Die Marionette
sich Richtung Ausgang zu bewegen. Verdammt, wie lange brauchte die Polizei? An der Tür zum Festsaal bemerkte Valerie Marc.
»Katja, ich kann Ihnen helfen, auf legalem Weg auf die Missstände aufmerksam zu machen. Wir arbeiten mit einem Journalisten zusammen, der …«
»Gehen Sie wieder rein, Valerie.« Katja war weder laut noch hektisch. Sie wusste genau, was sie tat. Und sie machte es nicht zum ersten Mal.
Draußen ertönte ein Martinshorn. Katja setzte ihren Weg unbeirrt fort. Bender war gezwungen, neben ihr herzustolpern. Jetzt allmählich begriffen die anderen Anwesenden im Foyer, dass etwas nicht stimmte. Ein Raunen ging durch den Raum, Geschirr fiel klirrend zu Boden, als einige der Gäste aufsprangen und zurückwichen, und Katja ihre Tarnung fallen ließ. Eine Frau schrie beim Anblick der Waffe auf, der Angestellte hinter der Rezeption griff nach dem Telefon, aber ein Blick von Katja genügte, und er legte den Hörer wieder auf. Valerie stand wie versteinert mitten in der Empfangshalle. Der Portier stellte sich Katja in den Weg, sie zielte, schoss, und die gläserne Eingangstür fiel mit lautem Klirren in Tausenden kleinen Scherben in sich zusammen. Der Portier stürzte. War er getroffen? Draußen wartete ein Taxi. Hilflos musste Valerie zusehen, wie Katja Bender in den Wagen stieß, ebenfalls einstieg und die Tür zuschlug. Im nächsten Augenblick war das Fahrzeug verschwunden.
Valerie rannte zur Tür, beugte sich über den Portier, der anscheinend mit dem Schrecken davongekommen war. »Haben Sie sich das Kennzeichen gemerkt?«, stieß sie hervor.
Leichenblass schüttelte er den Kopf. »Tut mir leid, ich war völlig überrumpelt …«
Ein Streifenwagen hielt vor dem Eingang des Hotels. Polizisten sprangen heraus, die Dienstwaffe bereits in der Hand. Valerie setzte die Männer mit knappen Worten ins Bild, dann eilte sie zurück in den Festsaal. Sie musste Eric informieren, was geschehen war. Die Musik spielte. Die Gäste tanzten. Gelächter. Gläserklirren. Niemand hatte bemerkt, was geschehen war. Juliane Bender unterhielt sich angeregt mit Maria Vombrook. Valerie griff nach ihrer Tasche und kramte ihr Handy heraus. Ihr Blick streifte Juliane. »Wir müssen mit ihr sprechen«, sagte sie zu Marc, der ihr nicht von der Seite wich.
»Nicht hier«, erwiderte er kurz.
Valerie nickte. Das Telefon bereits am Ohr, verließ sie den Saal in Richtung der Toiletten. »Eric? Hier ist Valerie. Katja hat Bender entführt.«
»Wann?«
»Vor fünf Minuten.« Mit wenigen Worten schilderte sie ihm das Geschehen.
»Ich kümmere mich sofort darum«, sagte er. »Du hörst von mir.« Dann war die Verbindung unterbrochen. Das Mobiltelefon wog plötzlich schwer in ihrer Hand.
***
Hamburg, Deutschland
Katja blickte nicht zurück. »Fahren Sie ganz normal weiter«, hatte sie dem Taxifahrer gesagt. Es waren Hunderte dieser beigefarbenen Fahrzeuge in der Stadt unterwegs, und Katja baute darauf, dass sich der Portier das Kennzeichen nicht gemerkt hatte. Eine Funkanfrage kam herein. Der Taxifahrer blickte nervös in den Rückspiegel. Er war Afrikaner. Das Weiß seiner Augen leuchtete im Dunkeln. »Antworten Sie«, befahl Katja. »Sagen Sie der Zentrale, dass Sie eine längere Fahrt haben und keine weiteren Kunden abholen können.«
Bender war bewusstlos. Sie hatte ihm die Hände mit einem Kabelbinder hinter dem Rücken fixiert. Er hatte um sich geschlagen, sobald sie im Taxi gesessen hatten, hatte versucht, die Tür aufzureißen und zu fliehen, worauf sie ihn mit einem Handkantenschlag außer Gefecht gesetzt hatte.
Der Fahrer ließ das Taxi vor einer roten Ampel ausrollen. Seine Hände umfassten das Lenkrad, so, wie sie es ihm gesagt hatte. »Ihnen wird nichts passieren, wenn Sie meine Anweisungen befolgen«, hatte sie ihm erklärt. Er sprach nicht wirklich gut Deutsch, aber er hatte sie verstanden. Katja hielt die entsicherte Waffe noch immer in der Hand. »Fahren Sie da vorne rechts«, sagte sie.
Der Fahrer setzte den Blinker, ordnete sich ein. Sie bogen in eine kleine, von Bäumen gesäumte Wohnstraße, in der um diese Zeit nur wenig Verkehr war. Vor einer Ladenzeile war eine Bushaltestelle. »Halten Sie dort und stellen Sie den Motor ab.«
Sie zog die Druckspritze aus der Tasche, setzte sie am Hals des Fahrers an. Er zuckte zusammen, doch das Betäubungsmittel wirkte sofort. Langsam rutschte er nach vorn und sackte mit dem Kopf gegen das Lenkrad. Sie richtete ihn wieder auf und vergewisserte sich, dass die Straße
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