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Die Mars-Stadt

Die Mars-Stadt

Titel: Die Mars-Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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Wassertröpfchen. Sie hatte ein
Ziel und vertraute darauf, dass niemand es wagen würde, sie
auch nur anzutasten: ein wunderschönes Tier, perfekt
angepasst, wild.
    »Ein fürchterlicher Nebel, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte ich. »Hab so was in Glasgow noch
nicht erlebt.«
    Es wurde grün. Wir überquerten die Straße,
unsere Wege trennten sich. Sie ging die Byres Road entlang, dem
Ort entgegen, an dem sie jetzt sein wollte, und ich ging
über die Great Western Road zurück zu meiner Bude.

 
3    Terminal
Kid
     
     
    Auf dem Neuen Mars regnet es. Dies ist ein maschinenbewirktes
Wunder, das Werk weit entfernter komplizierter Geräte und
der hirnlosen, botanischen Kraft ihrer zahllosen Ableger, die mit
ihren Metallblüten die schwache Sonnenstrahlung auf Brocken
schmutzigen Eises lenken, die Oberfläche verdampfen und sie
sonnenwärts schicken, auf eine exakt berechnete Umlaufbahn,
die sie Jahre später in eine Atmosphäre eintauchen
lässt, die gerade dicht genug ist, um sie aufzufangen und
zum Boden hinabzulenken; mit etwas Glück gehen sie als Regen
und nicht als Feuer nieder, was den Boliden mit jedem Durchgang
besser befähigt, den nächsten Niederschlag aufzufangen
und bei sich zu behalten.
    Für Dee aber, die sich im nassen Freien aufhält, ist
dies alltäglich und eher lästig. Seit einer halben
Stunde ist sie gezwungen, die Sichtverstärkung auf
höchster Stufe zu fahren, und die Augen tun ihr weh. Und
auch die Ohren: Das sonarartige Pling der beiderseits etwa einen
Meter entfernten Wände verursacht ihr Platzangst. Daher
reagiert sie mit Erleichterung und Entspannung, als der schmale
Wasserweg auf einen sehr viel breiteren und helleren Kanal
mündet.
    »Der Ringkanal«, erklärt Tamara, während
sie das kleine Boot nach rechts steuert. Dee verdreht den Kopf
und blickt hin und her, erkennt aber keine Krümmung. Hohe,
schmale Häuser – eher Lagergebäude als Fabriken
– säumen den Kanal, und an den Ufern sind
Lichterketten ausgespannt. Vor ihnen, rasch abnehmende hundert
Meter entfernt, mündet seinerseits der Ringkanal, und durch
die Lücke erblickt Dee etwas, das aussieht und sich
anhört wie ein Freudenfeuer: flammend helles Licht, tosender
Lärm.
    An der Mündung teilt sich der Ringkanal und bildet einen
Ring, dessen Durchmesser Dee auf dreihundert Meter schätzt.
Weitere hohe Häuser drängen sich am Ufer, und in der
Mitte befindet sich eine flache Insel, von der Ringstraße
aus allein über Brücken zugänglich. Die Insel ist
mit verrosteten Wellblechhütten, Zeltbuden und Baracken
bedeckt, zwischen denen zahlreiche Menschen lautstark tätig
sind. Erhellt wird die Szenerie von Flutlichtmasten sowie von den
verschiedenen Scheinwerfern, Neonröhren, Stroboskopen,
bunten Lichterketten und Glasfasern der Verkaufsstände.
    Tamara biegt abermals rechts ab und drosselt den Motor,
gleitet im Leerlauf am Ufer entlang, lautlos inmitten des
Lärms der Musik und der Geschäftemacherei, die
miteinander wetteifern.
    »Was geht hier vor?«, fragt Dee.
    Tamara wirft ihr einen Blick zu. »Freitagabend am Circle
Square.«
    Eine Anlegestelle unter einer schmalen, schmiedeeisernen
Brücke mit einer Treppe dabei. Tamara macht das Boot fest
und bedeutet Dee, die Treppe hochzusteigen. Sie wartet am
uferseitigen Ende der Brücke und hilft Tamara, die Tasche
hochzuschleppen. Das Gedränge der Menschen – Paare,
Grüppchen, Kinder, die sich zwischen Beinen und Rädern
hindurchschlängeln, Jugendliche auf oder in langsam
fahrenden schnellen Fahrzeugen und Fahrzeuge ohne Fahrer –
lässt sie beinahe zurückprallen.
    »Nach rechts«, sagt Tamara. »Wird
allmählich Zeit, dich zu legalisieren.«
    Dicht gefolgt von Dee setzt sie sich in Bewegung, eine Person
in der Menge, die keine Mühe hat, sich einen Weg zu
bahnen.
    Die meisten Buden an der Peripherie der Insel sind
verschlossen, aber noch immer beleuchtet. An den offenen Buden
werden Getränke und Snacks verkauft. Das Geschehen
konzentriert sich im Inselmittelpunkt, in einem Gewühl von
Kirmesattraktionen, Discos und Rockkonzerten.
    Dee bemerkt eine Bühne mit einer Band, die aussieht und
so klingt wie Metal Petal, deren Wochenhit Uptown überall zu
hören ist. Ein rascher visueller Zoom und eine akustische
Analyse ergeben, dass es sich tatsächlich um Metal Petal
handelt. (Dee hat schon mal vom Copyright gehört, aber das
ist eines der Dinge, die sie nicht recht glauben kann, ein Lied
von der fernen

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