Die Maori-Prinzessin
angenommen hatte. Kurzum, da stimmte etwas nicht, und Tommy würde nicht tatenlos zusehen, wie seine Schwester seinen besten Freund ins Unglück stürzte. Der war nämlich bis über beide Ohren verliebt in Joanne.
Deshalb hatte Tom seine Schwester an diesem Nachmittag zu einem kleinen Ausflug auf sein Boot eingeladen. Er wollte sie unter vier Augen sprechen; den Grund hatte er ihr allerdings nicht verraten, wusste er doch genau, sie würde dann mit Sicherheit nicht mitkommen. Und auf dem Boot konnte er sich sicher sein, dass sie ihm nicht weglaufen würde.
Er war gerade dabei, sich für den Bootsausflug umzuziehen. Da klopfte es an seiner Zimmertür. Es war seine Mutter.
»Ich wollte dir nur sagen, dass ich es sehr lieb von dir finde, dass du Joanne auf dein Boot eingeladen hast. Ich weiß doch, dass euer Verhältnis nicht das beste ist.«
Tommy nahm seine Mutter in den Arm. »Du musst mir nicht danken. Joanne braucht einen brüderlichen Rat und wozu hat sie einen älteren Bruder? Ganz so selbstlos bin ich nicht. Ich habe meine Gründe.«
Lucie musterte ihn durchdringend. »Was für Gründe?«
»Willst du es wirklich wissen?« Er lächelte.
»Nein, ich möchte ja nicht neugierig sein.«
»Ach, Mom, es fällt mir schwer, vor dir Geheimnisse zu bewahren. Es geht um meinen Freund John. Ich möchte nicht, dass sie ihm wehtut.«
»Aber warum sollte sie? Findest du es nicht schön, dass die beiden sich treffen? Ich bin ehrlich gesagt heilfroh darüber. Den jungen Mann hätte ich gern zum Schwiegersohn.«
»Was meinst du, wie gern ich ihn zum Schwager hätte!«
»Dann frage ich mich, warum du dich einmischen willst?«
Tommy kämpfte mit sich, ob er seiner Mutter die ganze Wahrheit sagen sollte oder nicht.
»Worüber zerbrichst du dir den Kopf, mein Junge?«
»Sie hat seinen Heiratsantrag angenommen«, knurrte er.
»Aber das ist ja wunderbar. Nun wird alles gut«, rief Lucie aus und klatschte vor Freude in die Hände.
»Mom, versprich mir, dass du es für dich behältst.«
Lucie sah ihren Sohn bestürzt an. »Um Himmels willen, nun sag schon, was los ist.«
»Wenn du mir versprichst, es Joanne nicht vorzuhalten!«
»Versprochen!«, seufzte Lucie.
»Ich habe Joanne mit Bertram Thomas vor unserer Haustür gesehen. Es gibt keinen Zweifel. Die beiden sind ein Liebespaar.«
Lucie ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Und ich habe so gehofft, dass er die Finger von ihr lässt.«
»Ich denke, dazu gehören zwei. Und ich sehe es auch nicht moralisch. Mir tut es zwar leid für die arme Frau mit dem kleinen Kind, und ich hätte Joanne einen anderen Kerl gewünscht, aber mir geht es in erster Linie um John. Er ist so ein feiner Kerl und völlig vernarrt in sie. Und ich frage mich, warum sie ihn heiratet, obwohl sie doch ganz offensichtlich einen anderen liebt. Oder findest du das normal?«
»Nein, es sei denn, sie sieht es als eine Möglichkeit, sich diesen Doktor aus dem Kopf zu schlagen.«
»Und genau das möchte ich herausbekommen, weil ich es nicht zulasse, dass sie John für irgendeines ihrer kleinen Machtspielchen benutzt.«
In diesem Augenblick klopfte es erneut.
»Bist du fertig?«, fragte Joanne von draußen.
»Ja, ich komme«, seufzte Tommy und gab seiner Mutter einen Kuss auf die Wange. »Mach dir keine Sorgen. Ich werde der jungen Dame auf den Zahn fühlen und ihr notfalls ins Gewissen reden.«
»Ach, und ich würde mir so wünschen, John Clarke zum Schwiegersohn zu bekommen.«
»Noch besteht Hoffnung, Mom. Vielleicht beichtet sie mir, dass sie sich in ihn verliebt hat und es nur der Abschiedsabend mit dem Doktor gewesen ist.«
»Ich kann ihn nicht leiden, diesen aufgeblasenen Kerl!«, stieß Lucie hervor.
»Ich doch auch nicht, Mom. Das soll mal einer verstehen, warum der so einen Schlag bei Frauen hat. Es gibt schließlich genügend attraktive Männer in Napier!« Tommy stellte sich in Pose und spannte die Muskeln an. Lucie lachte. Das liebte sie an ihrem Sohn. Sie konnte noch so niedergeschlagen sein, Tommy schaffte es immer, sie zum Lachen zu bringen.
»Dann halte dich mal ran. Ich hätte so gern ein Enkelkind.«
»Du kannst wohl nicht genug bekommen, was? Du hast doch ein ganzes Waisenhaus voller Kinder«, lachte Tommy. »Aber wenn es dich interessiert, es gibt da eine wunderschöne junge Frau in Meeanee, mit der ich nächsten Samstag segeln werde und die ich heiraten werde. Sie weiß es nur noch nicht!«
»Wie ist sie? Wie sieht sie aus? Aus was für einer Familie kommt sie?«, fragte
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