Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mars-Stadt

Die Mars-Stadt

Titel: Die Mars-Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
Vom Netzwerk:
hoch, als wollte sie sagen: »Was soll das
alles?« Die MacKenzie-Software sagte im Wesentlichen das
Gleiche. Sie hatte einen heftigeren Kampf erwartet, denn die
Besitzrechte an Genotypen waren äußerst umstritten.
Sie wies lediglich darauf hin, dass bei einer gütlichen
Einigung kein Präzedenzfall entstünde, der auch von
anderen Gerichten anerkannt würde.
    »Also gut«, meinte Wilde. Mit leicht zitternder
Hand justierte er das Mikrofon. »Als Entschädigung
verlange ich von David Reid lediglich, dass er auch das
Bewusstsein meiner Frau wiedererweckt – was offenbar
durchaus möglich ist, wie der Robot Jay-Dub durch meine
Wiedererweckung unter Beweis gestellt hat.«
    Reid sprang auf. Wilde musste rasch zurücktreten, denn
Reid riss ihm das Mikrofon förmlich aus der Hand.
    »Das Gericht hat nicht anerkannt, dass Jay-Dub diesen
Mann wiedererweckt hat!«
    Talgarth schnippte sich Asche vom Ärmel. Die Frau an
seiner Seite flüsterte ihm mit verärgerter Miene etwas
ins Ohr. Die Nachrichtenrobots summten, die Zuhörer hielten
sich mit Taschenmonitoren oder über Kontakte über die
aktuellen Kommentare auf dem Laufenden.
    »Ruhe!« Talgart schlug mit dem Hammer auf den
Tisch, wobei er sein Glas sorgsam festhielt. »David Reid
soll zu gegebener Zeit zu Ihrer Forderung Stellung
nehmen.«
    »Ich möchte jetzt gleich darauf antworten«,
sagte Reid. Wilde trat vom Mikrofon zurück und nahm wieder
Platz.
    »Sie haben für einige Aufregung gesorgt«,
bemerkte Tamara.
    Wilde blinzelte, was seinen Rechtsberater vorübergehend
in Verwirrung stürzte, dann konzentrierte er sich wieder auf
Reid.
    »Wildes Forderung ist vernünftig«, sagte Reid
gerade. »Das Problem der Wiedererweckung des Bewusstseins
der Toten beschäftigt uns schon lange. Doch so sehr wir es
uns auch wünschen mögen, werden wir doch durch
höhere Gewalt daran gehindert. Die meisten Bewusstseine der
Toten, darunter auch das von Reids Frau Annette, werden in
intelligenten Festkörperspeichern aufbewahrt, zu denen wir
ohne die Mitwirkung posthumaner Wesenheiten, über deren
Fähigkeiten und Motive wir nichts wissen, die aber –
wie die Erfahrung gezeigt hat – eine Gefahr für uns
alle darstellen, keinen Zugang haben. Ich bin verantwortlich
für die Aufbewahrung der Codes, mit denen man sie aktivieren
könnte, und ich kann dem Gericht versichern, dass sie
solange, bis jemand beweist, dass dies gefahrlos möglich
ist, in meinem Besitz bleiben und dass die Toten… schlafen
werden.« Er blickte Wilde an. »Manche Dinge sollte
man besser ruhen lassen«, sagte er.
    »Er will damit sagen, du solltest den Bogen besser nicht
überspannen«, murmelte Tamara.
    Wilde grinste sie an und trat abermals vor, während Reid
Platz nahm. Die Spannung in der Zuhörerschaft hatte sich
gelegt. Selbst Talgarths ausdruckslose Miene spiegelte
Erleichterung wieder.
    »Der Robot Jay-Dub hat mich wiedererweckt, ohne dass es
zu einer Katastrophe gekommen wäre«, sagte er.
»Doch da steckt noch mehr dahinter.«
    Reid lehnte sich zurück, verschränkte die Hände
hinter dem Kopf und beobachtete Wilde hinter gesenkten Lidern
hervor.
    »Das Gericht hat seine Einschätzung zu einem von
Reids Vorwürfen kundgetan«, sagte Wilde, »und
die anderen solange zurückgestellt, bis der andere Jonathan
Wilde alias Jay-Dub… befragt werden kann. Ich möchte
nun meine Gegenbeschuldigung vortragen, die mitentscheidend sein
mag für die Beurteilung der entstandenen Schäden und
die Zuordnung von Geldstrafen. Außerdem betrifft sie die
Frage der Wiedererweckung der Toten im Allgemeinen.« Er
lächelte Talgarth an, der auf einmal gar nicht mehr
entspannt wirkte. »Nicht was die juristische
Einschätzung angeht – die überlasse ich dem
Gericht –, sondern in praktischer Hinsicht.«
    Wilde trat einen Schritt zur Seite, sodass er sich nicht nur
in unbestreitbar korrekter Weise ans Gericht, sondern auch an
Reid und das gesamte Publikum wandte.
    »Ich beschuldige David Reid, mich getötet zu haben,
und zwar durch die rücksichtslose Handlungsweise von in
seinem Auftrag handelnden Personen und mittels unterlassener
Hilfeleistung. Anschließend hat er keine Anstrengungen
unternommen, mich wieder zum Leben zu erwecken. Er behauptet,
dies sei schwierig – gleichwohl gibt es keinen Beleg
dafür, dass er irgendwelche Versuche unternommen hätte,
die Schwierigkeiten zu überwinden. Ich fordere für die
gesamte Ausfallzeit Entschädigung für

Weitere Kostenlose Bücher