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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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fallen. Sie war schockiert. Wie redete Tante Joanne mit ihrer Mutter und wie konnte sie von ihr verlangen, dieses Amulett zu entsorgen?
    Lucie war blass geworden. Schützend verbarg sie das Ornament aus Greenstone in ihrer Faust.
    »Warum tut sie das?«, fragte Eva fassungslos.
    »Weil er es getragen hat!«, erwiderte Lucie und schien durch Eva hindurch in die Ferne zu blicken. »Er trug ein Hei-tiki und war tätowiert!«
    Eva räusperte sich, aber dann schluckte sie ihre neugierige Frage, von wem hier die Rede war, hinunter.
    »Du wirst bald erfahren, von wem meine Tochter sprach«, versprach Lucie. So als könnte sie Evas Gedanken lesen.
    »Ich dachte, du freust dich, weil deines doch wahrscheinlich damals beim Brand zerstört worden ist«, entgegnete Eva.
    »Nein, wurde es nicht, aber das ist eine lange Geschichte«, murmelte Lucie. »Magst du mich wohl in mein Zimmer begleiten?«, fügte sie hinzu.
    »Gern, dann bleibe ich bei dir, und du kannst mir deine Geschichte weiterdiktieren«, erwiderte Eva hastig. »Ich glaube, ich habe hier nichts mehr verloren.« Sie warf einen verstohlenen Blick hinüber zu der kichernden Margret, der Adrian just in diesem Augenblick eine Kette um den Hals legte. Eva zuckte zusammen. Diese Geste sagte alles!
    Lucie folgte ihrem Blick. Während sie sich mühsam von ihrem Sessel erhob, sagte sie streng: »Das kommt gar nicht in Frage. Du wirst hier noch gebraucht. Nachher wird getanzt, und da wirst du nicht bei einer alten Dame hocken.« Noch immer hielt sie das Amulett fest in der Hand. »Und das hier, das werde ich behalten. Worauf du dich verlassen kannst!«
    Eva hatte Lucie gerade untergehakt, als Daniel auf sie zutrat. Er strahlte über das ganze Gesicht. »Danke, Eva, ich habe gerade deinen Zettel gelesen. Ich bin so froh, dass wieder alles in Ordnung ist zwischen uns. Schenkst du mir einen Tanz?«
    Eva erwiderte sein Lächeln.
    »Ich bringe jetzt Großmutter Lucie ins Bett und danach ganz bestimmt!«
    »Gut, ich nehme dich beim Wort …«
    »Daniel, du bist ein Schatz, was für ein wunderschönes Armband«, krähte Berenice dazwischen und stürzte sich Daniel in die Arme.
    »Siehst du! Tanz mit ihm! Du kannst diesen ganzen Abend nicht für ein altes Weib wie mich verschwenden. Aber pass auf«, Lucie wandte den Kopf in Richtung Adrian und Margret, »die junge Lady geht zum Angriff über.«
    »Wie meinst du das?«, presste Eva unwirsch heraus, während sie knallrot anlief.
    »Das weißt du ganz genau, aber glaube mir, das Herz setzt sich immer durch! Und mein Enkel mag dich mehr, als du glaubst!«
    Eva stöhnte auf. »Und warum legt er Margret gerade den Arm um die Schulter und schenkt ihr Schmuck?«
    »Weil er ein Mann ist und nicht merkt, dass sie ihm schmeichelt, weil sie ihn will. Und er noch glaubt, sie stehe wie eine kleine Schwester zu ihm!«
    Eva wandte den Blick rasch von Adrian und Margret ab. In der Tür stellte sich Tante Joanne Eva und Lucie in den Weg. In der Hand hielt sie einen Brief.
    »Du willst schon gehen, Mutter«, fragte sie empört. »Das ist aber nicht höflich.«
    »Bestimmt höflicher als das, was du soeben gesagt hast, mein liebes Kind«, entgegnete Lucie spitz. »Bitte entschuldige mich bei den Gästen. Mir ist nicht gut. Die Weihnachtsgans liegt mir schwer im Magen.«
    Tante Joanne schüttelte den Kopf, bevor sie Eva den Brief überreichte. »Er ist schon vorgestern gekommen, aber ich dachte, es wäre eine gelungene Weihnachtsüberraschung. Er ist aus Kalifornien.«
    Eva starrte wie betäubt auf den Absender. Sosehr sie sich auch über eine Nachricht freute, sosehr beunruhigte sie der Absender. Der Brief kam nämlich nicht von ihrem Vater, sondern von ihrem Bruder Hans.



N APIER , 25. D EZEMBER 1930
    Nachdem Eva Lucie ins Bett gebracht hatte, war sie den langen Gang zu ihrem Zimmer beinahe gerannt. Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als sie den Umschlag aufriss. Auch der Brief stammte von ihrem Bruder. Das erkannte sie sofort an der Schrift. Sie setzte sich, denn ihre Knie zitterten. Seit Tante Joanne ihr den Brief ausgehändigt hatte, war sie zutiefst beunruhigt. Doch es half alles nicht. Sie setzte sich auf die Bettkante und begann zu lesen.
    Liebes Schwesterherz,
    ich weiß gar nicht, wie ich es dir schonend beibringen kann, hast du doch sicher Mutters Tod noch gar nicht überwunden. Vater war nach der Nachricht von ihrem Tod nicht mehr der Alte. Er hat sie von Herzen geliebt. Aber darüber hat er mit mir nicht gesprochen. Ich habe es nur gemerkt. Er

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