Die Mars-Stadt
war.
»Hat jemand die Frau gesehen?«, fragte er.
Die Gäste ließen sich auch diesmal wieder in zwei
Gruppen unterteilen, in die Männer an der Bar und die
Mädchen an den Tischen, wenngleich sie angefangen hatten,
sich zu vermischen. Die Frauen kicherten und schnappten
erschrocken nach Luft, die Männer brummten, rutschten auf
den Barhockern und verrückten die Gläser. Wem eine
Bemerkung auf der Zunge lag, der blickte zu den Männern an
der Bar, worauf der oder die Betreffende woanders hinsah und die
Bemerkung verschluckte.
Eine halbe Minute später gingen die Unterhaltungen
weiter; die Männer an der Bar hatten sich wieder dem
Fernseher zugewandt; ein Kommentator interviewte gerade einen
Teamchef, hinter dem Verletzte aus der Arena getragen wurden. Der
Einzige, der die Wiederbeschaffungsleute unmittelbar ansah, war
Wilde. Der mit dem Fahndungsfoto kam herüber; der andere
folgte ihm, mit einem Ausdruck geistesabwesenden Behagens einen
Revolverknauf befingernd.
Der Mann mit dem Foto blickte lächelnd auf Wilde nieder,
wobei er makellose, aber eigentümlich scharfe
Schneidezähne und überlange Eckzähne
entblößte. Er verströmte Parfümduft wie
Schweißgeruch.
»Also«, sagte er, »Sie wirken interessiert.
Es wurde eine hohe Belohnung ausgesetzt, wissen Sie.«
Wilde wandte den Blick widerwillig vom Foto ab. Er
schüttelte den Kopf.
»Sie erinnert mich an eine Bekannte«, sagte er.
»Das ist alles. Aber gesehen habe ich sie hier
nicht.«
Der Mann starrte ihn an. »Sie war hier«, sagte er.
»Ich kann’s riechen.« Er schwenkte den Kopf,
sog behutsam die Luft ein, als wäre seine Bemerkung ganz
wörtlich gemeint. Der andere Mann hob mit einem
triumphierenden Knurren etwas vom Boden auf.
Er hielt es Wilde unter die Nase. Wilde wich leicht
zurück. Der Robot, der zwischen einem Stuhl und der
Tischplatte lehnte, ruckte ein paar Zentimeter vor.
Der Mann hielt eine Zeitung in der Hand.
»Hab ich’s doch gewusst!«, sagte er.
»Verfluchte Abolis! Also, das war’s. Jetzt wissen
wir, wo wir nach ihr suchen müssen!«
Die Männer stopften Zeitung und Foto in ihre Taschen und
marschierten hinaus, während sich abermals Schweigen auf das
Lokal herabsenkte. Die Türen fielen zu. Die Musik setzte
wieder ein. Der Hominide hinter dem Tresen blickte Wilde mit
einem Ausdruck tiefen Bedauerns an, hob die breiten Schultern und
breitete die breiten Hände aus, dann drehte er sich um und
stellte die Musik noch lauter.
Wilde wandte sich wieder dem Essen zu und leerte das Glas
Schnaps auf einen Zug, was ihm Tränen in die Augen
trieb.
»Ich will immer noch mit ihr sprechen«, sagte
er.
»Wenn du dir wegen des Gynoids Sorgen machst«,
sagte die Maschine, »das brauchst du nicht. Wenn sie bei
den Abolitionisten ist, dann befindet sie sich juristisch und
faktisch betrachtet in Sicherheit, zumindest fürs erste. Und
wenn nicht…« Der Robot bewegte in einer Parodie
eines Achselzuckens die oberen Gelenke seiner
Vordergliedmaßen. »Sie werden ihr schon nichts tun.
Bloß einen Programmfehler beheben. Das ist
unwichtig.«
»Weil sie bloß eine Maschine ist,
stimmt’s?«
»Stimmt.«
»Also, es ist vielleicht taktlos, darauf hinzuweisen,
aber das gilt auch für dich.«
»Natürlich«, sagte die Maschine. »Aber ich bin ein Humanäquivalent, sie hingegen ein
Sexspielzeug. Wie ich schon sagte: bloß eine beschissene
Maschine.«
Überwachungssysteme? Dass ich nicht lache. Sämtliche
Aufzeichnungen im Umkreis des Circle Square werden
unwiederbringlich korrumpiert, zerhackt, gespleißt und neu
gemischt. Selbst Dees Erinnerungen sind Schwindel erregend
unverständlich: Der Soldat und der Spion haben empört
abgeschaltet und lediglich simple Reflexe zurückgelassen.
Die Menschen reichen Drogen untereinander weiter, die Maschinen
Plugs. Musik enthält Amplituden und elektronische
Unterströmungen, welche die gleiche Wirkung haben. Dee sieht
Tamara mit einem hoch gewachsenen Kämpfertypen mit einem
künstlichen Arm reden, unterhält sich ihrerseits mit
einem spinnenartigen Gerät mit Spritzpistolen und einem
einzigen Bewusstsein. Es denkt und kann reden, jedoch bloß
über Wände. Es kennt sich mit Betonoberflächen und
den Eigenschaften der Farben und Aerosole aus. Es lässt sich
lang und breit darüber aus.
Sie könnte ihm die ganze Nacht zuhören. Sie ist eine
gute Zuhörerin. Aber der Künstler sieht einen
Bauexperten und gleitet ohne Entschuldigung
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