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Die Marketenderin

Die Marketenderin

Titel: Die Marketenderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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erwiderte, sie solle ja auch nicht Prinzessin spielen, sondern Gäste bedienen, wurde sie vollends wütend.
    »Das könnte dir so passen, mein Lieber!« fuhr sie ihn an, und zum ersten Mal bereute Gerter, daß er ihr das Du angeboten hatte. »Du denkst, weil wir jetzt Rußland erobert haben – das haben wir doch, stimmt's? –, kannst du mich und Matthäus zu deinen Leibeigenen machen …«
    »Aber, Assenheimerin, ich erwarte von dir doch nichts anderes, als was du in deinem Zelt auch tust – Menschen freundlich bedienen!«
    »Das ist was ganz anderes! Das ist mein Zelt, ich bestimme da die Regeln und kann jeden rausschmeißen, der mir nicht paßt. Merk dir das, Johannes Gerter, ich lasse mich von niemandem rumkommandieren!«
    Auch als er ihr versicherte, daß sie völlig freie Hand haben würde, blieb sie unnachgiebig.
    Der eigentliche Grund ihrer Weigerung war aber ein ganz anderer. Juliane konnte den Gedanken nicht ertragen, mit Johannes unter einem Dach zu wohnen. Wissend, daß er nur ein paar Schritte weiter weg lagerte, würde sie kein Auge zumachen können. Wie sah er aus, wenn er schlief? Schnarchte er? Sie sah sich bereits nachts aufstehen und in sein Zimmer schleichen. Wahrscheinlich würde sie ihm mit den Fingerspitzen nur ganz sanft übers Gesicht fahren, seine Narbe berühren, vielleicht aber würde sie unter seine Decke kriechen und seine Wärme spüren wollen … Ausgeschlossen! Das durfte sie weder Matthäus noch sich selbst antun.
    Johannes entging keine Regung ihres Gesichts. Einen Augenblick lang war es weich geworden, so als ob sie doch noch nachgeben würde, aber im nächsten Moment war schon wieder die steile Falte zwischen den viel zu dichten Augenbrauen erschienen.
    »Matthäus«, sagte sie zu ihrem Mann und fand, daß er auf dem zierlichen goldenen Stühlchen fehl am Platz aussah, »wir ziehen zu den Württembergern, wo wir hingehören.«
    Der Korporal hatte bis jetzt geschwiegen. Er kannte seine Assenheimerin gut genug, um zu wissen, daß sie erst Dampf ablassen mußte, aber er verstand nicht, weshalb sie sich mit Gerter anlegte.
    »Also erstens«, sagte er mit sanfter Autorität, »hat normalerweise das Weib dem Mann zu folgen. Still, Mädchen, jetzt bin ich dran! Und zweitens müssen wir ja gar nicht im Palast wohnen. Habt ihr denn nicht das Gartenhäuschen gesehen?«
    Damit war die Lösung gefunden. Das Häuschen gehörte zum hinteren Teil der Gartenmauer, bestand aus einem großen Raum im Erdgeschoß, der sowohl von der Straße als auch vom Garten aus zugänglich war, und zwei kleinen, gemütlich eingerichteten Räumen im Dachgeschoß. Juliane war zufrieden.
    »Weißt du, daß ich immer schon von einem richtigen eigenen Geschäft geträumt habe?« sagte sie, als sie am Abend mit ihrem Mann die persönlichen Gegenstände aus dem Planwagen holte, der jetzt im Kutschhaus stand. »Ich habe Zelte und Marktstände einfach satt!«
    Sie tanzte durch den Raum im Erdgeschoß, schob Bänke hin und her und meinte, daß ihr nur noch eine richtige Ladentheke fehle. Matthäus gab zu bedenken, daß sie wohl kaum Kunden erwarten könnte, da in Küchen, Kellern und Vorratsräumen der verlassenen Häuser genügend Vorräte lagerten, um die Soldaten und die wenigen übriggebliebenen Einwohner zu ernähren.
    »Das ist es ja eben, Vorräte!« rief sie begeistert. »Hast du den Keller gesehen? Nirgends frisches Fleisch, Obst, Gemüse oder Brot! Das wollen die Leute haben, wenn sie sich an Eingemachtem und Pökelfleisch satt gegessen haben. Hier im Garten gibt es Tomaten, die hat noch keiner von euch angerührt, Rüben und Zwiebeln habe ich gesehen, sogar Bohnen!«
    »Wohl kaum genug, um deinen Laden zu füllen.«
    »Es gibt noch andere Gärten …« Sie verdrängte schnell die Erinnerung an Jakob, der so geschickt in Gärten gewildert hatte, »… und du wirst sehen, bald wollen unsere Leute wieder das zwischen die Zähne kriegen, was sie kennen und werden diesen schleimigen salzigen Pavian stehen lassen.«
    »Kaviar«, verbesserte Matthäus und verzog ebenfalls angeekelt das Gesicht. Mit der Erklärung, das wäre einer der Gründe, Rußland zu erobern, hatte ihnen Johannes am Vorabend diese Delikatesse vorgesetzt. Matthäus und Juliane waren sich schnell einig geworden, daß die unappetitlichen Fischeier eher ein Grund wären, um Rußland herum einen großen Bogen zu machen, aber Johannes hatte dazu nur gutmütig gelacht und erklärt, man müsse den Geschmack dafür gewissermaßen

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