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Die Marketenderin

Die Marketenderin

Titel: Die Marketenderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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und atmete erleichtert auf, als der Diener auf ihn zugeritten kam.
    »Hat's endlich geklappt?« fragte er ihn, und Felix nickte.
    »Das Mädchen ist getauft. Jetzt gibt's ja Wasser zum Besprengen und bei der nächsten Rast wird geheiratet.«
    Er mußte also nicht allein weiterreiten, als Oberst von Röder ihn aufforderte, seinem Pferd die Sporen zu geben, bis zum Niemen vorauszureiten und dort dem Regiment einen angemessenen Lagerplatz zu sichern.
    Sie erreichten den Fluß in der Nacht zum 23. Juni und Johannes hatte den Eindruck, daß von den Hunderttausenden, die dort bereits eingetroffen waren, nur wenige schliefen. Wer nicht mit dem Brückenbau beschäftigt war, fand bei dem Lärm der Arbeitenden wenig Ruhe. Außerdem hatte sich die Anwesenheit des Kaisers herumgesprochen, und allein die Vorstellung, ihn möglicherweise aus der Ferne sehen zu können, ließ manchen den Schlafplatz verlassen. Auch Felix war begierig, zumindest von weitem einen Blick auf das rote Zelt des obersten Kriegsherrn zu werfen, und bat Gerter um ein paar Stunden Urlaub.
    Der Anblick der russischen Stellungen am anderen Ufer und der Gedanke an die nahende erste Schlacht sorgten für weitere Unruhe. Gerüchte schwirrten durch die Lager, wonach die Große Armee bereits am nächsten Tag in Rußland einfallen würde. Offiziere beruhigten ihre aufgeregten Soldaten mit dem Hinweis, daß ja erst eine formelle Kriegserklärung ausgesprochen werden müßte, und das sei bisher noch nicht geschehen. Schließlich hatten alle Strategen damit gerechnet, daß die Russen Napoleons Armee noch auf polnischem Boden angreifen würden. Hatte der Zar denn nicht alle seine Heere an der Grenze zusammengezogen?
    Nach fast 40-stündigem ununterbrochenem Marsch erreichte auch das dritte Armeekorps am 24. Juni nachmittags den Niemen und wurde mit der Nachricht begrüßt, daß Napoleon jetzt endlich Rußland förmlich den Krieg erklärt hätte.
    Matthäus mischte sich unter die französischen Soldaten und kehrte mit dem Text der kaiserlichen Proklamation zu Juliane zurück. Stockend übersetzte er die Worte:
    »Soldaten! Der zweite polnische Krieg hat begonnen. Der erste endete bei Friedland und Tilsit. Damals schwor Rußland ewige Freundschaft mit Frankreich und ewigen Krieg mit England. Jetzt bricht es seine Eide und verweigert jede bestimmte Erklärung über sein seltsames Benehmen, solange die französischen Adler nicht über den Rhein zurückgegangen und unsere Verbündeten dadurch seiner Willkür preisgegeben sind. Rußland wird von seinem Schicksal fortgezogen, möge es sich erfüllen! Glaubt es uns entartet? Sind wir nicht mehr die Soldaten von Austerlitz? Rußland stellt uns vor die Entscheidung zwischen Entehrung und Krieg. Die Wahl kann nicht zweifelhaft sein. Wir marschieren vorwärts, wir gehen über den Niemen und wollen den Krieg in das Herz seines Gebietes bringen! Der zweite polnische Krieg wird so ruhmvoll für die französischen Waffen sein, als der erste es war. Doch der Friede, welchen wir schließen werden, soll seine eigene Gewähr mit sich führen. Er wird den Stolz Rußlands und den anmaßenden Einfluß vernichten, welchen dasselbe fünfzig Jahre lang auf die Angelegenheiten Europas ausgeübt hat!«
    Juliane schüttelte den Kopf.
    »Ausgerechnet Napoleon spricht über Anmaßung!« rief sie. »Kannst du mir erklären, was wir wirklich in Rußland zu suchen haben, Matthäus? Warum wir unser Leben aufs Spiel setzen sollen, nur weil Napoleon beleidigt ist? Werden wir in Württemberg mehr zu essen haben, wenn Napoleon statt Alexander Rußland regiert? Werden wir dann glücklicher sein? Sind das nicht die Fragen, die sich König oder Kaiser stellen sollten, wenn Gott – falls er das überhaupt tut – sie beauftragt, über Menschen zu herrschen?«
    Manchmal wünschte sich Matthäus, seine Frau würde sich wie früher nur um die eigenen Ausgaben und Einnahmen kümmern und es den Männern überlassen, über Politik nachzudenken.
    »Komm mit mir an den Fluß«, forderte Matthäus seine Frau auf, nahm sie bei der Hand und führte sie aus dem Zelt.
    Juliane stockte der Atem, als ihr Blick über die Anhöhen am Ufer schweifte. Sie hatte sich nie vorgestellt, daß es so viele Menschen auf der Welt geben könnte! Wie ein endloser Flickenteppich erschienen ihr die Massen der Uniformierten, die auf allen Hügeln zu sehen waren. Juliane blickte über den nicht sehr breiten Fluß mit seinen flachen Ufern, hinter denen sich, so weit das Auge reichte,

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