Die Markgräfin
dass Ihr in diesem Frieden die böhmischen Nebenländer mit Groß-Glogau dem Ungarn überantwortet. Dass Ihr Euch versehen konntet, die Erbländer Eures Eheweibs herzugeben, nimmt uns wunder und ist uns nicht begreiflich. War keine bessre Wahl da als die Mitgift Eures Weibes? Welches Leibgeding verschreibt Ihr meiner Tochter jetzo, da sie ohne ihr angestammtes Herzogtum sein muss? Die Herzogin, Eure Gemahlin, ist außer sich vor Zorn und lässt hören, sie wolle den Kaiser um Mittelung angehen. Warum habt Ihr Eurem Eheweib solch Unrecht getan, bevor Ihr sie je gesehen? Wann denkt Ihr nunmehr, da Frieden ist, an die Heimführung, die nun schon seit mehr als fünf Jahren nicht stattgefunden? Seid bedankt für Euren Gesandten, den Schweinicka, dem ich diesen Brief zu treuen Händen mitgeb.
In Erwartung Eurer Nachricht der Markgraf von
Brandenburg-Ansbach
Gegeben am Sonntag Trinitatis zu Plassenberg
anno 1535
Brief des Königs Matthias von Ungarn an den
Markgrafen von Brandenburg-Ansbach,
28 .Dezember 1535
Gottes Gruß zuvor dem Markgrafen Friedrich zu Brandenburg-Ansbach. Wahrhaftig, Ihr habt einen gewaltigen Fürsprech für das Recht Eurer Tochter, Euer Liebden. Der Kaiser selber hat uns ersucht, uns der strittigen Sach wegen des Herzogtums Groß-Glogau anzunehmen, das uns von unserem lieben Bruder, dem König Wladislaus von Böhmen, rechtmäßig übertragen worden.
Nun wollen wir, auf Empfehlung Ihrer kaiserlichen Gnaden, uns nicht verwehren, Eurer Tochter, der Königin von Böhmen, Recht zu tun. Wiewohl es die Kron von Ungarn nicht nötig hätt, so wollen wir doch aus freien Stücken und ohnverpflichtet Euch ein Angebot zukommen lassen. Wir haben beschlossen, den Anspruch Eurer Tochter auf Groß-Glogau, der wahrlich nicht auf festen Beinen steht, abzulösen. Sofern Ihr Euch einverstanden zeigt, bieten wir der Königin von Böhmen ein Leibgeding von fünfzigtausend ungarischen Gulden. Dafür möge sie allen Ansprüchen auf die glogauischen Lande entsagen und auch in der Zukunft mitnichten das Herzogtum beanspruchen. Wiewohl wir der Meinung sind, dass es an unserem Bruder von Böhmen wäre, den Verlust Eurer Tochter gutzumachen, so sei dies unser Wille und Angebot. Lasst wissen,
wie Ihr Euch entschieden. Gesundheit und Wohlergehen.
Matthias, König von Ungarn
Gegeben zu Ofen am Tag der unschuldigen Kindlein
anno 1535
Ansbach, September 1539
Das Getuschel der Hofdamen verstummte abrupt, als Barbara das Frauenzimmer betrat. Die inzwischen Zweiundzwanzigjährige war zu keiner Schönheit geworden, aber doch zu einer Frau, die die Männer beeindruckte: groß, dunkel und schlank, mit stets wachem Blick und einem Selbstbewusstsein, das manchen verblüffte. Ihre Bildung und ihr Wissen waren weithin bekannt, und bei Tischgesprächen und Banketten glänzte sie durch geistreichen Witz. Doch das waren die wenigen Gelegenheiten, in denen die nunmehr seit zehn Jahren von ihrem Gatten Verschmähte die bittere Peinlichkeit ihrer Situation vergaß.
Die Königin von Böhmen sah nur kurz zu der langen Holzbank und den Hockern hin, wo die fünf Hofdamen saßen, und ging dann zum Fenster. Langsam ließ sie sich auf dem steinernen Sitz nieder und blickte hinunter auf den Schlosshof.
Barbara fühlte sich müde und zerschlagen. Gerade hatte sie von ihrem Vater die Nachricht erhalten, dass seit längerem wieder einmal ein Brief aus Böhmen eingetroffen war, in dem der König erneut ihre Heimführung mit fadenscheinigen Beteuerungen verzögerte. Sie erinnerte sich. War es wirklich schon fast zehn Jahre her, dass man sie mit dem böhmischen König verheiratet hatte? Wie hoffnungsvoll hatte sie in den ersten Jahren noch auf ihre Heimführung gewartet, hatte um den Ausgang des Kriegs mit Ungarn gebangt, ewig stickend, klöppelnd, nähend, im Frauenzimmer sitzend. Die böhmische Sprache hatte sie gelernt, bis sie sie fließend beherrschte. Jedes Mitglied im Stammbaum der böhmischen Königsfamilie war ihr zum guten Bekannten geworden. Das Land mit seinen Bergen, Flüssen und Städten kannte sie inzwischen so genau, als ob sie schon einmal dort gewesen wäre. Sie hatte alles getan, was man von ihr erwartete, bereitwillig, fügsam, eifrig. Und wie vergebens das alles gewesen war. Nachdem sie ihr Herzogtum durch den Krieg augenscheinlich verloren hatte, war sie für Wladislaus von Böhmen von keinerlei Nutzen mehr. So oft ihr Vater nach Böhmen geschrieben hatte, so viel er auch versucht hatte, seine Beziehungen zum Kaiserhof
Weitere Kostenlose Bücher