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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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war mit den Gedanken in den letzten Tagen stets woanders. Ach, meine liebe Eva, könnte ich es dir bloß ersparen. Vater lief wie ein Schlafwandler durch die Gegend, und so überquerte er auch die Straßen. Und hier gibt es viel mehr Automobile als zu Hause. Und erinnerst du dich noch, wie er immer wieder versicherte, so ein Ungetüm käme ihm nicht ins Haus? Er ist in ein solches Auto gerannt. Gelitten hat er nicht. Er war sofort tot …«
    Eva las den Satz viele Male, bis sie seinen Sinn vollständig erfasste. Sie wollte weinen, aber sie war wie erstarrt. Stattdessen fuhr sie fort, den Brief zu lesen.
    Was würde ich darum geben, dich in den Arm nehmen und dich trösten zu können. Nun haben wir nur noch uns. Aber bei aller Sehnsucht, die ich nach dir habe, ich kann dich nicht nach Kalifornien holen. Das Geld würde reichen, das ist allerdings kein Leben für dich. Ich arbeite nicht auf einem Weingut, sondern auf dem Bau. Überall sind nur Männer. Auch in der Unterkunft. Ein raues Völkchen. Nichts für dich. Bitte bleib bei Tante Joanne in Neuseeland! Ich verspreche dir, ich werde nachkommen, sobald ich genügend Geld zurückgelegt habe, um mir dort eine Existenz aufzubauen. Ich weiß, dass die Neuseeländer ungern deutsche Einwanderer nehmen, aber da wir dort Familie haben, kann ich es möglich machen. Ich möchte nicht mehr nach Hause zurück, wo mich alles an die Eltern erinnern würde. Und ich teile Vaters Optimismus auch nicht, was unser Weingut angeht. Ich werde es verkaufen lassen, auch auf die Gefahr hin, dass ich weniger dafür bekomme, als es wert ist, weil ich mich auf die Leute in Badenheim verlassen muss. Das Geld bringe ich auch mit, wenn ich komme. Ich glaube, wir tun gut daran, dort zu leben. Ich habe nämlich einen Freund aus Neuseeland, der Tag und Nacht von seinem Land schwärmt und betet, dass er möglichst bald genügend Geld zusammen hat, um sich eine kleine Farm zu kaufen. Ich nehme dich in den Arm, kleines Schwesterchen, und schwöre dir: Uns kann nichts trennen. Spätestens in einem Jahr bin ich bei dir!
    Eva ließ den Brief sinken. Sie konnte ohnehin nichts mehr erkennen, denn nun liefen ihr die Tränen in Sturzbächen die Wangen hinunter. So sehr, dass die Tinte teilweise verschmierte. Es war so viel auf einmal, was sie nun zu verarbeiten hatte. Der Tod des Vaters traf sie schwer. Sie konnte es kaum fassen, dass sie binnen weniger Wochen zur Vollwaise geworden war. Und dann die Entscheidung von Hans, dass ihre neue Heimat Neuseeland sein sollte. Was, wenn sie ihm schrieb, wie es in diesem Haus wirklich zuging? Auch seine Vorstellung von der guten Tante Joanne entsprach ganz und gar nicht der Realität. Eva würde nicht ihre Hand dafür ins Feuer legen, dass sie in Freudentränen ausbrach, wenn sie von Hans’ Plänen erfuhr. Für sie war sie doch nur eine arme Verwandte, die vorübergehend im Haus wohnte. Aber so, wie es jetzt aussah, musste sie wohl oder übel auf unbestimmte Zeit hier leben. Oder sich eine Arbeit suchen und Geld verdienen. Wenn sie sich allein vorstellte, das Geturtel zwischen Margret und Adrian noch länger ertragen zu müssen …
    In dem Augenblick pochte es an ihre Tür. Ihr blieb förmlich das Herz stehen. Was, wenn er es war?
    »Herein!«, rief sie mit heiserer Stimme.
    Daniel steckte seinen Kopf zur Tür hinein. »Ich wollte fragen, was mit dem Tanz …« Er unterbrach sich hastig und stürzte auf sie zu. »Eva, was ist geschehen? Du weinst ja!«
    Er setzte sich zu ihr auf die Bettkante und legte seinen Arm um ihre Schulter. Eva lehnte den Kopf an seine Brust und schluchzte hemmungslos auf.
    »Was ist los? Wer hat dir etwas getan? Was …« Da entdeckte er den Brief. »Schlechte Nachrichten?«
    Eva nickte und hob den Kopf. Aus verquollenen Augen sah sie ihn traurig an.
    »Mein Vater ist in Kalifornien verunglückt.«
    »Oh, das tut mir leid«, erwiderte er. »Wirst du jetzt abreisen?«, fügte er in bangem Ton hinzu.
    »Nein, ich bleibe in Neuseeland. Mein Bruder möchte, dass wir nicht nach Deutschland zurückkehren. Er wird nachkommen und sich hier eine Existenz aufbauen.«
    Eva sah ihm an, dass ihn dieser Teil der Nachricht erfreute. Er nahm sie fest in den Arm.
    »Ich weiß gar nicht, ob ich hierbleiben möchte. Sie sind zwar alle nett zu mir, aber dies ist kein wirkliches Zuhause für mich. Wenn, dann müsste ich lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Ich sollte mir eine Arbeit suchen …«
    »… oder mit mir nach Wellington kommen …« Weiter kam er

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