Die Marketenderin
von ihrem nassen Gesicht, streichelte ihre Brüste, ihren Bauch. Leise sog er den Atem ein, als sich ihre Beine bei seiner Berührung öffneten. Vorsichtig, als wäre sie zerbrechlich, bedeckte er ihren Körper mit seinem.
Ich sterbe, dachte Juliane nur, ich sterbe und ich habe nie gewußt, wie schön das ist. Heiße Wellen durchfluteten sie, drangen in jede Zelle ihres Körpers, kitzelten jeden Nerv, wogten hinauf zu den Haarwurzeln und hinab zu den Zehenspitzen. Sie öffnete die Augen, sah seine Wimpern leise zittern und küßte ihn voller Dankbarkeit auf den halb geöffneten Mund, aus dem sein Atem stoßweise kam. Er drückte sie noch einmal fest an sich, ließ sie dann los und rollte sich auf den Rücken.
»Wo bin ich?« fragte er heiser.
»Am Ende der Welt«, stöhnte sie und strich sanft über die Narbe auf seiner Stirn.
»Woher stammt die?«
Als er begriff, was sie meinte, wurde ihm siedendheiß. Er sah ihren Blick und konnte sie nicht belügen. »Von einem Duell«, murmelte er. Juliane rückte ein wenig von ihm ab.
»Die Frau war verheiratet?« fragte sie scharf.
»Julischka?« hörten sie von fern Matthäus rufen und Johannes war der Antwort enthoben.
Hastig setzte sich Juliane auf und ordnete ihre Kleidung.
»Ich bin schwanger, duelliere dich also nicht mit meinem Mann!« fuhr sie Johannes noch an und stürzte vor die Hütte. Der regte sich nicht, dachte nur, daß er lieber von Matthäus erschossen werden würde als einen Finger gegen ihn zu erheben. Zum ersten Mal war er froh über den Standesunterschied, der ein Duell mit dem Unteroffizier unmöglich machte.
»Schau mal, was ich hier habe!« rief Matthäus triumphierend. An einem Tau zog er ein widerstrebendes kleines Kalb den Berg hinauf. Aufgeregt berichtete er, wie ein streifender Trupp Kosaken vom kaiserlichen Hauptquartier eine kleine Herde von Schafen und Kälbern erbeutet hatte und es ihm gelungen war, eines der Tiere zu ergattern.
»Hat Johannes dich nicht gefunden?« fragte er.
»Doch«, erwiderte Juliane und deutete auf die Steinhütte. Matthäus preßte die Lippen aufeinander. Er sah das gerötete Gesicht seiner Frau, das gelöste Haar, die verrutschte Kleidung. Ein Stich fuhr ihm ins Herz. Er schaute weg, konnte den Anblick seiner Frau nicht ertragen.
»Aber wo ist sein Pferd – und unseres?« fragte er tonlos.
»Ich weiß nicht. Vielleicht gestohlen«, sage Juliane matt. Sie konnte ihrem Mann nicht ins Gesicht sehen, spürte, wie die schwere Last des Verrats sie niederduckte. Sie lebte, aber das Glücksgefühl war verschwunden. Sie hatte ihren vielen Sünden eine weitere große, nicht zu vergebende hinzugefügt.
Ich muß was tun, ich muß was tun, dachte Matthäus nur und schlug dem Kalb mit einem Säbelhieb den Kopf ab. Ohne sie anzusehen forderte er Juliane auf, ihren Wagen näher heranzuziehen.
»Der nutzt uns doch nichts mehr, kann uns höchstens noch zum Feuermachen dienen«, sagte er.
Aus den Augenwinkeln sah sie Johannes die Hütte verlassen. Er vermied es, sie anzusehen. Mit einer Axt, die ihm Matthäus reichte, hieb er den Wagen in Stücke.
»Die Pferde sind weg«, murmelte sie ihm zu, aber er reagierte nicht.
»Felix hast du nicht gesehen?« fragte er Matthäus. Der schüttelte den Kopf.
»Ich habe die Württemberger zwar gefunden, aber wir können nicht mit ihnen über die Brücke gehen, sondern müssen es auf eigene Faust versuchen. Jeder ist sich selbst der nächste, hat man mir gesagt.«
Alle drei sahen hinunter ins Flußtal, wo sich im fahlen Licht der untergehenden Sonne immer noch tausende von Menschen an den Brückenköpfen drängten. Die Verwirrung schien zugenommen zu haben, denn das Verderben lauerte schon längst nicht nur im eiskalten Strom. Die Kanonade war heftiger geworden und immer mehr Menschen fielen getroffen zu Boden, bevor sie die Brücken erreichten.
»Laßt uns bis morgen früh warten«, schlug Johannes vor und schürte das Feuer, auf dem das Kalb gebraten werden sollte.
Kaum war die Sonne untergegangen, als der Eiswind wieder aufkam und Schneegestöber mit sich führte. Juliane flüchtete in die Steinhütte, wo sie ein kleines Feuerchen und den letzten Rest ihres Branntweins bewachte, während die Männer Stücke vom halb garen Kalb herunterrissen.
Eingehüllt in ihre verlausten Pelzmäntel lehnten sich die drei gegen die Steinmauer und aßen schweigend das Fleisch, während draußen Sturm und Krieg tobten und Verzweiflungsschreie zu ihnen hinaufdrangen. Merkt Matthäus denn nichts,
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