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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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spielte
irgend etwas. Nichts Aufregendes, solche Besuche. Meist
gingen sie nach dem Genuss von anregenden Getränken in
Erzählungen über; sehr bald schwelgte man in Erinnerungen an
die Erde, und keinem wurde es langweilig, obwohl den
Zuhörern oft die Beziehung zum Erzählten fehlte.
Chris konnte an solchen Abenden fabelhaft zuhören, herzlich
lachen – im Übrigen aber beteiligte sie sich wenig an diesen
Reminiszenzen. Ihr Verhältnis zu Andrey, ihrem Partner,
gestaltete sich offenbar nicht besonders innig, nun ja, sie waren
einigermaßen – was das Ziel anbelangte – Gleichgesinnte, die
zwei Jahre miteinander auskommen wollten. Die Frage nach
dem Nachher pflegte Chris mit einem Schulterzucken zu
beantworten. Gelegentlich behauptete sie, dass Andrey ein
feiner Kerl sei. Nun, das war er zweifellos auch nach Macs und
Alexejs Auffassung. Andrey passte zu Chris, ebenfalls
wortkarg, nach Chris’ Meinung manchmal ein wenig
melancholisch „durch das ewige Einerlei“ – und „da muss ich
ihn eben ab und an mal ein wenig aufmöbeln.“ Andrey spielte
Gitarre, und man konnte ihm stundenlang zuhören, dabei
durchaus in Schweigen versinken. Und obwohl Alexej eher
Trubel, Ausgelassenheit und ein gelegentliches Über-dieStränge-Schlagen liebte, war ein solcher Abend mit Andrey
und Chris nicht der schlechteste. Die manchmal
schwermütigen, manchmal derb-heiteren Melodien seiner
ungarischen Heimat zwangen durch virtuose Variationen
immer wieder zur Konzentration auf die Musik. Und so
verrann die Zeit.
Chris zeigte sich am Schirm, wie sie der Anruf erreicht hatte.
Sie fläzte sich in ihrem Sessel, dessen Kopfstütze ihren
prächtigen, zu einem Knoten geschlungenen Haarschopf zur
Seite drückte. Der Anruf hatte sie nicht im Geringsten
veranlasst, ihre Haltung zu verändern. „Na, es geht schon“,
antwortete sie lässig. „Wir haben auf dem Südzipfel nach wie
vor Schwierigkeiten. Zuviel Steine. Mir wär’s ja egal, aber
Andy hat den Ehrgeiz, die Luftaufnahmen von jedem Makel zu
befreien. Eine blöde graue Zone gibt es da. Er hat BaphaStämme angefordert, die die Steine zerfressen sollen. Er geht
ganz schön ran, der Andy!“
,Na, na, wird wohl nicht über sich hinauswachsen’, dachte
Alexej. Im Allgemeinen ließ sich Andy nicht aus der Ruhe
bringen.
„Da übernimmst du wohl seine Kontrollgänge mit?“, hakte
Mac ein, und Alexej hatte den Eindruck, als stellten sich die
Ohren seines Gefährten auf.
„Ach wo“, antwortete Chris, und sie winkte uninteressiert mit
der rechten Hand ab, indem sie die Finger einige Zentimeter
anhob und auf die Armlehne zurückfallen ließ.
„Wieviel fehlt euch noch bis zum Anschluss an unser Stück –
dort bei den Roten Bergen?“, fragte Mac.
„Am Cañon entlang? Na, dreißig vielleicht, warum?“
„Ich dachte, ich könnte eure Front schon erkennen.“
„Ach was.“ Nun schien Chris doch überrascht. „Da muss ich
ja demnächst einmal nachsehen! Weißt du, dort inspizieren wir
selten. Es wuchert da von allein, wahrscheinlich geschützt
durch das Dünenmassiv. Andy hat an dieser Stelle auch mehr
Bodenminerale festgestellt.“
„Warst wohl schon länger nicht mehr dort?“, fragte Mac mit
einem merkwürdigen Unterton.
,Warum’, überlegte Alexej, ,fragt er, ob sie in dieser Gegend
war, warum bezieht er Andy nicht ein?’
„Ich sagte doch schon, dass wir selten dort sind. Es ist
mindestens acht Wochen her, seit Andy inspizierte.“
„Na, na“, drohte Mac scherzhaft, aber immer noch mit jenem
eigentümlichen Unterton, der so etwas wie Spannung
auszudrücken schien. „Womöglich dringt ihr heimlich vor und
seid an unserem Kraut, bevor wir das Soll haben. Vielleicht
dreht ihr unsere Sprüher ab.“
„Hör mal, Mac, ich habe dich bisher für einen gehalten, der
das Klima hier verträgt.“ Chris hatte die Hand an die Stirn
geführt und tat, als wolle sie sich mit dem Zeigefinger ein
Loch hineinbohren. Doch dann fragte sie ernsthaft: „Wieso,
geht es bei euch nicht voran?“
„Doch, doch“, beeilte sich Mac zu versichern. Offenbar
wurde ihm der Disput nun doch peinlich.
Alexej war der Unterhaltung mit zunehmendem Befremden
gefolgt. Das Wachstum an den Hügeln entlang dem Cañon war
auch in ihrem Terrain das beste. Erst vor einer Woche hatten
sie den Sprüher 8 dort weggenommen und weiter im Süden auf
einem Kümmerschlag eingesetzt. Alexej kam nun auch
langsam zu dem Schluss, dass in Macs Gehirnzellen etwas
durcheinandergeraten sein
musste. Die Nachbarn

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