Die Maori-Prinzessin
frage ich eben direkt. Ich kann mir kaum vorstellen, dass du über Nacht dein Herz für John entdeckt hast. Warum willst du ihn heiraten, obwohl du ganz offensichtlich einen anderen liebst?«
Joannes Gesichtszüge entgleisten. An ihrem Hals bildeten sich hässliche rote Flecken.
»Wie kommst du auf so einen Blödsinn? Es gibt keinen anderen!«
»Ach ja? Dann war der Kuss, den ich vor unserer Haustür beobachtet habe, wohl ein Bruderkuss?«
Joanne sprang auf und wollte Tommys Brustkorb mit den Fäusten traktieren, aber er hielt sie fest. Das Boot schaukelte nun gefährlich.
»Lass das! Und setz dich. Sonst fällst du mir noch über Bord!«, knurrte Tommy.
Schnaubend zog sich Joanne zurück.
»Ich habe euch gesehen. Es war zwar dunkel, aber der Mann, der dich leidenschaftlich geküsst hat, war nicht John Clarke!«
»Widerlich! Du lauerst hinter dem Fenster!«
»Das war Zufall und glaube mir, ich hätte es mir gern erspart, zuzusehen, wie herzlich du Bertram Thomas verabschiedest hast. Du weißt, dass er eine Frau und ein kleines Kind hat, nicht wahr?«
Unvermittelt brach Joanne in Tränen aus. »Lass mich in Ruhe!«, schluchzte sie.
»Gern, wenn du mir sagst, was du mit John vorhast«, entgegnete Tommy versöhnlicher.
»Was soll ich mit ihm vorhaben?«
»Du machst es mir wirklich schwer. Ich hatte gehofft, du würdest mir versichern, dass es dein Abschiedsabend war und du und Bertram euer Verhältnis beendet habt, weil du einen anständigen jungen Mann gefunden hast«, seufzte Tommy.
»John Clarke ist wirklich ein netter Kerl«, presste Joanne hervor.
»Das weiß ich. Und deshalb werde ich auch nicht zusehen, wie er blind in sein Unglück läuft!«
»Du wirst ihm nichts sagen von Bertram und mir, oder?« Joanne sah ihren Bruder aus schreckensweit geöffneten Augen an.
»Ich bin keine Petze, aber ich werde von dir verlangen, dass du diese sogenannte Verlobung löst, wenn du in Wahrheit nur diesen Kerl liebst. Und das kannst du nur allein wissen.«
»Verdammt, ich muss John Clarke heiraten. Sonst …« Sie stockte und wurde leichenblass, wandte sich um und würgte die Gurken ins Meer.
Tommy sah sie fassungslos an. Jetzt fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
»Sag, dass das nicht wahr ist!«
Joanne sah entsetzlich mitgenommen aus. Warum war ihm das nicht gleich aufgefallen, wie blass seine Schwester war. Er hatte ihr Unwohlsein auf das Segeln geschoben. Dabei …
»Seit wann weißt du es?«
»Frag nicht so. Frauen wissen das eben!«
»Und weiß es der Herr Doktor schon?«
»Ja!«
»Und was sagt er?«
Joanne biss sich so heftig auf die Lippen, bis sie den Geschmack ihres Blutes im Mund schmeckte.
»Er denkt, das Beste wird sein, ich ginge zu einer Engelmacherin.«
»Und du, was denkst du?«
»Ich werde das Kind behalten und deswegen heirate ich John Clarke, denn es braucht einen Vater!«
»Weiß dein Doktor schon, was du vorhast?«
Joanne nickte. »Er findet es nicht gut, aber er kann sich im Augenblick unmöglich scheiden lassen. Der Vater seiner Frau hat ihm das Geld für die Erweiterung der Praxis gegeben.«
Tommy konnte sich nicht länger beherrschen. Er sprang mit einem Satz, der das Boot zum Schaukeln brachte, von der Bank auf, riss wutschnaubend die Segel nach oben und brachte das Boot in den Wind. Es hatte inzwischen aufgefrischt. Das Schiff legte sich noch weiter auf die Seite als vorhin. Joanne umklammerte die Reling so fest, dass alles Blut aus ihren Fingern wich.
In rasender Fahrt zischte es über die Lagune. Tommy blickte stur geradeaus. Seine Kiefer mahlten vor Zorn.
»Du wirst es doch für dich behalten?«, fragte Joanne nach einer ganzen Weile.
Tommy zuckte die Achseln. »Das kann ich dir nicht versprechen. Und auch nicht, dass ich diesem Bertram nicht gehörig den Marsch blase!«
»Bitte lass ihn in Ruhe. Für ihn ist das Ganze auch nicht einfach!«
»Wenn du noch ein Wort zur Verteidigung dieses Drecksacks vorbringst, dann knöpf ich ihn mir vor!«, keuchte Tommy. Joanne hatte ihn noch nie zuvor so in Rage erlebt. In dieser Verfassung traute sie ihm glatt zu, ihrer schönen Planung einen Strich durch die Rechnung zu machen. Aber das durfte nicht geschehen!
»Bitte, misch dich nicht ein«, flehte sie. »Wenn John mich nicht heiratet, dann weiß ich nicht weiter.«
»Das hättest du dir vorher überlegen sollen!«, entgegnete Tommy ungerührt.
»Du musst es mir schwören!«, bettelte sie verzweifelt.
Tommy wandte sie ihr zu und musterte sie abfällig. »Ich werde
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