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Die Marketenderin

Die Marketenderin

Titel: Die Marketenderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Marsch das Leben gerettet hast.«
    »Der eine ist schwer verletzt. Wenn seine Wunden eitern, wird er sterben«, antwortete Juliane.
    »Er wird nie wieder gehen können, aber er wird überleben«, erklärte die alte Selma. »Im Gegensatz zum anderen.«
    Überrascht blickte Juliane auf.
    »Dem Ohnesorg geht es doch schon wieder recht gut. Er war nur entkräftet. Ich habe ihn aufgepäppelt und wenn wir morgen nach Rußland ziehen, wird er mitkommen.«
    »Bleichle überlebt, weil er nicht mit nach Rußland zieht, Ohnesorg stirbt, weil er zu Kräften gekommen ist«, erwiderte die alte Marketenderin.
    Juliane wickelte sich tiefer in ihren Umhang ein. Obwohl erstickende Schwüle in dem Zelt herrschte, war ihr plötzlich kalt geworden.
    »Kehr mit mir zurück und du wirst deinen Mann retten«, sagte die alte Selma plötzlich.
    Jetzt glaubte Juliane, die Alte durchschaut zu haben: Sie hat Angst, den Rückweg allein anzutreten und will sich von einer kräftigen jungen Frau helfen lassen. Nun, dann hätte sie gar nicht erst mitziehen sollen. Und wie, bitte schön, sollte sie ihren Mann retten, wenn sie sich von ihm trennte? Er konnte ja nicht zurück und außerdem brauchte er sie.
    »Es tut mir leid, daß du den weiten Weg allein zurücklegen mußt«, sagte sie höflich, »aber mein Platz ist bei meinem Mann.«
    »Das habe ich auch nicht anders erwartet«, murmelte die Alte und blickte durch die Zeltöffnung in die Ferne, als sehe sie dort etwas, was Juliane verborgen war.
    »Aber ich habe wenigstens versucht, dich zurückzuhalten. Du machst einen großen Fehler. Ist dir klar, daß dieser Feldzug nicht nur Napoleons Untergang sein wird?«
    »Der Mann ist ein Teufel, aber ein sehr erfolgreicher«, gab Juliane zu bedenken.
    »Hast du gehört, daß er am Niemen mit seinem Pferd gestürzt ist? Das war ein Zeichen! Ihr werdet alle stürzen.«
    Die alte Marketenderin war aufgestanden und begann langsam ihre Sachen zu packen.
    »Du mußt damit aufhören, uns Angst zu machen!« rief Juliane ärgerlich. »Der Matthäus hat schon recht, du untergräbst die Moral!«
    »Welche Moral?« flüsterte die alte Selma, aber ein lauter Knall verschluckte ihre Worte.
    »Kanonendonner!« rief Juliane aufgeregt. »Es hat angefangen!«
    »Nur ein Gewitter«, beruhigte sie die alte Selma. »Der Regen wird uns allen guttun.«
    »Ich muß gehen.«
    Juliane stand auf und stellte ihren Becher ab. Sie hatte an der bitteren Flüssigkeit nur genippt. Sie war schon fast draußen, als die Stimme der alten Selma zu ihr herüberwehte: »Willst du denn nicht wissen, was aus deiner Liebe wird?«
    Wie angewurzelt blieb Juliane stehen. Schwere Tropfen prasselten aufs Dach. Sie atmete flach, kratzte sich dann heftig am linken Ellenbogen und erwiderte bemüht unbekümmert: »Das hast du mir ja gerade gesagt. Daß ich meinen Mann rette, wenn ich dich zurückbegleite. Tut mir leid, mit dieser Information kann ich nichts anfangen.«
    »Von dem Feuer, das dich verbrennt, und dem Wasser, mit dem du es löschen willst, spreche ich, nicht von deinem Mann.« Der Satz war wie ein Hauch.
    Juliane suchte an einem wackligen Tischlein halt. Sie öffnete den Mund, aber ihm entfuhr nur ein Krächzen: »Gib mir das Wasser!«
    Egal, was es kostete, alles war sie bereit zu opfern, um endlich frei von Johannes zu sein. Sie konnte ihn nicht aus ihrem Denken streichen, sie hatte es mit dem Verstand probiert, aber der Auftrag kam in ihrem Herzen nicht an. In einer Nacht, als sie nicht schlafen konnte, hatte sie auf die Rückseite eines alten Feldpostbriefs alle schlechten Eigenschaften von Gerter geschrieben, und als sie wieder ins Bett ging, wußte sie, daß sie keine dieser Eigenschaften bei ihm missen wollte. Wenn es so etwas wie einen Liebestrank gab, dann mußte auch das Gegenteil existieren, und wenn jemand es kannte, dann war es die alte Selma.
    Die greise Marketenderin schüttelte den Kopf und Juliane las so etwas wie Mitleid in ihren Augen, als sie erwiderte: »Das Wasser ist versetzt mit deinem Blut und seinem.«
    »Wenn ich ihm einen Blutegel auflege …«, begann Juliane eifrig, aber die Alte bewegte verneinend den Zeigefinger.
    »Was ich dir sage, Kind, ist, daß du mit dieser Liebe leben mußt wie manche Leute mit einem Kropf. Erst der Tod bringt Erlösung. Und in deinem Fall …«, sie brach ab.
    »Ja?« fragte Juliane ungeduldig. »Was ist in meinem Fall?«
    Sie starrte die alte Marketenderin an, versuchte mit dem Blick aus ihren fast schwarzen Augen in die Gedankenwelt

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