Die Mars-Verschwörung

welche drin.«
    »Verdammt!« Ich zerre sie mit mir. »Bring mich hin.«
    Riki-Tiki überlässt es Shoei und Yadokai, die übrigen Leute auf den Laster zu schaffen, und führt mich in das Gebäude. Einen Korridor hinunter. Eine Treppe hinauf.
    Ich platze in den Wartesaal und würge angesichts des erbärmlichen Gestanks nach menschlichen Exkrementen und Erbrochenem. Und da, mitten in einem Haufen Dreck, sitzt ein kleines Mädchen. Viennes Anhänger baumelt an seinem Hals.
    »Geh zurück!«, weise ich Riki-Tiki an und nehme das Mädchen auf die Arme.
    Sekunden später rennen wir zum Ausgang hinaus. Ich halte an der Heckklappe inne und übergebe Yadokai das Mädchen.
    »Warte«, sage ich, nehme dem Kind die Kette ab und hänge sie mir um den Hals.
    Über uns zerhackt das Wump-wump-wump der Rotorblätter des Velocikopters die Luft.
    Ich renne in Richtung Führerhaus, aber Slain klettert bereits hinter das Lenkrad. Er schließt die Tür und gibt mir ein Zeichen, um seine Abfahrbereitschaft kundzutun.
    Das Zeichen ist ein hochgereckter Mittelfinger.
    Schön. Er kann fahren. »Alle an Bord!« Ich springe auf die hintere Stoßstange. »Los! Los!«
    Mit knirschendem Getriebe bringt Stain den Laster in Fahrt. Er rumpelt davon, als die Lichter der Velocikopter am Horizont aufleuchten.
    »Vollgas, Stain!«, brülle ich. »Uns sitzt ein Hellbender im Nacken!«
    Das Pflaster hinter uns bricht unter einer Reihe kleiner Detonationen auf, als sich explosive, mit weißem Phosphor beschichtete Leuchtspurmunition an unsere Fersen heftet. Mit einem Rums und einem Klappern krachen wir durch das vordere Tor. Sekunden später spucken die Hinterräder dessen Überreste aus.
    Der Aufprall schleudert mich so hoch, dass ich beinahe heruntergefallen wäre.
    Als hätten wir nicht schon Spaß genug, jagt eine Serie von Projektilen durch die Segeltuchplane und reißt den Teil los, an dem ich mich festklammere. Mit der gesunden Hand fasse ich nach, doch das Segeltuch reißt weiter ein, und ich komme der Straße immer näher.
    »Mimi, ich glaube nicht, dass die Plane halten wird.«
    »Frag nicht«, sagt sie. »Halt dich einfach fest.«
    Der Pilot richtet den Hellbender auf uns, und eine Varlamov-Rakete löst sich aus ihrer Halterung. Ein Feuerstoß im Heck, und sie saust pfeifend hinter uns her.
    »Ausweichen!«, brülle ich, obwohl ich weiß, dass ich nur meinen Atem verschwende.
    Aber irgendwie holpert der Düsseldorf plötzlich, und statt sich in unser Heck zu bohren, schlägt die Rakete auf dem Boden auf. Mir bleibt gerade noch Zeit, den Kopf einzuziehen, ehe sie explodiert. Steine und Asphalt jagen in sämtliche Richtungen. Ein ziemlich großes Stück prallt gegen meinen Helm.
    »Au!«
    Genug von diesem kuso .
    Ich schlinge den Arm um das eingerissene Segeltuch, ziehe mein Armalite aus dem Halfter und lasse die Beine fallen. Meine Füße landen auf dem Asphalt, und ich fahre auf der Straße Wasserski und bete, dass meine Symbipanzerung die Hitze lange genug abwehrt, dass ich den Abzug durchziehen und ein Magazin auf den Hellbender abfeuern kann.
    In einer perfekten Welt würden meine Kugeln den Piloten treffen, dazu den Aufklärer und den Schützen in seinem Nest. In der Realität schaden schlechte Augen meinem Zielvermögen, aber ein ganzes Magazin, im Automatikbetrieb abgefeuert, gibt dem Piloten immerhin zu denken. Er fliegt ein Ausweichmanöver und zieht den Velocikopter hoch, bis er aus meiner Reichweite verschwunden ist   – und der Düsseldorf aus seiner.
    Ein paar Sekunden hängt der Velocikopter in der Luft. Scheinwerfer suchen am Boden nach uns. Dann bricht er die Jagd ab und folgt seinen Kameraden, beinahe so, als wäre dem Piloten wieder eingefallen, dass sein Auftrag ein Angriff gegen die Anlage war, nicht die Jagd auf irgendwelche Nachzügler.
    Wenige Sekunden später setzen die Hellbender ihre Raketen frei und jagen Tharsis Zwei zur Hölle.
    Als ich mich auf die Ladefläche ziehe   – wo mir Yadokai und Shoei frustriert entgegenblicken –, frage ich mich, ob Archibald den Außenposten verlassen hat, weil er gewusst hat, dass ein Angriff bevorsteht.
    D as ist nicht von Bedeutung , geht es mir durch den Kopf, als ich es mir für die lange Rückfahrt bequem zu machen versuche. Es zählt allein, dass Vienne in Tharsis Zwei festgehalten worden ist, und dass ich jetzt keine Ahnung habe, wo ich sie finden kann.

Kapitel 18
    Bischofsstraße, Tharsis-Ebene
    Präfektur Zealand
    Annos Martis 238. 7. 25. 06:42
    Als über dem Labyrinth