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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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überraschend, dass es Eva die Sprache verschlug. Eigentlich hatte sie sich damit abgefunden, dass sie ab der kommenden Woche endlich in die Krankenpflegeschule gehen würde, aber das …
    Berenices lautes Aufschluchzen riss Eva aus ihren Gedanken. Alle Blicke richteten sich auf die junge Frau, die auf ihrem Stuhl einen Weinkrampf hatte.
    »Moment«, sagte Daniel, während er sich erhob und zu Berenice ging. Er legte den Arm um sie und sprach tröstend auf sie ein. Sofort verstummte ihr Weinen.
    Sie wird alles tun, um ihn für sich zu gewinnen, dachte Eva und widmete sich dem Kuchen auf ihrem Teller, doch sie bekam kaum einen Bissen hinunter. Seit dem Tag des Erdbebens litt sie an Appetitlosigkeit. Immer wieder kamen ihr die Bilder der Verwundeten und Toten in den Sinn. Manchmal wünschte sie sich, Adrian wäre dabei gewesen. Dann hätte sie jetzt von ihm Abschied nehmen können, dann hätte sie Klarheit und würde nicht in dieser schrecklichen Ungewissheit leben müssen. Oder verdränge ich die Wahrheit nur, und es ist längst klar, dass nichts mehr von ihm übrig ist, ging es Eva durch den Kopf, und es fröstelte sie.
    Sie spürte, dass sie keinen Augenblick länger an dieser Kaffeetafel sitzen bleiben konnte. Da Harakeke und Lucie offenbar gerade in ein anregendes Gespräch vertieft waren und Hariata Helen in der Küche half, schlich sie sich unbemerkt davon. Sie hatte das dringende Bedürfnis, ihrem Bruder zu schreiben, was geschehen war. Vielleicht hatte er auch im fernen Kalifornien von dem Erdbeben gehört und machte sich Sorgen.
    Eva schloss als Erstes das Fenster. Selbst das Stimmengemurmel aus dem Garten konnte sie gerade nicht ertragen. Sie wollte ganz allein mit ihren Gedanken an das Geschehene sein und griff sich einen Briefbogen und einen Füllfederhalter. In ihrer gestochenen scharfen Schrift schrieb sie einen Brief an ihren Bruder.
    Lieber Hans,
    ich weiß nicht, ob du von dem schrecklichen Erdbeben gehört hast, das Napier verwüstete. Die Stadt, in die du mir folgen wolltest, gibt es nicht mehr. Ich hoffe sehr, dass sie wieder aufgebaut ist, wenn du hier eines Tages eintreffen wirst.
    Es gibt auch Opfer zu beklagen: Tante Joanne und ihren Mann. Um Letzteren hält sich die Trauer in Grenzen. Aber was viel schlimmer ist: Adrian, den ich noch am Morgen des Erdbebens geheiratet habe und von dem ich dir im letzten Brief so euphorisch schrieb, ist vermisst. Ich habe alle Hospitäler nach ihm durchsucht und alle Leichenschauhäuser, aber er ist spurlos verschwunden. Sie sagen, er gehöre zu denen, von denen es keine Spuren mehr geben wird, weil die Kraft der Zerstörung sie zu Staub zermalmt hat. Doch das glaube ich nicht. Tief in meinem Herzen spüre ich, dass er lebt. Ja, lieber Bruder, mehr Worte finde ich dieses Mal nicht, außer dass ich Sorge habe, wegen der Ungewissheit wahnsinnig zu werden. Manchmal höre ich nachts die Tür klappen und dann denke ich: Das ist er. Oder ich gehe durch die zerstörten Straßen und meine plötzlich, er käme mir entgegen. Ach, wärest du bloß bei mir! Nun, du weißt, ich bin stark und werde auch diesen Schicksalsschlag überstehen. Solange ich noch einen Rest Hoffnung hege, dass er eines Tages unversehrt zurückkehren wird, ist alles gut.
    Deine unglückliche Schwester Eva
    Eva hatte den Brief gerade in einen Umschlag gesteckt und an ihren Bruder adressiert, als es an ihrer Tür klopfte.
    »Komm herein, Hariata!«, rief sie. Mit Erstaunen stellte sie fest, dass es Daniel war. Vorhin war ihr gar nicht aufgefallen, dass er reifer wirkte als bei ihrer letzten Begegnung.
    »Setz dich«, sagte sie förmlich und deutete auf einen Stuhl.
    Daniel musterte sie eine Zeitlang prüfend, bevor er sich hinsetzte.
    »Wie hast du dich entschieden?«
    »Ich weiß nicht so recht. Eigentlich habe ich mich jetzt entschlossen, Krankenschwester zu werden …«
    »Ja, ja«, knurrte Daniel. »Und Adrian wollte Lehrer werden.«
    »Genau. Warum sagst du das so abwertend? Das sind gute Berufe. Und es ist in diesen Zeiten wichtig, überhaupt eine Arbeit zu bekommen.«
    »Das will ich gar nicht bestreiten. Weder dass das ehrenwerte Berufe sind noch dass es in Zeiten der weltweiten Krise wichtiger denn je ist, in Lohn und Brot zu stehen, aber ihr seid beide Menschen, die Visionen von Häusern haben. Und genau solche Talente werden jetzt dringend gebraucht. Glaub mir, ich hätte auch keine Ruhe gegeben, bis Adrian in mein Team gekommen wäre, wenn er …« Er stockte, denn er schien Sorge zu

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