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Die Marketenderin

Die Marketenderin

Titel: Die Marketenderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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angedeihen ließen, verschlechterte sich sein Zustand. Stundenlang saß Johannes an seinem Bett, flehte den Gott seiner Kinderzeit an, Julianes Vater wieder gesund zu machen und schwor, in einem solchen Fall seinen Lebenswandel zu ändern.
    Eines Mittags schlug Felix seinem Herrn vor, sich die große Wachparade des Zaren anzusehen.
    »Sie müssen auf andere Gedanken kommen, Herr Oberleutnant. Und frische Luft haben, der Spitaldunst macht den Gesündesten krank.«
    »Schau's dir selber an«, schlug Johannes vor, aber Felix schüttelte den Kopf. »Zu gefährlich. Wenn mich nun jemand von früher erkennt?«
    »Da magst du recht haben.«
    Felix hatte sich in den vergangenen Jahren so gut in seine Dienerrolle eingelebt, daß auch Johannes immer wieder seine Vergangenheit vergaß. Aber es könnte Felix den Kopf kosten, wenn jemand in ihm den einstigen Kundschafter des Zaren erkannte.
    »Irgendwann wird sich deine Unschuld erweisen«, versicherte er ihm, ohne es selbst recht zu glauben.
    Felix betrachtete ihn amüsiert: »Aber dann kann man mir immer noch vorwerfen, daß ich zum Feind übergelaufen bin.«
    »Ich kann bezeugen, daß du lange vor dem Krieg zu mir gekommen bist.«
    Neugierig, den Russenkaiser aus der Nähe zu sehen, folgte Johannes Felix' Rat und begab sich zum großen Marktplatz, wo mehrere tausend Mann Garden vor ihrem Herrscher paradierten.
    Ein Offizier der Sauve-Garde wies auf das Gerüst, auf dem die wichtigen Herrschaften standen.
    »Der große, schlanke Mann ist unser Zar, sieht er nicht schöner aus als Napoleon?« fragte der Offizier stolz.
    »Und neben ihm steht Fürst Kutusow«, nickte Johannes und musterte die gedrungene, gebückte Gestalt. Selbst aus der Entfernung war zu erkennen, wie die ungeheuer wachen, leicht hervortretenden Augen das ernste von Falten durchzogene Greisengesicht belebten.
    »Aber wer ist der Mann mit dem stark gepuderten Kopf?« wollte er von seiner Begleitung wissen und deutete auf einen größeren Mann, dessen elegante Haltung es durchaus mit der des Zaren aufnehmen konnte.
    »Der Theaterdichter Kotzebue«, informierte ihn der Offizier mit offensichtlichem Respekt. »Einer der großen Gegner Napoleons, wie Sie sicher wissen.« Johannes war beeindruckt.
    Eine Kutsche hielt neben ihm an, als er mit der Leibwache zurück zum Spital gehen wollte. Die Tür wurde geöffnet.
    »Herr Oberleutnant, wie geht es Ihnen?« fragte eine klangvolle Stimme, die er sofort erkannte. Die Leibwächter traten respektvoll einen Schritt zurück.
    »Steigen Sie einen Moment zu mir in die Kutsche«, bat Katharina von Zimmermann, und als er dieser Bitte gefolgt war, wiederholte sie die Aufforderung, sie doch einmal zu besuchen. Sie drückte ihm ein duftendes Kärtchen mit ihrer Adresse in die Hand, nahm gnädig seinen Handkuß entgegen und verabschiedete sich mit den Worten: »Also, am nächsten Dienstag.« Johannes dachte an Eugens Warnung, aber auch daran, daß ein Mann übermenschliche Kräfte haben müßte, um einer solchen Dame zu widerstehen. Außerdem wäre es unhöflich, ihrer Einladung nicht nachzukommen, und gerade weil sie eine einflußreiche Frau war, mußte er sich ihrem Wunsch beugen.
    Doch als der Dienstag nahte, war jeder Gedanke an die Einladung ausgelöscht: Eugen von Röder lag im Sterben. Dr. Güntner machte Johannes keine Hoffnung mehr.
    »Er ist zu geschwächt, es wäre ein Wunder gewesen, wenn er die Ruhr überstanden hätte.«
    Der Generalmajor, der tagelang ohne Bewußtsein gewesen war, öffnete kurz vor seinem Tod noch einmal die fiebrigen Augen zur Hälfte und sah Johannes und Felix an seinem Bett sitzen. Seine Lippen bewegten sich leicht und Johannes beugte sich vor, um besser zu hören. Aber der Generalmajor war zu schwach, um sich verständlich zu machen. Die Augen schlossen sich und ein tiefer Seufzer entrang sich seiner Brust.
    »Er hat es überstanden«, sagte Dr. Güntner leise, der still ans Bett getreten war.
    Johannes stand auf, stellte sich ans Fenster und blickte hinaus, ohne etwas zu sehen. Ich habe meinen besten Freund verloren, weinte es in ihm.
    Eine lange Zeit verging und dann hörte er hinter sich Felix' leise Stimme: »Wissen Sie, was er als Letztes gesagt hat?«
    »Nein. Ich habe nichts gehört.«
    »Ich habe es von seinen Lippen abgelesen«, flüsterte Felix. »Assenheimerin …«
    Johannes wandte sich um, rutschte langsam an der Wand zu Boden und sah seinen Diener mit einem so verlorenen Blick an, daß dieser sich neben ihn setzte und seine Arme um

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