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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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Menschenmögliche für Ihren Sohn. Glauben Sie mir. Wollen Sie vielleicht inzwischen nach Ihrer Tochter sehen?«
    »Gleich, aber können Sie mir erst einmal sagen, was überhaupt geschehen ist? Bislang hatte noch keiner Zeit, mit mir zu reden.«
    »Genaues wissen wir auch nicht. Nur, dass es auf der Lagune einen Segelunfall gegeben hat, in dessen Verlauf Ihr Sohn offenbar vom Mastbaum getroffen über Bord gegangen ist. Nur dank der sofortigen Hilfe des Skippers eines entgegenkommenden Boots wurde er rechtzeitig aus dem Wasser gezogen. Der Mann hat ihn fallen sehen und ist sofort gesprungen. Ihre Tochter war an Bord und stand unter Schock. Sie hat kein Wort gesagt, aber eben hat sie die Schwester nach einem Glas Wasser gefragt. Wollen Sie mich begleiten?«
    Lucie folgte dem Arzt zu einem Krankenzimmer in einem anderen Stockwerk. Er warf einen kurzen Blick auf seine Patientin. »Sie schläft. Wenn Sie wollen, können Sie hier warten, bis sie wieder aufwacht«, sagte er, bevor er das Zimmer im Eilschritt wieder verließ. Lucie näherte sich dem Bett auf Zehenspitzen.
    Joanne lag regungslos da. Sie war mindestens so bleich wie das Kissen, auf dem ihr Kopf ruhte. Die Augen hatte sie geschlossen.
    Lucie setzte sich auf einen Stuhl, griff vorsichtig nach Joannes Hand und streichelte sie. Ihre Tochter rührte sich nicht. Sie schien zu schlafen. Wie hatte dieses Unglück bloß geschehen können? Das fragte sich Lucie in ihrer Verzweiflung wieder und immer wieder. Man hatte ihr am Telefon gesagt, sie solle schnell ins Hospital kommen. Es hätte einen Unfall gegeben. Mehr nicht. Harakeke war gerade bei ihr gewesen. Lucie hatte sie gebeten, zu Hause zu bleiben, um Tom mit einem Würfelspiel abzulenken. Auf keinen Fall hatte er davon erfahren sollen. Halten Sie jede Aufregung von ihm fern. Diese Worte des neuen Doktors klangen Lucie auch in diesem Augenblick in den Ohren. Wie aber sollte sie das Unglück nur vor ihm geheimhalten? Er würde sich doch wundern, wenn seine Kinder an diesem Tag beide nicht nach Hause kämen. Hauptsache, Tommy überlebt, dachte Lucie bang und plötzlich war alles wieder präsent: ihr Vater und sein erbarmungsloser Fluch. Hatte er wirklich die Macht, ihr auch noch das letzte Kind zu nehmen? Lucie ließ Joannes Hand los und ballte die Fäuste. Nein, nein, ein weiteres Mal besaß der alte Häuptling diese tödliche Kraft nicht! Niemals!
    »Und die Ahnen haben sich längst mit mir versöhnt und mir das Pakeha-Leben verziehen«, murmelte sie entschlossen.
    »Was hast du gesagt?«, hörte sie Joannes Stimme wie von ferne fragen.
    Lucie hob den Kopf. »Nichts mein Kind, ich habe nur gebetet, dass ihr bald wieder gesund werdet.«
    »Mutter, was ist geschehen? Warum liege ich in diesem Bett, und warum weinst du?«
    Lucie zuckte zusammen. Joanne hatte offenbar keinerlei Erinnerung an das Geschehen. Dabei hatte Lucie so sehr gehofft, von ihr zu erfahren, wie Tommy, der erfahrene Segler, über Bord hatte gehen können.
    »Kannst du dich entsinnen, dass Tommy und du, dass ihr auf der Lagune gesegelt seid?«
    Joanne legte ihre Stirn in Falten. Sie versuchte sich zu erinnern. Dunkel erschien ein Bild vor ihrem inneren Auge: Tommy und sie sind auf dem Wasser … Sie holt sich Gurken aus einem Glas mit Mixed Pickles … Ihr Bruder redet auf sie ein, seine Miene ist ernst. Er stellt ihr unangenehme Fragen … Was geht es ihn an, ob sie John Clarke liebt? Da war noch etwas … Er weiß von Bertram … Joanne konnte sich gerade noch beherrschen bei dem, was in diesem Augenblick aus dem Nebel der Verdrängung in aller Klarheit auftauchte, nicht laut aufzuschreien. Und sie fasste blitzschnell einen Entschluss.
    »Nein, Mutter, sosehr ich auch darüber nachdenke, ich weiß nicht, was geschehen ist. Ich weiß, dass wir auf der Lagune waren und dass der Wind plötzlich auffrischte. Und dann ist da nichts als Leere, bis ich hier in diesem Bett aufgewacht bin. Sag, weißt du etwas?«
    »Nur, dass ihr einen Unfall hattet und dass Tommy über Bord gegangen ist.«
    Joanne schlug ihre Hände vors Gesicht. »Ist er ertrunken?«, schluchzte sie.
    »Nein, sie haben ihn rechtzeitig aus dem Wasser gezogen, aber er muss den Mastbaum mit voller Wucht an den Kopf bekommen haben.«
    In Joannes Hirn arbeitete es fieberhaft. Sie schwankte zwischen Erleichterung und Panik. Was, wenn Tommy erzählen würde, wer schuld an dem Unglück war? Egal, Hauptsache er lebt, redete sie sich gut zu. Ich werde ihn anflehen, mein Geheimnis für sich zu

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