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Die Marketenderin

Die Marketenderin

Titel: Die Marketenderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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ihn schlang. Jetzt ließ Johannes seinen Tränen freien Lauf.
    Generalmajor Eugen von Röder fand seine letzte Ruhestätte auf einem evangelischen Friedhof in Wilna. Die sechs Soldaten, die den einfachen Holzsarg trugen, weinten ungeniert und sogar der Sauve-Garde, die von Röder als edlen, aufrichtigen und um seine Männer besorgten Offizier kennengelernt hatte, standen Tränen in den Augen. Außer Gerter erwiesen dem Vater der Truppe nur noch drei württembergische Offiziere die letzte Ehre, da alle anderen der Ruhr entweder schon erlegen waren oder noch an der pestähnlichen Krankheit litten.
    Mit dem Tode dieses verdienten Mannes hörte auch die bisherige außergewöhnliche Unterstützung aus dem mittlerweile erschöpften Spitalfonds auf. Offiziere und Soldaten mußten ihre Ausgaben von dem mäßigen russischen Sold bestreiten, der ihnen als Kriegsgefangenen zustand.
    Felix kam auf die Idee, an die Kaiserinmutter Maria Federowna einen Bittbrief zu schreiben, und kurze Zeit danach überreichte der Gouverneur von Wilna, Fürst Korsakow, den Württembergern im Spital neben tausend Rubeln ein persönliches Handschreiben Ihrer Hoheit, in dem sie ihre weitere Unterstützung zusagte.
    Der Gouverneur brachte auch Nachrichten aus der Politik mit. Es werde gemunkelt, daß Preußen von Napoleon abfallen und sich wieder mit Rußland gegen den Franzosenkaiser verbünden wollte, sagte er. Außerdem habe er erfahren, wie die Schlußbilanz des russischen Feldzugs für Napoleons Truppen aussehe. Von den mehr als 600.000 Kriegern, sagte er, und Bedauern klang in seiner Stimme mit, wären nicht einmal mehr 20.000 Mann übrig.
    »Wobei die Franzosen selbst noch am besten davonkamen«, erklärte er, den Zorn seiner Zuhörer über Napoleon anfachend, »aber 200.000 Deutsche wurden geopfert, und die Württemberger sind dabei am schwersten betroffen.«
    Nach seinen Informationen waren von der einst 16.000 Mann starken Truppe nicht einmal mehr tausend übrig. Die russischen Kundschafter wußten auch von einem Brief König Friedrichs an Napoleon zu berichten, in dem er sich bei Napoleon darüber beklagte, daß er seine ganze Artillerie und Kavallerie verloren hätte, sowie 4000 Pferde, alle Waffen und von 378 Offizieren 200. Betroffen hörten sich die gefangenen Württemberger diese Nachrichten an.
    Wegen der sich unter den Württembergern ausbreitenden Seuche verfügte Fürst Korsakow, daß die Gesunden das Spital verlassen sollten. Jeder sollte sich für einen Dukaten monatlich eine Privatwohnung in der Stadt suchen.
    »Das ist ja schon fast so etwas wie Freiheit«, strahlte Johannes, als er Ende Januar Felix über diese neue Entwicklung informierte und sie zum ersten Mal ohne die Sauve-Garde vor die Spitaltür traten.
    »Heute ist Dienstag«, meinte Felix und als Gerter ihn verständnislos ansah, setzte er hinzu: »Die Generalin Zimmermann könnte uns bei der Quartiersuche behilflich sein.«
    Verblüfft starrte Gerter seinen Diener an. Er hatte in den vergangenen Wochen überhaupt nicht mehr an die schöne Erscheinung gedacht. »Felix, ich hoffe, daß dir die guten Ideen nie ausgehen werden«, erklärte er und wühlte in seiner Uniformtasche nach dem Kärtchen, das ihm Katharina von Zimmermann ausgehändigt hatte.
    Sie empfing Gerter mit den Worten: »Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt«, woraufhin er beinahe demütig erwiderte: »Was man von der Minute ausgeschlagen, gibt keine Ewigkeit zurück.«
    Sie zögerte einen Moment, sagte dann, bevor sie sich einem anderen Besucher zuwandte: »Und was die innere Stimme spricht, das täuscht die hoffende Seele nicht.«
    Welche Anmut, welche Grazie, welcher Geist, welche natürliche Selbstsicherheit, dachte er, als sie den badischen Offizier, dem einzigen anderen Gast im Raum, mit einem leichten Neigen des schlanken langen Nackens verabschiedete. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals, als sie dann nach dem Diener klingelte und ihm mitteilte, er möge sie bei weiteren Besuchern entschuldigen. Sie sei unpäßlich und könne niemanden mehr empfangen.
    »Dann ist es besser, wenn ich mich jetzt auch verabschiede«, erklärte Gerter eilig.
    Sie schüttelte lächelnd den Kopf. »Setzen Sie sich und lassen Sie Herrn Schiller unsere Unterhaltung weiter gestalten.« Erwartungsvoll sah sie ihn an.
    Gerter schloß für einen Moment die Augen. Leer bin ich, dachte er verblüfft, nichts fällt mir ein und sonst weiß ich doch in jeder Lage ein Zitat, das mir hilft.
    »Der Haß entzweite blutig beide Reiche, und

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