Die Maori-Prinzessin
von Misses Dorson behandeln lässt!«
Lucie holte tief Luft und forderte Harakeke in der Sprache ihrer Ahnen auf, damit aufzuhören und mitzukommen, was diese schließlich auch tat.
»Wo ist der Doktor?«, fragte Tom, als sich Harakeke schließlich unwirsch über ihn beugte. Sie aber blieb ihm eine Antwort schuldig und drehte ihn mit einem einzigen Griff zur Seite. Tom schrie auf. »Wollt ihr mich umbringen?«
»Wenn Sie mich nicht meine Arbeit machen lassen, dann ja!«, entgegnete Harakeke schroff, während sie ihre Finger in Toms Lendenwirbel bohrte und gleich wieder losließ. »Besser?«, fragte sie.
Tom sah sie ungläubig an. »Ich, ja, ich kann mich wieder rühren.«
»Gut, dann stehen Sie auf. Stützen Sie sich auf.«
Tom tat, was Harakeke von ihm verlangte.
»Lucie, gehst du bitte vor und schlägst die Bettdecke auf!«, ordnete die Heilerin an. Lucie eilte voran zum Schlafzimmer, während Tom humpelnd und auf Harakeke gestützt folgte.
Stöhnend ließ sich Tom in die Kissen fallen. Er war blass um die Nase.
»Und du legst dich auch hin!«, befahl Harakeke.
»Aber, einer muss doch kochen und …«
»Ab ins Bett!«
»Ich werde jetzt drüben eine Tinktur anrühren, und dann kehre ich zurück und zaubere euch etwas zu essen.«
Zögernd folgte Lucie dem Befehl der Schwester und legte sich neben Tom. Sie lagen eine Weile stumm nebeneinander, nachdem Harakeke gegangen war, doch dann spürte Lucie, wie sich seine Hand in ihre schob.
»Verzeih mir, dass ich vorhin so schroff war. Ich hatte kein Recht, über deine Schwester zu urteilen, ohne sie zu kennen.«
»Schon gut, mir tut es leid, dass …«
Das Geschrei des Säuglings unterbrach Lucie. Sie richtete sich auf, ging zur Wiege und holte das Kind.
»Wir brauchen endlich einen Namen«, bemerkte Tom mit einem zärtlichen Blick auf Mutter und Kind.
Lucie nickte beipflichtend, während sie ihren Sohn liebevoll betrachtete.
»Tommy«, sagte sie leise.
»Wie bitte?«
»Dein Sohn wird Tommy heißen!«
»Das würdest du wirklich wollen?«
»Ja, mein Schatz«, flüsterte Lucie. »Aber nur, wenn Harakeke die Patin wird.«
»Erpresserin!«, lachte Tom. »Aber nur, weil deine Schwester heilende Hände besitzt!«
N APIER , 3. F EBRUAR 1931
Adrian zitterte vor Aufregung, als sie bei der Schule ankamen. Nicht nur, weil er an diesem Vormittag seine zweite Probestunde an der technischen Schule halten sollte, sondern auch, weil Eva und er auf dem Weg dorthin auf dem Standesamt gewesen waren. Die Idee war ganz spontan entstanden. Adrian war der Meinung, Eva müsse so schnell wie möglich einen einheimischen Namen bekommen. Sie hieß nun seit einer knappen halben Stunde Eva Clarke und strahlte vor Glück. Natürlich würden sie auch noch kirchlich heiraten und ein großes Fest geben, aber erst, wenn Lucie und Harakeke aus ihrer Sommerfrische in Meeanee zurückgekehrt waren. Eva brachte ihren Ehemann noch bis zur Eingangstür. Sie selbst hatte noch ein wenig Zeit. Ihr erster Unterrichtstag begann heute um elf Uhr. Um Viertel vor elf würde sie dann Amanda im Schwesternheim abholen. Natürlich war es nicht ihr Traum, Krankenschwester zu werden, aber was nützten ihr die Träume, Häuser zu entwerfen, wenn sie derart unrealistisch waren? Sie war dankbar, dass man sie überhaupt genommen hatte und dass sie einen Beruf ergreifen würde, in dem sie sicher eine Anstellung finden würde. Krankenschwestern wurden immer gebraucht.
»Wovon träumst du gerade, mein Eheweib? Dass ich dich noch einmal küsse?«, fragte Adrian verschmitzt und riss sie aus ihren Gedanken.
Eva lächelte. »Einmal noch!«
Adrian wollte sie gar nicht mehr loslassen. Drei Mal verabschiedete er sich von ihr. Und immer wieder zog er sie zu sich heran und küsste sie. »Machen wir nachher einen kleinen Turn mit der ›Tommy‹? Eine Runde Segeln?«, fragte er zärtlich.
»Segeln? Ich weiß doch genau, was du willst«, erwiderte sie mit gespielter Empörung.
»Natürlich, das ist mein gutes Recht. Noch nie etwas von der Hochzeitsnacht gehört, Misses Clarke? Aber wenn es beliebt, dann können wir stattdessen auch eine Runde schwimmen oder Karten spielen.«
Eva knuffte ihn liebevoll in die Seite.
»Kartenspielen. O ja! Dann komm ich mit! Hochzeitsnacht erst, nachdem wir in der Kirche waren«, lachte sie. »Hoffentlich ist das Meer nicht zu bewegt. In den letzten beiden Tagen herrschte ja ordentlich Wellengang dort draußen«, gab sie zu bedenken.
»Aber heute ist das Wasser wieder ruhig,
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