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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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dazu bei einem
derart simplen Anlass, dem Spiel in einem unbedeutenden
Wassergerinnsel.
Trauer befiel Mac, weil er fühlte, dass es ungeheuer
schwierig, wenn nicht ausgeschlossen sein würde, mit diesem
Wesen Kontakt zu finden.
Obwohl er noch längst nicht genug gesehen hatte, bewegte
sich Mac langsam weiter auf sie zu, befürchtend, irgendeine
Unachtsamkeit könnte die Gelegenheit zu einem ersten
Kontaktversuch zunichte machen.
Je näher Mac kam, desto mehr schlug sein Herz. Er fühlte ein
Kribbeln im Magen, Schweiß brach aus.
Mit jedem Schritt vermochte er mehr Einzelheiten
auszumachen. Er sah die Farbsprenkel in den Augen, Phasen
des Unsteten in ihrem Blick, das Spiel der Lippen, die nervös
Nuancen des Lachens ausdrückten, und das Gewirr in ihrem
Haar, und er sah sie so menschlich und doch wieder nicht, je
näher er kam, sodass er immer aufgeregter und – mutloser
wurde.
Als nur noch einige Meter zwischen ihnen lagen, hatte sie ihn
bemerkt. Einen Augenblick stutzte sie, blickte ihn mit großen
Augen und halbgeöffnetem Mund, auf dem ein Lächeln stehen
blieb, erstaunt an. Dann, als sei er vergessen, nahm sie
abermals keine Notiz von ihm, ließ sich einen Wasserstrahl in
den Mund laufen, gurrte, verrenkte sich weiter und beachtete
ihn nicht mehr.
Mac gab seiner Stimme Forsche und sagte brüchig: „Hallo!“
Etwas Originelleres war ihm nicht eingefallen.
Einen Augenblick schien es, als hätte ein Blitz eingeschlagen.
Sie drehte sich brüsk herum, das Lachen war wie weggeblasen.
Mac hatte den Eindruck, als sei das Gesicht heller und strenger
geworden. Dann kniff sie die Augen zusammen, bezwang
deren unstete Bewegungen. Sie sah Mac zunächst
durchdringend an, dann wurde ihr Blick weiter, glitt gleichsam
durch ihn hindurch, wurde starr. Es schien, als lausche sie dem
„Hallo“ hinterher.
Mac empfand das. Er sagte leise: „Hallo – ich bin ein
Freund…“ Er hatte alle Sanftheit, deren er sich fähig fühlte, in
diesen Satz gelegt, und einen Augenblick erinnerte er sich
zärtlicher Stunden mit Kim.
Ihr Blick kehrte zurück. Es war, als husche ein Verstehen
über ihr Antlitz. Doch dann, im jähen Wandel, entblößte sie
die Zähne, der Blick wechselte schnell, sie hob den linken Arm
und zeigte mit krummem Zeigefinger auf Mac. Er gewahrte die
schmutzigen, eingerissenen Fingernägel und die zerschundene
Haut der Hände.
Dann begann sie zu lachen, glucksend wie ein Kind, das den
Spielgefährten auslacht. Und plötzlich wandte sie sich ab,
rannte leichtfüßig davon, dem Hang zu.
Es war auch dies keine Flucht, nicht einmal ein Weglaufen.
Mac hatte eher das Empfinden, als sei ihr plötzlich etwas
Wichtiges, Unerledigtes, aber Vergnügliches eingefallen, das
sie nun spielerisch verrichten würde.
Obwohl Mac den sehr einseitigen Dialog gern fortgesetzt
hätte, war er mit der Entwicklung der Dinge nicht direkt
unzufrieden. Sie floh nicht vor ihm, wie sie auch bei den
anderen Begegnungen keine Scheu gezeigt hatte, wenngleich
er wahrscheinlich doch die Ursache ihres vorzeitigen
Aufbruchs bildete.
Und ihm war wohler. Er hatte sich in ihrer unmittelbaren
Nähe unsicher gefühlt, hatte mit dieser einmaligen Situation
nichts Rechtes anzufangen gewusst; er brauchte Zeit, einen
Plan für sein weiteres Vorgehen.
Mac war überzeugt, dass sie wiederkehren würde, hierher an
diesen Sprüher, vielleicht stets zum Zeitpunkt, zu dem
Sunnyboy aufging, die heiße Sonne, die sich eben zum
Untergang neigte.
Schon stand die Korona von Nymphe, der Nachfolgerin, über
dem Roten Felsen. Davor, schon weit entfernt, schwarz und
unwirklich, ein eilender Schatten… –
    Heute nun wartete Mac auf das Erscheinen der Grünen. Er war
sich fast sicher, dass sie kommen würde – wie an den beiden
vorangegangenen Tagen. Sobald Sunnyboy voll über dem
Roten Felsen stand, sobald seine wärmenden Strahlen die
Kühle aus dem Pflanzendschungel getrieben hatten, dann,
wenn leichte Dunstschleier über den Feldern aufstiegen, wenn
ein Bad wirklich Abkühlung brachte und nicht frösteln machte,
zu diesem Zeitpunkt kam sie.
    Mac war gespannt, was heute sein würde. Es schien, als
ändere sich ihr Verhalten allmählich. Würde sie erneut so
reagieren wie die ersten beiden Tage und nach einigen
Minuten verschwinden oder wie gestern sich hinhocken, die
Arme über den Knien verschränkt, und ihn lange und stumm
betrachten – ohne Reaktion, auf seine Worte? Und dann hatte
sie plötzlich geweint ohne ersichtlichen Grund, lautlos, hatte
sich

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