Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Marionette

Die Marionette

Titel: Die Marionette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
Vom Netzwerk:
Valerie vor Ärger das Blut in die Wangen trieb. Bevor jedoch einer von ihnen reagieren konnte, hatte bereits Lars Günther das Wort ergriffen. »Katja Rittmer ist keine Kriminelle«, sagte er und rückte seine Brille zurecht. »Aus ihrer Vita ergibt sich nicht
ein
Hinweis, dass sie zu Exzessen oder Sadismus neigt. Sie hat sich im Gegenteil immer durch ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein ausgezeichnet.«
    Schavan wollte etwas erwidern, doch diesmal war Valerie schneller. »Ich möchte Sie außerdem bitten, nicht zu vergessen, dass Katja Rittmer krank ist«, fügte sie kühl hinzu. »Niemand würde das in Frage stellen, wenn sie im Dienst für ihr Land am Körper und nicht am Geist versehrt worden wäre.«
    Schavan schürzte nachdenklich die Lippen. »Als ihre Anwältin müssen Sie das wohl so sehen«, sagte er schließlich.
    »Als ihre Anwältin habe ich noch ganz andere Aufgaben«, betonte Valerie und spürte Erics Blick auf sich.
    ***
    Calw, Deutschland
    Als die Maschine aus Berlin in Stuttgart landete, regnete es in Strömen in der baden-württembergischen Landeshauptstadt, und das Einsatzteam hastete eilig zu dem bereits wartenden Helikopter, der sie nach Calw bringen sollte. Mayer war seit Jahren nicht mehr in der Kreisstadt im Nordschwarzwald gewesen, und eine Welle von Erinnerungen stieg ungewollt in ihm auf, als der Hubschrauber eine knappe Viertelstunde später auf dem Gelände der Graf-Zeppelin-Kaserne oberhalb der Stadt landete. Es hatte sich kaum etwas verändert, seit er hier seine Ausbildung begonnen hatte. Er war vierundzwanzig gewesen, Oberleutnant bei den Fallschirmjägern mit einem abgeschlossenen Studium der Politikwissenschaften an der Universität der Bundeswehr in Hamburg, und besessen von dem Gedanken des Dienstes bei den Spezialkräften.
Facit Omnia Voluntas,
der Wille entscheidet, war schon damals das inoffizielle Motto des Kommandos gewesen – und Mayer hatte sehr schnell begriffen, warum. Dank seines eisernen Willens hatte er den Härten des Eignungsfeststellungsverfahrens standgehalten, als sein Körper schon längst aufgegeben hatte. Er sah sie wieder vor sich, die jungen Männer, die es nicht geschafft hatten, die zusammengebrochen waren, erinnerte sich an ihre Tränen der Enttäuschung, als sie ihre Sachen packten und zu ihren Einheiten zurückkehrten. In manchen Jahren hatten es nur fünf von hundert Bewerbern geschafft. Er war einer von ihnen gewesen und hatte damit auch einen Sieg über sich selbst errungen. Als er nach der dreijährigen Ausbildung in zehn verschiedenen Ländern und allen Klimazonen der Erde schließlich zu seinem ersten Einsatz aufbrach, war er siebenundzwanzig Jahre alt gewesen und seit zehn Jahren drogenfrei. »Ich wusste, dass du es schaffen würdest«, hatte Johannes Rieger damals nur gesagt. Rieger war nie ein Mann vieler Worte gewesen. Aber sein stolzer Blick war dem eines Vaters sehr nahegekommen. Mayer lächelte unwillkürlich bei der Erinnerung. Mehr als einmal hatte er sich in den vergangenen Jahren gefragt, was aus ihm geworden wäre, wenn nicht Johannes Rieger ihn damals mehr tot als lebendig von der Straße gelesen hätte. Der Kripobeamte hatte dafür gesorgt, dass er in eine Entzugsklinik kam, wieder zur Schule ging. Und er hatte ihn bei sich aufgenommen, als er erkannt hatte, dass Mayers Eltern in ihrem gutbürgerlichen Umfeld mit der Wildheit ihres Sohnes schlichtweg überfordert waren, nicht verstanden, aber auch nicht verstehen wollten, was passierte. Rieger hatte es geschafft, Mayers Ehrgeiz zu wecken, ihm gezeigt, wie es sich anfühlte, ein Ziel zu haben, und aus dem jugendlichen Junkie einen Heranwachsenden geformt, der seinen Hang zur Sucht in eine Begeisterung für den Sport und den eigenen Körper verwandelt hatte – eine Entwicklung, die Mayer vermutlich das Leben gerettet, jedoch auch zu einem andauernden Bruch mit seinen eigenen Eltern geführt hatte.
    Mit einem Ruck riss er sich von seinen Erinnerungen los. Der Regen prasselte auf die Dächer der Kasernengebäude und ließ die umliegenden Anhöhen des Schwarzwaldes im Dunst verschwinden. Er sah Valerie im Schutz eines Vordaches telefonieren und eilte auf den Eingang des nächsten Gebäudes zu. Im Vorraum schüttelte Schavan gerade die Regentropfen von seiner Jacke, bevor er sie aufhängte. »Katja Rittmer ist doch Elite-Soldatin«, sagte er, als er zusammen mit Mayer hineinging. »Aber soweit ich weiß, gibt es beim KSK keine Frauen im aktiven Dienst. Es heißt, sie seien den

Weitere Kostenlose Bücher