Die Marionette
hob sie die Hände vors Gesicht.
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17. Mai
Hamburg, Deutschland
E rste Obduktionsergebnisse ergeben, dass Vieths Tod nicht Folge des Unfalls war, bei dem der Wagen gegen einen Baum prallte«, berichtete Wetzel, als er in das Büro trat, das Eric Mayer im Polizeipräsidium für die Dauer ihres Aufenthalts in Hamburg zur Verfügung gestellt worden war. »In seinem Blut waren Spuren einer Substanz, die auf ein Nervengift schließen lassen, das zur Lähmung der Atemfunktion führt.«
Mayer runzelte die Stirn. »Es sollte wie Selbstmord aussehen.«
Wetzel nickte. »Unter normalen Umständen baut sich die Substanz so schnell ab, dass sie schon nach kurzer Zeit nicht mehr nachweisbar ist. Vieth hatte jedoch aufgrund einer Infektion Medikamente geschluckt, die den Prozess verlangsamt haben.«
»Wie ist das Gift injiziert worden?«
»Mit einer Impfpistole. Kann im Vorbeigehen passiert sein. Vieth muss es noch nicht einmal bemerkt haben.«
»War Katja Rittmer zum Zeitpunkt des Unfalls im Wagen?«
»Das Blut auf dem Armaturenbrett und der Windschutzscheibe war sowohl von Vieth als auch von ihr.«
Mayer lehnte sich müde zurück und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit Katja. Zusammen mit Vieth. Dabei kannte er sie, hätte vorhersehen müssen, dass sie auf eigene Faust ermitteln würde, sich einmischen. Eine Rückfrage beim Einsatzführungskommando in Potsdam hatte ergeben, dass sie vom Dienst freigestellt und ein Verfahren gegen sie eingeleitet worden war. Genaueres wollte man nicht mitteilen. Wie war sie an Vieth herangekommen, und was suchte sie in Hamburg? Hatte sie den Manager der Larenz-Werke getötet? Ohne ein weiteres Wort stand Mayer auf und verließ das Büro.
Katja Rittmer saß immer noch im Verhörraum, in den sie nach einer notdürftigen medizinischen Versorgung gebracht worden war.
»Warum bist du hier?«, fragte er sie.
Sie sah starr an ihm vorbei. Sie trug Handschellen, ihre Hände lagen reglos in ihrem Schoß. Über ihrem rechten Auge zog sich eine Platzwunde diagonal bis unter den Haaransatz. Ihre blonden Locken klebten an ihrem Kopf, verschmiert von Blut und Dreck.
»Du stehst unter Mordverdacht, Katja.«
Langsam, wie in Zeitlupe, wandte sie den Kopf und erwiderte seinen Blick. Sie verzog keine Miene. Er beugte sich vor, über den Tisch, der sie trennte, stützte seine Hände darauf und brachte sein Gesicht dicht an das ihre. »Wir haben heute Nacht Beweise dafür gefunden, dass Milan Vieth verantwortlich war für die Waffengeschäfte mit den Taliban«, sagte er sehr leise. »Kurz darauf finden wir ihn tot in seinem Wagen. Ein gut inszenierter Unfall. Und dann tauchst du in der Nähe des Tatorts auf, über und über mit seinem Blut bedeckt.« Er beugte sich noch näher zu ihr. »Ich will wissen, was passiert ist und für wen du arbeitest.«
Schweigend erwiderte sie seinen Blick. Das einzige Zeichen ihrer Anspannung war das kaum merkbare Spiel ihrer Kiefermuskeln.
Oliver Schaar erwartete ihn bereits im Nebenraum. »Was meinen Sie?«, fragte er.
»Führen Sie sie dem Haftrichter vor«, antwortete Mayer lediglich.
»Glauben Sie, dass sie unter dem Eindruck der Untersuchungshaft ihren Widerstand aufgibt?«
»Nein, aber wir müssen sie eine Weile aus dem Verkehr ziehen.«
Schaar sah ihn fragend an.
»Katja Rittmer war in Afghanistan.«
Mayer konnte beobachten, wie Schaar eins und eins zusammenzählte. »Sie weiß Bescheid«, konstatierte der Staatsanwalt.
Mayer nickte. »Aber sie konnte nicht wissen, dass Vieth verantwortlich war. Wir müssen herausfinden, wie sie an die Information gekommen ist.«
»Glauben Sie, dass Rittmer im Auftrag gehandelt hat?«
»Ich weiß es nicht.« Mayer räusperte sich. »Ich habe den Krisenstab in Berlin bereits über Vieths Tod informiert. Es wurde der ausdrückliche Wunsch geäußert, dass wir den Vorfall offiziell als Selbstmord behandeln.«
Schaar sah ihn ungläubig an. »Auch gegenüber der Familie?«
»Auch gegenüber der Familie.«
»Aber …«
»Meine Behörde hat bereits alles vorbereitet«, Mayer ließ den Staatsanwalt gar nicht erst zu Wort kommen. »Ich werde seine Frau nachher persönlich aufsuchen und ihr den Abschiedsbrief ihres Mannes überbringen.« Er sah Schaar ernst an. »Ich vertraue darauf, dass Sie einen Haftrichter finden, der sich in Bezug auf Katja Rittmer kooperativ zeigt. Wir können keine weiteren Komplikationen brauchen.«
Schaar zog eine Braue hoch. »Ein
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