Die Marseille-Connection
Markt falsche Papiere dieser Qualität an.«
»Sunil, glaubst du wirklich, ein Monat wird genügen?«, fragte Aleksandr.
»Ja. Wir werden in einem Städtchen bei Alang die ausgewählten Individuen unter Beobachtung halten, bis die entsprechende Bestellung eintrifft. Dann bringen wir sie per Schiff nach Ligurien, wo unser Giuseppe hier sie abholen und in seine schöne Klinik bringen lässt. Sie werden denken, es handele sich um einen medizinischen Check …«
»Und wie lockt ihr sie her?«, fragte Peskow.
»Wir erzählen ihnen, dass sie in begüterten französischen und spanischen Familien Dienst tun werden. Damit es glaubwürdiger aussieht, werden mit Vorliebe frischverheiratete Paare oder Verlobte ›angestellt‹, er als Butler oder Chauffeur, sie als Kindermädchen. Die üblichen Märchen eben, die den armen Schluckern aus der dritten Welt so gefallen.«
Daraufhin führte Giuseppe sie durch seine Klinik. Beide waren angetan. Hochmoderne Ausstattung, gut ausgebildetes Personal und ein beträchtlicher Kundenkreis.
»Fünfundvierzig Prozent der Kunden schicken wir wieder weg, so gut sind wir ausgelastet. Sicherheit und Gesundheit über alles«, betonte der Neapolitaner stolz. »Wir wollen ja nicht, dass die Sache mit den Organen wegen eines dummen Zwischenfalls auffliegt.«
»Und über was für Material wird mein treuer Chirurg Kuzey Balta verfügen können?«, fragte Sunil.
Cruciani brachte sie ins Tiefgeschoss und öffnete eine gepanzerte Tür: »Hier ist ein vollständiger OP, offiziell noch nicht ganz fertig, in Wirklichkeit aber jederzeit einsatzbereit. Die Türken werden nachts arbeiten, da ist so gut wie kein Mensch hier, und ich kümmere mich selber um die Sicherheit. Ich bin schließlich der Chef, was?«
»Wie bist du nur auf die Idee gekommen, eine Klinik aufzumachen? Ich weiß noch, in Leeds hattest du ganz andere Pläne.«
»Das war auch nicht meine Idee, sondern die von Gaetano Bonaguidi, einem plastischen Chirurgen mit goldenen Händen, doch leider einem Hang zum Spiel. Ich habe ihn in einem Casino kennengelernt, und weil er mir sympathisch war, habe ich ihm mit gewissen Gläubigern geholfen, dafür hat er sich revanchiert. Er ist überzeugt, dass die Begegnung mit mir der Glückstreffer seines Lebens war, aber ich bin sicher, am Ende habe ich mehr Vorteile davon als er.«
Beim Abendessen trafen sie einen griechischen Geschäftemacher, einen gewissen Stephanos Panaritis. Banerjee kannte ihn von seinen Aktivitäten in Sachen Müllentsorgung. Dieser Panaritis, ein sympathischer kleiner Mann, interessierte sich für Holzfußböden, die er nach Spanien exportieren wollte. Er erwies sich als harter Knochen und feilschte, bis er einen für ihn ausgesprochen günstigen Preis erlangt hatte. Sunil hattePeskow nichts von der bevorstehenden Begegnung erzählt, um sich auf seine Kosten zu amüsieren.
»Der hat mich völlig fertiggemacht«, protestierte der Russe. »In Grund und Boden gequasselt hat der mich!«
»Nicht, dass du jetzt Erektionsprobleme bekommst«, neckte ihn Sunil. »Apropos, Giuseppe, wo gehen wir nachher hin?«
»Erst mal ein Glas trinken«, lautete die geheimnisvolle Antwort.
In der Bar war von blutjungen Mädchen nichts zu sehen, dafür aber von attraktiven Frauen jeden Alters. Die Männer wanderten meist einzeln herum, lächelten nach rechts und links und versuchten, ins Gespräch zu kommen. Ein angenehmes Ambiente und ausgezeichnete Getränke.
»Das sind aber keine Huren«, bemerkte Aleksandr.
»Sagen wir so, keine Professionellen«, erklärte Giuseppe. »Meist Angestellte und Haufrauen, die auf eine gewisse Lebensqualität nicht verzichten wollen, die sie vor der Krise genossen haben, und die sich hier etwas dazuverdienen. Dass sie nicht so erfahren sind, macht gerade Spaß.«
»Ah, die Krise, wie wunderbar!«, rief Banerjee und steuerte eine dünne Frau mit kleinem Busen, Kurzhaarfrisur und fein geschnittenem Gesicht an. »Waren Sie schon einmal in Indien?«, fragte er sie auf Englisch.
»Ich muss zugeben, nein«, antwortete sie etwas bemüht.
»Dann erlauben Sie doch, dass ich Sie zu einem Drink einlade und Ihnen etwas aus meiner wunderschönen Heimat erzähle.«
Aleksandr fand das Ambiente nach kurzer Zeit doch zu deprimierend, gab an, plötzliche Kopfschmerzen zu haben, und nahm ein Taxi ins Hotel. Dort zog er sich rasch um und stieg auf das Laufband im Fitnessraum.
Giuseppe lud eine Frau zu einem Drink ein, die sich als Angestellte bei der Lohnausgleichskasse erwies,
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