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Die Marketenderin

Die Marketenderin

Titel: Die Marketenderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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einem losen Mundwerk, hatte sich im Gegensatz zu Mössner freiwillig zu den Soldaten gemeldet.
    »Der Krieg kam mir wie gerufen!« hatte er zu Mössner gesagt. »Vor acht Wochen war Hochzeit und kaum habe ich ja gesagt, als meine Frau daheim schon das Kommando übernahm. Nein, mein Junge, heiraten, das ist schlimmer als der Hohenasperg, das sage ich dir!«
    Auf Mössners Frage, warum er dann überhaupt geheiratet habe, hatte er geantwortet: »Weil's Töchterle vom Weinbauern mich haben wollt!«
    Er lachte selbstgefällig und kniff ein Auge zu.
    »Da wär ich doch schön blöd gewesen, wenn ich nein gesagt hätte, nicht wahr? Geld wie Heu – Dutzende von Weinbergen hat der Herr Papa, jawohl, und eines Tages gehört's mir, und dann, Mössner, kommst mich besuchen und wir lassen zusammen den lieben Gott einen guten Mann sein und du wirst was zu saufen haben, was du dir nie erträumt hast.«
    Daß die Wirklichkeit anders aussah, hatte Ziegler schon beinahe vergessen. Er hatte lange vergeblich um Adelgunde geworben und sie erst heimführen können, als er mit seiner Unterschrift dem Schwiegervater seine gesamte Arbeitskraft geschenkt hatte.
    »Und sehnst du dich gar nicht nach deiner Frau?« fragte Mössner.
    »Wieso sich nach einer sehnen, wenn hunderte warten!« lachte Ziegler. »Du wirst sehen, Mössner, welchen Empfang uns die Weiber überall bereiten werden! Da gilt's auch manch einsames Frauchen zu trösten, deren Mann uns vorausmarschiert ist. Du wirst schon sehen!«
    Er sah tatsächlich, wie herzlich sie an den weinreichen Ufern der Tauber von den Franken aufgenommen wurden. Ganze Schinken, Brotlaibe, unzählige gebratene Hühner, Gläser mit Eingemachtem und Weinfässer wurden ihnen mitgegeben, schüchterne Frauen überreichten ihnen selbstgestrickte Socken und Pullover, weniger schüchterne boten sich manchem hübschen Kerl selber an.
    Juliane erstand in einem Städtchen eine halbe Ziegenherde zu einem überaus günstigen Preis.
    »Um die Tiere kannst du dich kümmern«, forderte sie Clärle auf, aber das Mädchen sperrte sich.
    »Bei der Tante habe ich im Haus gearbeitet, um das Vieh kümmerten sich die Männer«, murrte sie.
    Wenn sie nach Ziege stank, würde Georg vielleicht noch abweisender werden als er es ohnehin schon war. An die schönen Worte, die er ihr in Öhringen zugesäuselt hatte, wollte er sich nicht mehr erinnern. Seinetwegen konnte sie sich in Öhringen nicht mehr sehen lassen, hatte sie alles aufgegeben und setzte sich den Strapazen einer Reise aus. Ihm folgte sie durch fremde Gefilde und jetzt fuhr er sie nur noch an, ihn in Ruhe zu lassen. Vielleicht wäre es besser, wenn sie sich unterwegs nach einer anderen Stellung umsähe und wartete, bis Georg vom Feldzug zurückkehrte.
    Die Soldaten hatten ihr Nachtlager nahe dem Städtchen Rodach am Fuße des Thüringer Waldes aufgeschlagen. Wie immer saß Mössner am Abend beim Wein mit Franz Ziegler zusammen und sie malten sich aus, wie es sein würde, wenn sie dem ersten Russen begegneten und ihn furchtlos gefangennehmen oder niederschießen würden, wenn sie erstmals ihre Füße auf russischen Boden setzten und schöne Frauen dem Sieger zu Willen sein mußten. Letzteres schien vor allem Ziegler zu gefallen. Wie Rußland wohl aussah? Flach oder bergig? Und die Frauen?
    »Flach oder bergig?« fragte Ziegler und rieb sich die Hände.
    »Aber da wird man uns wohl nicht so gut aufnehmen«, bedauerte Mössner, den es sehr beeindruckt hatte, daß die armen Bauern in den Thüringer Bergen bereit gewesen waren, ihre mageren Vorräte mit der Truppe zu teilen. Männer, Frauen und Kinder würden darben müssen, weil sie die Truppe versorgt hatten.
    Mitten in der Nacht wachte Mössner mit dem Gefühl auf, daß irgend etwas nicht stimmte. Er spitzte die Ohren. Es war gespenstisch still. Er lugte aus dem Zelt und staunte. Eine weiße Schneedecke lag über dem Lager und dicke Flocken fielen vom sternlosen Himmel. Er erschauerte, dachte daran, wie gut ihm jetzt der Branntwein der Assenheimerin tun würde und kroch mit bösen Ahnungen zurück auf sein Lager.
    Am nächsten Morgen trieb Matthäus seine Soldaten zum schnellen Aufbruch.
    »Es wird schlimmer werden mit dem Schnee!« warnte er und deutete zum wolkenverhangenen Himmel. Noch während sich die Soldaten abmarschbereit machten, kam Wind auf. Heulend pfiff er durch die Zweige, erschwerte den Männern das Zusammenlegen der Zelte und machte die Pferde unruhig. Weiter, weiter, wurde die Truppe gedrängt.
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