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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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mit der Hebamme zu besprechen. In ihrem Bauch ballte sich ein Klumpen zusammen. Ihr war nicht wohl. Sie hatte Angst um ihr Kind, das nicht aufhörte zu schreien. Schließlich nahm es doch ihre Brust und beruhigte sich wieder. Nachdem Lucie das Kind in die Wiege zurückgelegt hatte, streckte sie sich noch einmal auf ihrem Bett aus und schlief sofort erschöpft ein.
    Sie wachte von ihrem eigenen Schreien auf. In dem Augenblick, als ihr Vater ihr das Kind aus den Armen reißen wollte und sie in das vor Angst verzerrte Gesicht des Kleinen blickte: Ihr Kind hatte die Gesichtszüge ihres Vaters und dessen Hautfarbe!
    »Um Himmels willen, Misses Bold, was ist mit Ihnen?« Das war die besorgte Stimme der Hebamme. Erschrocken riss Lucie die Augen auf. Miss Benson strich ihr beruhigend über die verschwitzte Stirn.
    »Mein Kind«, keuchte Lucie. »Er will mir mein Kind nehmen!«
    »Misses Bold, es ist alles in Ordnung. Ich hole Ihnen den Kleinen.«
    Die Hebamme war mit einem Satz bei der Wiege und kam mit Little Tom im Arm zurück.
    »Sehen Sie nur, er ist ganz friedlich.«
    Lucie aber wandte ihr Gesicht ab. Sie traute sich nicht hinzusehen. Was, wenn er über Nacht ein Maori geworden war?
    »Was ist mit seiner Hautfarbe?«, fragte sie mit bebender Stimme.
    »Nichts, Misses Bold, er hat herrliche rosige Wangen …«
    »Ist er dunkel?
    »Aber, Misses Bold, nein, er hat nichts von Ihrem samtenen Teint geerbt. Er ist weiß wie der Schnee.«
    Zögernd drehte sie den Kopf und riskierte einen Blick auf ihren Sohn. Ein erleichtertes Lächeln erhellte ihr Gesicht. Little Tom sah aus wie bei seiner Geburt. Er war Tom so ähnlich! Lucie streckte die Hände nach ihm aus und Miss Benson legte ihr das Baby in den Arm. Lucie drückte ihn zärtlich an sich. Nein, es war alles nur ein dummer Traum gewesen. Ihr Vater konnte weder ihr noch dem Kind etwas anhaben, denn er lag in seinem kühlen Grab unter dem Vorratsraum. Und selbst, wenn das Kind nach ihr gekommen wäre, auch damit würden Tom und sie zurechtkommen. Bislang hatte noch keiner in Napier durchblicken lassen, dass er sie für eine Maori hielt, wenngleich es wahrscheinlich stadtbekannt war. Aber selbst wenn sich alle die Mäuler zerrissen, es war doch völlig gleichgültig … Hauptsache, die Kinder waren gesund.
    Das Klingeln an der Haustür riss sie aus ihren Gedanken.
    »Darf ich Sie bitten, einmal nachzusehen? Mein Mann ist draußen im Weinberg.«
    »Natürlich, Misses Bold.«
    Die Hebamme kam kurz darauf allein zurück ins Zimmer und flüsterte: »Dort draußen ist eine Frau, die mit ihrem Mann weiter oben in der Straße ein Haus gebaut hat. Sie will Ihnen einen Antrittsbesuch machen. Soll ich ihr sagen, dass Sie noch zu schwach sind, Besuch zu empfangen?« Sie sagte das in einem merkwürdigen Ton, der Lucie aufhorchen ließ.
    »Warum? Ich freue mich über eine Abwechslung …«Lucie senkte die Stimme. »Und gegen eine Freundin in der Straße habe ich eigentlich nichts einzuwenden.«
    Die Hebamme beugte sich vertraulich über Lucies Bett. »Es ist keine normale Nachbarin, wie Sie denken. Sie ist … eine Maori.«
    Lucie fuhr hoch. Sofort fing das Baby auf ihrem Arm zu schreien an. Lucie gab ihm die Brust, und es beruhigte sich wieder.
    Lucies Augen funkelten vor Zorn. »Sie sagen das so abfällig! Dazu haben Sie kein Recht …«, schnaubte sie, und ohne lange zu überlegen, schob sie trotzig hinterher: »Ich bin auch eine Maori!«
    Miss Bensons Augen wurden zu Schlitzen. »Ich habe mir so etwas gedacht, aber Sie leben mit Mister Bold in einer anständigen Ehe, und man sieht es nicht auf den ersten Blick! Über die Dame da zerreißen sich die Leute hingegen das Maul.«
    »Wären Sie jetzt bitte so freundlich, meinen Besuch ins Schlafzimmer zu bitten!«, befahl Lucie in schneidendem Ton.
    »Wie Sie wollen, aber ich habe Sie gewarnt. Wenn Sie ebenfalls ins Gerede kommen wollen. Bitte!«
    Lucie ließ sich in ihre Kissen zurückgleiten. Sie war sich nicht sicher, ob sie besonders klug gehandelt hatte, wusste man doch von Miss Benson, dass sie die größte Tratschtante von ganz Napier war.
    »Die Tür dort rechts ist es!«, hörte Lucie die Hebamme im Flur fauchen. Und schon trat eine Frau ein, deren Erscheinen Lucie zu einem Freudenschrei veranlasste.
    »Harakeke!«
    Die Maori schlug die Hände vor den Mund. Dann ließ sie die Arme sinken und stammelte immer nur: »Du bist Misses Bold? Ahorangi, du? Mein Schwesterherz?« Sie trat näher ans Bett und musterte abwechselnd voller

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