Die Marseille-Connection
ich, ich schau mal rein, mir hat jemand gesagt, ich ziehe mich nicht gut genug an und brauche einen neuen Look, jetzt, wo ich auf der Erfolgsspur bin. Dass ich so eine hübsche junge Frau treffen würde, habe ich aber nicht gedacht.«
Sie schaute ihn tiefgründig an: »Dieser Laden verkauft Mist in allen Größen für Vorstadt-Loser, wenn du wirklich ein Erfolgstyp bist, musst du woanders hingehen.«
»Viel verkaufen wirst du nicht, wenn du so schlecht von deinem Laden sprichst.«
»Das ist nicht mein Laden. Ich bin nur eine mies bezahlte Angestellte, und meine Kündigung habe ich schon unterschrieben.Wer soll denn während der Krise solche Sachen kaufen?«
Garrincha besah sich gemütlich ihre Beine und den Busen. »Das heißt, du ziehst dich so an, damit du zum Interieur passt?«
»Und das sind noch die besten Sachen, glaub mir.«
»Wenn ich dich dafür bezahle, dass du mir dabei hilfst, meinen Look zu erneuern, könnte das ziemlich lukrativ für dich sein.«
»Falls du wirklich Geld hast, nicht nur das Gold, mit dem du behängt bist, könnte ich mir vielleicht diese Mühe machen.«
Esteban nahm eine Rolle Geldscheine aus der Tasche. »Ich habe, was man dazu braucht, Kleine. Ich sag ja, ich bin auf der Erfolgsspur.«
»Und was machst du, nur so aus Interesse?«
Er streckte die Hand aus und hielt ihr den Zeigefinger unter die rötlich gereizten Nasenlöcher. »Ich deale mit Koks, aber ganz sicher nicht mit dem Zeug, das du gestern Abend gesnifft hast. Mein Stoff ist nicht mit dem Dreck gestreckt, nach dem deine Nase aussieht.«
»Du bist ein interessanter Typ, Hombre.«
»Ich heiße Juan. Und du?«
»Bruna.«
Er deutete auf ihren tätowierten Arm. »Sag mal, Bruna, ich will schon die ganze Zeit etwas fragen. Alle diese Insekten, wo wandern die eigentlich hin?«
Die junge Frau zog das Trägerhemdchen hoch und schob den Rock einen Zentimeter weit hinunter. Ein Skorpion verschwand hinterm Gummibund ihres Slips.
»Du bist auch interessant«, bemerkte er beeindruckt. »Also, soll ich dich als Stylistin anstellen?«
»Lässt sich drüber reden.«
»Jetzt. Du ziehst deinen Mantel an und änderst dein Leben.«
»Ich könnte was brauchen, das meine Entscheidung beschleunigt …«
Garrincha kokste nicht selbst, aber er hatte immer etwas dabei, für neue Kunden oder um Eindruck bei den Frauen zu schinden.
Er gab ihr ein Tütchen. »Hier, puder dir das Näschen, Hübsche.«
Am nächsten Morgen erwachte er mit heftigem Kopfweh. Scheiß französischer Cognac. Bruna schlief nackt und friedlich neben ihm. Wenn sie sich leicht bewegte, sah es aus, als würden die auf ihre Hinterbacken tätowierten Schmetterlinge auffliegen. Er fand heraus, dass sie die Flügel zusammenfalteten, wenn er sie auf eine bestimmte Weise berührte. Nach einer Weile schlug sie die Augen auf und nahm seinen Schwanz ohne ein Wort in den Mund. Er wusste die Zuvorkommenheit zu schätzen.
Sie frühstückten in einer Bar, dann brachte Bruna ihn zu einem Friseur, den sie kannte und der ihm einen »aggressiven, aber klassischen« Haarschnitt verpasste. Danach Jacken, Hosen, Hemden und Schuhe. Bruna hatte Geschmack, und sie kannte eine Menge Leute, die mit Mode zu tun hatten und koksten. Bis zur Mittagessenszeit hatte sie ihm ein gutes Dutzend neuer Kunden beschafft.
Garrincha stellte sie seiner Bande vor und sah sich bestätigt, dass sie die passende Frau für einen Mann seines Niveaus war. Ihr war eine intuitive Autorität zu eigen, obwohl sie durchaus auftrat wie eine junge Frau ihres Alters. Der einzige Makel, der mit Sicherheit irgendwann zur Trennungführen würde, bestand in ihrer allzu großen Vorliebe für Koks. Doch im Moment war sie perfekt. An schönen Frauen mangelte es in Marseille nicht: Wenn sich seine neue First Lady das Gehirn weggekokst haben würde, würde er sich wieder umschauen.
Er beschloss, sie Rosario vorzustellen. »Da hast du sie also gefunden, die jüngere Schlampe. Muss ich jetzt packen?«, fragte sie wütend.
Garrincha umarmte sie mit zärtlichem Gehabe. »Sie heißt Bruna und ist meine neue Modeberaterin, außerdem meine Privatlehrerin für Französisch. Ist dir nicht aufgefallen, dass meine Aussprache schon viel besser ist?«
»Was für einen Scheiß erzählst du da?« Rosario versuchte sich loszuwinden, aber er hielt sie fest.
»Setz dich, Rosario, ich habe mit dir zu reden. Bruna, nimm bitte auch Platz.«
Garrincha nahm Rosarios Hand. »Ich muss zugeben, dass du bisher mit den Männern kein Glück
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