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Die Mars-Stadt

Die Mars-Stadt

Titel: Die Mars-Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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Erde.)
    Tamara bleibt vor einem Ding zwischen zwei Buden stehen, das
aussieht wie ein großer Verkaufsautomat. Oben befindet sich
ein schwarzes Fenster, außerdem gibt es einen
Lautsprechergrill und einen Schlitz an der Seite, durch den
Tamara eine Karte zieht. Nichts geschieht.
    »He!«, ruft sie. Sie hämmert mit der Faust
dagegen, was ein hohles Dröhnen zur Folge hat. »Scheiß-IBM«, sagt sie, an niemand
speziellen gewandt.
    Hinter dem dunklen Fenster geht eine Lampe an.
    »Rechtshilfeservice Unsichtbare Hand«, sagt der
Automat mit einer Stimme, die an Gott in einem alten Kinofilm
erinnert. »Womit kann ich Ihnen helfen?«
    »Registriere einen Autonomieanspruch für eine
herrenlose Maschine«, sagt Tamara, packt Dees Handgelenk
und drückt ihre Hand flach gegen das Fenster.
    »Beide Hände bitte«, sagt der Automat.
»Und beide Augen.«
    Dee spreizt die Finger am Glas und späht hinein, sieht
ihr eigenes Spiegelbild und helle, sich bewegende
Lichtfunken.
    »Wie soll der Anspruch begründet werden?«
    »Ich werde den Anspruch begründen!«, sagt Dee
mit einem jähen Anflug von ichbezogener Leidenschaft.
    »Die Betroffene wird ihn begründen«, setzt
Tamara gewichtig hinzu. »Außerdem ich und meine
Verbündeten oder mein Backup, falls dies erforderlich sein
sollte.«
    Das Licht erlischt. Tamara hält noch immer Dees
Handgelenk fest und schwenkt sie herum und packt ihr anderes
Handgelenk… dann lässt sie los und fasst sie
stattdessen bei den Händen. Dee schaut Tamara in die Augen
und sieht darin ihr eigenes Spiegelbild und die hinter ihr
wirbelnden Lichter, die verdoppelte Kirmes.
    »Okay, Mädel!«, ruft Tamara. »Jetzt
hast du eine Gang auf deiner Seite. Freier wirst du nicht mehr!
Nimm’s an oder lass es bleiben… Dazu später!
Jetzt aber…« – sie wirbelt herum und wendet
sich dem summenden Getriebe des Inselmarktes zu –
»wollen wir feiern!«
     
    »Willst du wirklich behaupten«, sagte Wilde
ungläubig zum Robot, »Reid sei hier?«
    »Ja«, antwortete der Robot. »Weshalb wundert
dich das? Ist das etwa erstaunlicher als die Tatsache, dass du
hier bist?«
    Wilde grinste säuerlich. Er schob den leeren Teller weg
und nahm einen Schluck Bier. Er schüttelte den Kopf.
    »Reid war einer der letzten, die ich gesehen
habe«, sagte er. »So viel ich weiß, könnte
er es sein, der mich getötet hat. Und was mich betrifft, so
ist es erst heute geschehen. Herrgott noch mal. Ich warte
ständig darauf, dass ich aufwache.«
    »Du bist bereits aufgewacht«, entgegnete der
Robot. »Du musst damit rechnen, dass es zu einer
emotionalen Reaktion kommt, bis du dich an die Situation
angepasst hast.«
    »Sicher.« Plötzlich umgab Wilde eine
Düsternis, die sein scheinbares Alter Lügen strafte.
»Angepasst hab ich mich schon. Also raus mit der Sprache,
Maschine. Ich bin hier, und du sagst, Reid sei hier. Was ist mit
den anderen Leuten, die ich kannte? Was ist mit
Annette?«
    »Annette«, antwortete die Maschine behutsam,
»gehört zu den Toten. Ob ihr Bewusstsein und ihr
Genotyp konserviert wurden, weiß ich nicht, aber es gibt
vielleicht Anlass zu hoffen.«
    »Wegen des Klons?«
    »Ja.«
    »Ich muss sie unbedingt finden und mir Klarheit
verschaffen.«
    »Das kannst du auch, ohne sie zu finden«, sagte
die Maschine. »Das ist… Ich erklär’s dir
morgen.«
    »Warum nicht jetzt?«
    »Probleme«, antwortete die Maschine. »Dreh
dich nicht um, solange du nichts hörst.«
    Wilde setzte das Glas ab. Er zog langsam die Schultern
hoch.
    »Entspann dich«, sagte die Maschine.
    Die Tür des Pubs flog auf, und die Musik brach ab. Die
Unterhaltungen wurden noch sekundenlang fortgeführt, dann
machten sie einer sich vertiefenden Stille Platz. Alle drehten
sich um.
    Im Eingang standen zwei Männer. Sie trugen weit
geschnittene Geschäftsanzüge mit scharfen
Bügelfalten, am Hals offene Hemden und darunter T-Shirts.
Ihr Haar glänzte ebenso wie ihre Schuhe, und ihre
Knöchel funkelten von implantierten Edelsteinen. Einer der
Männer hielt lässig eine Karte mit einem Verbrecherfoto
seiner selbst und einem grauen Feld Kleingedrucktem hoch. Der
andere holte einen zerknüllten Ball aus irgendeinem flachen
Material aus der Tasche. Er fasste eine Ecke davon und
schüttelte es aus. Mit einer Bewegung aus dem Handgelenk
entfaltete er es zu einem farbigen, hochauflösenden
Hochglanzposter, das die dunkelhaarige Frau darstellte, die vor
Wilde und dem Robot geflohen

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