. Dabei hielt er die Flasche triumphierend hoch, während er halb lachend, halb überrascht ob seines Tempos russisch fluchte und lang hinfiel. Die Flasche hatte er gerettet, saß auf dem Hintern, befahl mich zu sich, hielt mir die Buddel hin und brüllte: »Wodka!«
Ich roch daran. Es war geruchlos, Iwan grinste breit und machte ein Zeichen zu trinken. Ich hielt die Luft an und versuchte, so viel wie möglich herunterzuschlucken, aber es brannte und kratzte so sehr, dass ich an dem Hustenanfall fast erstickte.
Iwan beachtete das nicht, sondern rief einen Kollegen herbei, der ihm auf die Füße half. Iwan erklärte ihm irgendwas, und beide begannen, die Wohnung zu durchsuchen. Aus dem Zimmer, in das Eule verschwunden war, kamen sie unverrichteter Dinge zurück und machten die Runde noch einmal. Beim zweiten Mal hörte ich Eule schreien.
Mit ein paar Schritten war ich in der Tür. Das, was ich sah, ließ meinen Atem stocken. Alles verkrampfte sich in mir, mein Hals war trocken, meine Augen begannen zu brennen, mein Herz schien mir aus dem Hals zu springen. Iwan hatte das Bett, unter dem Elsbeth versteckt war, halb durchs Zimmer gezerrt. Auf dem Boden vor den beiden Russen lagen Eule und seine Mutter.
In aller Ruhe nahm Iwan einen tiefen Zug aus seiner Flasche, brüllte etwas auf Russisch, nahm noch einen Schluck und brüllte wieder.
Elsbeth konnte nicht aufstehen, weil Eule mit dem Rücken halb auf ihr lag. Wollte er sie schützen? Für Iwan war er im Weg und wirkte auch nicht wie ein Kind, sondern wie ein junger Mann, der entschlossen ist, eine Frau zu verteidigen. Iwan zog seine Pistole, aber bevor er sie in Anschlag bringen konnte, bückte sich der andere Russe, packte Eules Haar und schleifte ihn weg. Dabei rutschte er aus und fiel auf das Bett, das hinter ihm stand. Obwohl er dabei die Balance verlor, hielt er Eule beim Schopf. Weil ihm das so wehtat, schrie Eule ununterbrochen und strampelte mit seinen Knien wild gegen den Peiniger an. Der jaulte nun auch, warf sich über Eule und biss ihm ein Ohr ab. Ich sah nur, wie er etwas Blutiges ausspuckte und registrierte erst später, dass es Eules Ohr gewesen war, denn ich schaute dauernd zu Elsbeth, der ich helfen wollte.
Elsbeth liebte ihren Sohn, und als er nun so fürchterlich blutete und schrie, konnte sie ihre Wut nicht mehr bändigen. Sie sprang auf und wollte dem Russen an den Hals, wurde aber zurückgeworfen, weil Iwan ihr mit voller Wucht gegen die Schulter trat. Im nächsten Moment kniete er auf ihr, hob die Flasche hoch, sodass ich fürchtete, er wollte sie damit schlagen, aber er setzte sie an den Mund und nahm einen tiefen Schluck. Danach schleuderte er die Flasche in meine Richtung, ich sollte sie auffangen und tat das auch.
Iwans Kollege war wieder auf den Beinen, schlug und trat so lange auf Eule ein, bis er sich nicht mehr
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