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Die Mars-Verschwörung

Die Mars-Verschwörung

Titel: Die Mars-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Macinnis Gill
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umsonst.«
    »Oh, jetzt verstehe ich. Sie sagen mir, ich soll Vienne aufgeben, genauso, wie Sie sie aufgegeben haben.«
    »Wir haben sie nicht aufgegeben«, erwidert er so sanftmütig, dass ich ihn am liebsten erwürgt hätte. »Bei jeder Meditation bete ich für ihre Sicherheit.«
    »Sie beten, aber Sie sind nicht bereit, sie zu suchen? Warum?«
    »Weil die Suche nach Vienne allein dein Pfad ist. Du kannst dir jedes Werkzeug und jede Waffe leihen, die unser ist, und unsere Speisen sind auch deine Speisen. Nimm dir, was du brauchst.«
    »Woher wissen Sie, dass es allein mein Pfad ist?«
    »Die Teeblätter.«
    »Nicht schon wieder diese aasigen Teeblätter! Wie kommen Sie auf die Idee, das sei mein Pfad und nicht auch der Ihre?« Ich schnappe mir die Tasse und werfe sie gegen einen Bienenkorb. Sie zerspringt in so viele kleine Scherben, dass es aussieht, als hätte sie sich in Luft aufgelöst.
    »Das war meine Lieblingstasse«, sagt er.
    »Oh. Tut mir leid. Ich ...«
    »Solche Dinge geschehen, wenn man sich Lieblinge erlaubt.« Er wirbelt seinen Stab herum, was diesem ein hohes Pfeifen und zugleich ein tiefes Klappern entlockt. Die Bienen sammeln sich über uns zu einem Schwarm. Mit einem kurzen Wink schickt er den Schwarm fort. »Die Teeblätter haben mich noch nie enttäuscht. Auch du wirst mich nicht enttäuschen.«

Kapitel 16
    Außenposten Tharsis Zwei
    Präfektur Zealand
    Annos Martis 238. 7. 24. 15:41
    Schweigend sitzt Archibald auf einem Metallstuhl. Von seinem Platz aus kann er die Regulatorin betrachten, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen, beinahe wie ein Mikrobiologe ein Virus mit einem Kryo-Elektronenmikroskop untersucht.
    Die Metapher scheint passend zu sein. In den wenigen Stunden ihrer Gefangenschaft hat sie mehrere Sturmnacht-Soldaten verwundet und den armen Tropf, der ihr die Symbipanzerung abgenommen hat, für den Rest seines Lebens zum Krüppel geschlagen. So viel Gewalt und so viel Schönheit, vereint in einem menschlichen Wesen. Es hat beinahe wehgetan, sie anzuschauen. So musste Botticelli sich gefühlt haben, als er das Modell für seine Venus erstmals erblickt hatte.
    So schön sie jetzt ist , überlegt Archibald, man stelle sich nur vor, wie strahlend sie sein wird, wenn die Formgebung abgeschlossen ist.
    Er drückt auf einen Schalter. In der Zelle flackert das Licht auf.
    »Raus aus den Federn, Engelchen!«
    Die Regulatorin setzt sich auf dem Bett auf, zieht sich die dünneDecke über die Schultern und starrt ihn durch das Plexiglas wütend an. Während der ersten paar Stunden ihrer Kerkerhaft haben andere Gefangene Interesse an ihr gezeigt. Aber nachdem sie den Fehler begangen hatten, Hand an sie zu legen   – und ihnen die Hände im Gegenzug gebrochen wurden –, sind sie zu dem Schluss gekommen, dass die Regulatorin verrückt sein muss. Was für eine Vorstellung: Ein Ekstase -Junkie, der jemand anderen für verrückt hält.
    Archibald sieht, wie sich das Licht der Leuchtstofflampen an der Decke in ihrer eisblauen Iris spiegelt. Das Licht verschwindet und kehrt zurück, als das Versuchsobjekt blinzelt. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, diese herrlichen Augen auch im Endprodukt beizubehalten.
    Er wendet sich ab und macht sich ein paar sinnlose Notizen auf seinem Elektrostatbogen, weil er ihrem starren Blick nicht mehr standhalten kann.
    Die Hände der Regulatorin sind mit Handschellen vor ihrem Körper gefesselt. Auch an ihren Fußgelenken sind Schellen, die mit Ketten am Boden befestigt sind. Blutergüsse bilden sich in ihrem Gesicht und am Hals. Eine schmale Schnittwunde verläuft über ihr Schlüsselbein. Sie ist dünner geworden, und ihre Augen liegen tiefer in den Höhlen. Nur die Schönheitsfehler auf ihrer Stirn erinnern noch daran, wie jung sie ist. Der Rest von ihr ist so alt und hart wie der geschmiedete Bohreinsatz einer Dampfbohrmaschine, was es umso angenehmer machen wird, sie zu brechen.
    Als einige Minuten vergangen sind   – die Regulatorin hat sich keinen Millimeter gerührt –, pocht Archibald gegen die Plexiglasscheibe. »Wie heißt du?«
    Sie zieht ihm mit Blicken die Haut ab.
    »Das würde dir gefallen, was?« Archibald zieht eine Fernbedienung aus einer verborgenen Tasche seines Umhangs. »In deinem früheren Leben wurdest du vermutlich dafür belohnt, hart im Nehmen zu sein. Eine Stoikerin, die ihre Gegner mit Freudenniederstarrt. Habe ich recht? Ich kann das verstehen. In meinem früheren Leben war ich streberhafter Lieblingssohn. Dann haben sich die Dinge

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