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Die Mars-Stadt

Die Mars-Stadt

Titel: Die Mars-Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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wirken wie
größere Versionen der Krabbelreiniger, die in den
Häusern zu finden sind, und werden, obwohl sie über
eine gewisse Autonomie verfügen, über Funk aus der
Fahrerkabine gesteuert. Meg hat ihr erklärt, sie suchten
nach Spuren eines bestimmten Giftes, das im Zuge der
öffentlichen Hygiene hier periodisch ausgebracht wird. Die
Gifte – bekannt unter dem Namen Blue Goo – sind das
nanotechnische Äquivalent der Viren und werden
regelmäßig upgedatet und mutiert, um mit dem sich
gleichermaßen fortentwickelnden Wildwuchs in den
Maschinendomänen Schritt zu halten. Versprüht werden
sie aus der Luft von einer gemeinnützigen Organisation, die
keine Mühe hat, das erforderliche Geld und die nötigen
Freiwilligen aufzutreiben.
    Ax bedeutet ihr, sie solle sich umschauen. Auf einem Teil des
Monitors, zu dem sie sich umwendet, öffnet sich ein neues
Fenster. Es ist der Gerichtskanal, der die Verhandlung
überträgt. Wilde – oder Jay-Dub, wie Dee ihn
insgeheim nennt – und Meg haben ihn die ganze Zeit
über flüchtig im Auge behalten. Ax hat die Aufgabe
bekommen, ihn aufmerksam im Auge zu behalten. Dee
fühlte sich ausgeschlossen, und sie fragt sich, ob die
anderen sie vielleicht schonen wollten. Nett von ihnen, aber
reine Zeitverschwendung.
    Denn was die Verhandlung an schlechten Neuigkeiten auch zu
Tage fördern mag, jetzt kommt es nicht mehr darauf an. Wie
Ax sagte: Der Mist ist vorbei.
     
    Wilde hat offenbar soeben eine Erklärung beendet. Er
wendet sich von Eon Talgarth, dem Richter, ab. Sogar Dee hat
schon von Talgarth gehört, einem ehemaligen Kriminellen aus
dem Orbitalstraflager des Malley Mile, der als Gefangener Jura
studiert hat; zunächst ließ er sich mit dem
Abolitionsmus ein, wandte sich dann aber enttäuscht davon ab
und verhandelt nun seit ein paar Jahren Streitfälle unter
Scrappies und unter Maschinen.
    Als Wilde sich abwendet, folgt die Kamera seinem Gesicht, und
man sieht sein arrogantes Grinsen.
    »Welch eine Rede!«, sagt der atemlose Kommentator.
»Er wirkte ziemlich erbost, als er seine Ermordung
geschildert hat – seine angebliche Ermordung, sollte
ich besser sagen! Tut mir leiiid! Und dabei ist bisher noch
niemandem in den Sinn gekommen, wir könnten den Toten eine
Gehaltsnachzahlung schuldig sein! Was die weiteren
Schlussfolgerungen angeht, sehen Sie bitte…«
    Ax blendet den Kommentar aus, und Dee vernimmt nur mehr die
Stille im Gericht, als Reid zum Mikrofon schreitet. Vom Anblick
seines Gesichts wird ihr ganz kalt. Sie hat ihn kaum jemals
wütend erlebt, und wenn, dann galt seine Wut nicht ihr, doch
sie weiß, dass sein Zorn furchtbar ist, und im Moment gilt
er der ganzen Welt.
    Die Kamera beschreibt hinter Talgarth einen Bogen.
    Reid wirkt jetzt gefasster, und Dee fühlt sich
entsprechend ruhiger – als sie sein Gesicht so aus der
Nähe sieht, regt sich bei ihr sogar Zuneigung und Begehren.
Dies ist umso verstörender, als sie die Empfindungen als
Person hat, nicht als Sklavin, doch das schiebt sie auf die
Vergangenheit und konzentriert sich darauf, was der Mann
sagt.
    »Ehrwürden«, sagt er mit großem
Nachdruck, »was wir soeben gehört haben, ist eine
Beleidigung der Würde des Gerichts und unser aller
Intelligenz. Außerdem ist es gefährlich, denn es weckt
einen opportunistischen Neid, der in einer weitgehend gerechten
Gesellschaft wie der unseren, in der niemand gezwungen ist, sein
Leben oder seine Arbeitskraft an die Erfolgreicheren zu
verkaufen, keinen Platz hat.«
    »Einspruch!«, ruft Wilde.
    »Stattgegeben«, sagt Talgarth ernst. »Das
ist hier kein öffentliches Diskussionsforum.«
    Reid neigt den Kopf. (Dee hört, wie Ax hinter ihr
schnaubt.)
    »Der entscheidende Punkt«, fährt Reid fort,
»ist, dass mein Prozessgegner behauptet hat, diejenigen,
die ein Interesse an den Toten haben, könnten Ansprüche
gegen mich geltend machen, weil ich – wie er sich
ausdrückt – keinen Versuch unternommen hätte, die
gewaltige Aufgabe, die gespeicherten Toten wiederzuerwecken,
ernsthaft anzugehen. Nun, hohes Gericht, verehrte Zuhörer,
ich gebe bereitwillig zu, dass diese Aufgabe meine
Fähigkeiten weit übersteigt!« Er breitet die Arme
aus und hebt die Schultern. »Habe ich jemals jemanden davon
abgehalten, einen Vorschlag zu machen, wie sich diese Aufgabe
bewältigen ließe? Nein! Denn wie wir alle wissen,
besteht das eigentliche Problem darin, mit denen fertig zu
werden, auf deren Hilfe wir

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